Luzern
Jetzt ist klar, warum ein ganzes Stadtquartier tagelang kein frisches Wasser hatte

Im Juli war das Trinkwasser im Luzerner Langensand-Quartier verunreinigt, die Anwohnerinnen und Anwohner mussten es abkochen. Nun ist der Grund bekannt.

Matthias Stadler und Martin Messmer 2 Kommentare
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Die Untersuchung zur Trinkwasserverunreinigung im Luzerner Langensand-Matthof-Quartier ist abgeschlossen: Ein am 20. Juli 2022 neu eingebautes Rohr war mit Spuren von eingetrocknetem Schmutz verunreinigt, teilte Energie Wasser Luzern (EWL) am Dienstag an einer Pressekonferenz mit. Die Verunreinigung sei nur etwa so gross gewesen wie eine Fingerkuppe, erläuterte Kantonschemiker Silvio Arpagaus.

Er geht von einer natürlichen Substanz aus, etwa Moos oder ein Teil eines Blattes, das stark an der Innenseite des Rohres klebte. Zudem wurden Enterokokken-Bakterien nachgewiesen, die auch bei der Trinkwasserverunreinigung aufgetreten sind.

Im Sommer mussten Anwohner des Luzerner Langensand-Quartiers Trinkwasser abkochen oder von öffentlichen Anlagen entnehmen.

Im Sommer mussten Anwohner des Luzerner Langensand-Quartiers Trinkwasser abkochen oder von öffentlichen Anlagen entnehmen.

Bild: Manuela Jans-Koch (5. August 2022)

Das betroffene Leitungsrohr, etwa drei Meter lang, war während dreier Monate auf einer Baustelle gelagert worden, bevor es die Bauarbeiter beim Imfangring einsetzten, erklärte Christian Hofmann, Leiter Rohrnetze bei EWL. Normalerweise würden solche Rohre zwischen einer und vier Wochen auf Baustellen gelagert. Zur Verzögerung sei es wegen einer Veränderung der Etappierung auf der Baustelle gekommen.

Während dieser Zeit hätten sich offenbar die Verschlusskappen, welche die Rohre vor Schmutz schützen, vorübergehend vom Leitungsstück gelöst, wodurch es mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Verunreinigung des Rohrs gekommen sei. Dies sei bei der branchenüblichen Sichtkontrolle vor dem Einbau der neuen Rohre nicht erkennbar gewesen. Auch die standardmässige, massive Reinigungsspülung vor dem Anschluss ans Netz habe der eingetrockneten Verunreinigung nichts anhaben können.

Was schlussendlich aber genau die Ursache ist und wie es zur Verunreinigung kam, wird wohl Spekulation bleiben, wie Christian Hofmann sagte: «Wir haben klare Indizien, dass diese Verschlusskappen während einer Zeit nicht angebracht waren. Was dazwischen aber passierte, wissen wir schlicht nicht.»

So will EWL Verunreinigungen künftig verhindern

Patrik Rust, Vorsitzender der EWL-Geschäftsleitung, beteuerte an der Pressekonferenz:

«Es kam zu grossen Einschränkungen der Anwohnerinnen und Anwohner. Für diese Unannehmlichkeiten wollen wir uns bei der Luzerner Bevölkerung entschuldigen.»

Damit ein solcher Zwischenfall nicht mehr vorkomme, würden Wasserrohre ab sofort nur noch wenige Tage auf der Baustelle gelagert, täglich kontrolliert und die Verschlusskappen bis zur Installation mit einer Folie überzogen. «Zusätzlich werden wir alle neuen Leitungsabschnitte vor der Inbetriebnahme mikrobiologisch untersuchen», sagte Rust.

In einem solchen Rohr steckte die Verschmutzung. Neu werden die Verschlusskappen mit einer Folie (wie hier zuvorderst zu sehen) auf der Baustelle geschützt.

In einem solchen Rohr steckte die Verschmutzung. Neu werden die Verschlusskappen mit einer Folie (wie hier zuvorderst zu sehen) auf der Baustelle geschützt.

Bild: mst

Aber nicht nur bauliche Massnahmen werden ergriffen: Energie Wasser Luzern hat auch «Verbesserungspotenzial in den Bereichen Krisenorganisation und Kommunikation identifiziert», sagte Rust. Dazu gehöre, dass Kommunikationsmittel wie die App Swissalert oder das Meldesystem Polyalert besser in die Kommunikation eingebunden werden, um die Betroffenen bei einer Trinkwasserverunreinigung zeitnah zu informieren. Auch eine Kommunikation in verschiedenen Sprachen wird ins Auge gefasst.

Die EWL-Geschäftsleitung betonte an der Pressekonferenz, dass niemand Schuld trage am Vorfall. «Es haben sich sämtliche involvierte Personen an die branchenüblichen Standards gehalten.» Das bekräftige auch Adrian Rieder von der Wasserversorgung Zürich, der als externer Experte für die Analyse der Branchenstandards hinzugezogen wurde.

Verunreinigung kostet 400'000 Franken

In den Wochen der Verunreinigung wurden rund 1500 Wasserproben analysiert. Zum Vergleich: In einem normalen Jahr lässt EWL sein Leitungsnetz von rund 225 Kilometern mittels rund 2200 routinemässigen Proben untersuchen. Die Kosten der Verunreinigung belaufen sich auf rund 400'000 Franken, wie Patrik Rust erklärte. Der Fall sei bei der Versicherung angemeldet, aber noch nicht erledigt. Die Anwohnerinnen und Anwohner hätten bereits 30 Franken auf die Stromrechnung erlassen bekommen, zudem werde der Wasserverbrauch nicht berechnet.

Mittlerweile seien das betroffene Rohr ersetzt und sämtliche Haushalte wieder an das normale Netz angeschlossen worden. Krank geworden sei wegen der Verunreinigung niemand, sagte Silvio Arpagaus. Oder zumindest sei den Behörden kein Fall gemeldet worden.

Quelle: PilatusToday/Andreas Wolf
2 Kommentare
Jean-Jacques Illi

Das ist a irre. Gratulation an das Team, das diese winzige Verunreinigung gefunden hat. Das ist wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen suchen. Auch ein Lob an die EWL, dass sie sofort die Lehren aus diesem Vorfall gezogen haben und entsprechende Massnahmen wie der Überzug der Folie ergriffen haben. Ebenso sind die Verbesserungen in Krisenorganisation und Kommunikation lobenswert. Sie werden sich auf jeden Fall beim nächsten Ereignis auszahlen. Obwohl wenn wir hoffen, dass es länger nicht dazu kommt.

Edi Röösli

Also handelte es sich „nur“ um fehlende Qualitätskontrolle und/oder Werkabnahme, seiteans der ewl! Es ist auf jeden Fall klar, wer für allfällige Schäden haftet!