Rotkreuz
Eine bittersüsse Zeitreise zu Ehren des Frauenstimmrechts

Vor genau 51 Jahren wurde das Frauenstimmrecht in der Schweiz angenommen. Mit ihrem Jubiläumsprogramm «Tour de Zug – abwäsche oder abstimme?» haben zwei Künstler auf skurrile und ernsthafte Art den beschwerlichen Weg der Schweizerinnen bis zur politischen Gleichberechtigung präsentiert.

Katarina Lancaster
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«Bist du etwa unzufrieden mit deinem Leben?», fragt der Mann vorwurfsvoll seine Frau. Diese hat ihm soeben ernsthaften Tones eröffnet, sie wolle ihren ‹eigenen Stimmzettel›, mit ihrem ‹eigenen Namen› drauf. Mit dieser spritzigen Einleitung begann am Montag, 7. Februar, in der Bibliothek Rotkreuz die Letzte der sechs ausgebuchten Lesungen der Künstler Maria Greco und Rémy Frick. Die Lesungen, vorgetragen als szenische Darstellung von Artikeln und Leserbriefen von damals, schilderten den steinigen Weg bis zur Einführung des Frauenstimmrechts. Genau an dem Tag, am 7. Februar 1971, haben die Schweizer Männer der Verfassungsänderung zugestimmt, dass künftig alle Schweizerinnen die gleichen politischen Rechte haben wie sie (65,7 Prozent Ja; 34,2 Prozent Nein). Seither dürfen Schweizer Frauen auf eidgenössischer Ebene wählen und abstimmen.

Szenische Lesung des Programms «Abwäsche oder abstimme?» zu 50 Jahre Frauenstimmrecht mit Maria Greco und Rémy Frick in der Gemeindebibliothek Rotkreuz.

Szenische Lesung des Programms «Abwäsche oder abstimme?» zu 50 Jahre Frauenstimmrecht mit Maria Greco und Rémy Frick in der Gemeindebibliothek Rotkreuz.

Bild: Maria Schmid (7. Februar 2022)

Ins Leben gerufen wurde das Programm vom Verein 50 Jahre Frauenstimm- und Wahlrecht, der speziell für das Jubiläumsjahr 2021 gegründet wurde, um die Festivitäten zum Frauenstimmrecht im Kanton Zug zu koordinieren. Das Material hierzu hat das Stadtarchiv Zug geliefert. «Vor allem unser jüngeres Publikum ist fassungslos über den Verlauf des Frauenstimmrechts», sagt die Künstlerin Maria Greco. Die Zitate aus den Archiven waren ein gespitztes Wechselspiel von männlichem Tadel und Spott über die Aufmüpfigkeit der Frauen, und der weiblichen, beinahe verzweifelten Verteidigung ihrer Rechte. Aussagen von damals, das Frauenstimmrecht würde die «göttliche Ordnung der Familie stören», und es sei ein «unnötiges Mittel zur Verwirklichung der Frauen», versetzten das gemischte Publikum in Staunen.

Kantonale Gegensätze frustrierend für das Stimmrecht

Nicht nur was die Rollenverteilung in der damaligen Schweiz angeht, war das Programm ein verblüffender Augenöffner. So haben es die beiden Künstler bestens geschafft, dem Publikum auf mitreissende Art sowohl den Geist der damaligen Gesellschaft zu präsentieren, wie auch einen historischen Rückblick zu bieten. Kaum zu glauben die Tatsache, dass die Schweiz eines der letzten europäischen Länder war, welches ihrer weiblichen Bevölkerung die vollen Bürgerrechte zugestanden hat. Umso erstaunlicher war die szenische Schilderung der verschiedenen Etappen, in welchen die einzelnen Kantone innerhalb von 12 Jahren nur schleppend das Frauenstimmrecht erteilten. «Kantonale Gegensätze zeichnen die Schweiz aus», sagt Maria Greco. «Das hatte sich damals enorm auf das Frauenstimmrecht ausgewirkt und den Prozess erschwert», erklärt sie weiter.

Schweizer Ikonen ebneten den Weg nach vorne

Mit deutlich spürbarer Leidenschaft wechselten sich die Künstler in ihrer Darstellung der weiblichen Hauptfiguren ab, die einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung des Frauenstimmrechts lieferten. So wurden die Werke von Frauenrechtlerinnen wie Marie Goegg-Pouchoulin oder Meta von Salis zitiert, die bereits am Anfang des 19. Jahrhunderts auf die politischen und zivilen Rechte der Frauen aufmerksam machten. Unfassbar auch der Skandal bei der Volksabstimmung von 1957 in der Walliser Gemeinde Unterbäch. Während die Künstler ein Bild von Katharina Zenhäusern hochhielten, präsentierten sie auf packende Art, wie sie in die Geschichte einging als erste Schweizer Frau, die trotz Stimmrechtsverbot unter Beschimpfung der Dorfbewohnerinnen und -bewohner von Unterbäch an die Urne ging.

Der begeisterte Applaus vom Publikum zum Abschluss ihrer «Tour de Zug» war eindeutiger Beweis dafür, dass die beiden Künstler es geschafft haben, alte Emotionen bezüglich der Frauenbewegung im Rahmen moderner Ansichtsweisen darzustellen. «Aber in der Gleichberechtigung gibt es noch viel zu tun», sagte Rémy Frick zum Schluss nachdenklich.