«Jugendliche am Anschlag», Ausgabe vom 7. Juni
Eigenartig die Ratlosigkeit unter unserer Elite in Psychologie und Religionsverkündigung, ob dem Phänomen zunehmend psychischer Desorientierung unserer Jugendlichen. Nur der Jugendlichen? Eigenartig deshalb, weil gleichzeitig, der erklärte Verzicht auf Religionszugehörigkeit, und hier insbesondere jener der traditionellen, katholischen Strömungen, zunimmt, ja kurz vor dem Abschluss steht.
Eine Entwicklung, die noch überschattet wird durch total nebensächliche, infrastrukturelle Kleinkriege, und vorgetäuschte Pseudo-Auswege daraus – synodale geheissen. Das Kernproblem aber, die zunehmende Verzweiflung des modernen Menschen ob der gespürten Orientierungslosigkeit, der Glaubenslosigkeit bei gleichzeitiger Ignoranz, wird übersehen. Neue, innovative Wege der Verkündigung wären vordringlich.
C.G.Jung, Begründer der analytischen Psychologie, schreibt im Nachwort zu seinem Roten Buch: «Wenn wir bloss die dogmatische Anschauung verwerfen, so ist die Befreiung vom Hergebrachten bloss intellektuell, während unser tiefes Gefühl wie bisher dem alten Wege folgt. Die meisten aber merken allerdings nicht, in welchen Zustand der Entzweiung sie dadurch geraten. Wer es aber merkt, der wird mit Schrecken gewahr, dass er durch sein Aufgeben der Kindschaft aus der heutigen Zeit herausfällt und keinem der altgewohnten Wege mehr folgen kann. Er betritt Neuland, das weder Pfade noch Grenzen hat. Ihm fehlt jegliche Richtung.»
Es folgen Worte über das eher unbewusste Verhalten im Zustand der Verzweiflung, weil er merke, dass das (bewusste) weitere Folgen in ausgefahrenen Geleisen für ihn nicht mehr möglich sei.
Möglicher Ausweg aus diesem Zustand der Verzweiflung: Mündigkeit, bewusst herangebildet mit dem Ziel und Motiv eines, zwar apokryphen (nicht offiziell aufgenommenen) Evangeliums, wonach Jesus sagte: «Wenn du weisst, was du tust, so bist du selig; wenn du aber nicht weisst, was du tust, so bist du verflucht.» Verflucht zur Verzweiflung des Orientierungslosen, des im Dunkeln lavierenden Einzelnen.
Hans Arnold-Bürgi, Rotkreuz