Sportsfreund
Auch bei unserem Schwingreporter kommt es auf die Tagesform an

Claudio Zanini ist seit 2015 Sportredaktor und besucht für unsere Zeitung zahlreiche Schwingfeste – so etwa gestern jenes auf der Rigi. Das Interesse an diesem Sport wurde dem 30-jährigen Basler allerdings nicht in die Wiege gelegt.

Roger Rüegger
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Vom Schwingen begeistert: Claudio Zanini nach dem Schlussgang in Alpnach. (Bild: Roger Grütter (2. Juli 2017))

Vom Schwingen begeistert: Claudio Zanini nach dem Schlussgang in Alpnach. (Bild: Roger Grütter (2. Juli 2017))

Claudio Zanini, Sie sind in unserer Redaktion auch Experte fürs Schwingen. Als gebürtiger Basler haben Sie doch keinen Bezug dazu?

Nein, keinen. Dieser Sport ist einfach faszinierend. Beim Schwingen werden Helden geboren.

Ist das in anderen Sportarten denn nicht ebenso der Fall?

Doch. Aber Schwingen ist prickelnder. Da gibt es Könige, eidgenössische Kranzschwinger und dann die Jungen, die die arrivierten Bösen stürzen wollen. Am Eidgenössischen in Estavayer war’s der Bündner Armon Orlik, der von Sieg zu Sieg eilte. Nur Matthias Sempach und im Schlussgang Matthias Glarner zeigten ihm die Grenzen auf.

Sie haben sich mit Leib und Seele dem Schwingsport verschrieben. Vermutlich haben Sie nicht von vornherein an einer Karriere als Schwingreporter gearbeitet?

Natürlich nicht. Das erste Mal, als ich mich mit diesem Sport befasste, war 2010, als das Eidgenössische in Frauenfeld stattfand. Ich war damals im WK und hatte mehr als genug Zeit, die Wettkämpfe im TV zu verfolgen.

Das war der Auslöser?

Ich sammelte damals Bilder von den Schwingern, wie man es von den Fussballbildli kennt. So habe ich die Athleten kennen gelernt und mich mit dem Thema vertraut gemacht. Ich glaube, 2010 kam Schwingen definitiv auch im Mainstream an. Es war auf einmal sexy, und mit Kilian Wenger hatte man einen König, der sich gut vermarkten liess. Da bin ich auf den Zug aufgesprungen.

Deswegen muss man ja nicht Experte in einer Sportredaktion werden.

Das ergab sich so. Ich machte ein Praktikum bei «20 Minuten» und merkte, dass mir der Journalistenberuf passt. Danach habe ich bei der LZ angefangen.

Sind Sie denn mit dem technischen Regulativ vertraut?

Klar. Ich könnte es auf der Stelle herunterbeten (lacht). Zumindest die wichtigsten Passagen.

Haben Sie sich diese selber beigebracht?

Ja. Ich besorgte mir vor meinem ersten Schwingfest ein Buch übers Schwingen und hab crashkursmässig die wichtigsten Regeln gelernt.

Worauf haben Sie sich bei Ihrem Début konzentriert?

Im Sport muss man kreativ sein und Geschichten anders erzählen. Damals – es war am Schwyzer Kantonalen – richtete ich den Fokus auf Martin Grab, der zum ersten Mal mit seinem Sohn Martin gemeinsam an einem Kranzfest antrat.

Eine coole Story.

Das fand ich auch. Ich erwische mich übrigens immer wieder, wie ich während eines Schwingfests auf einen bestimmten Ausgang hoffe, weil ich mir im Kopf bereits eine Geschichte zusammengestellt habe. Wenn es dann anders kommt, muss ich die vorgefertigte Idee eben wieder verwerfen ...

Wie erleben Sie die Wettkämpfer? Da sind ja auch Stars dabei. Benehmen die sich auch wie solche?

Starallüren habe ich noch nie erlebt. Schwinger sind sehr offen und unkompliziert; sie nehmen sich Zeit für uns Medienleute.

Nehmen sich die Bösen also nicht so wichtig wie zum Teil andere Sportler?

Die meisten Schwinger arbeiten Vollzeit – das sind geerdete Typen. Einmal wollte ich von Andi Ulrich, der ist Forstwart und Landwirt, einige Informationen. Er hatte nur während der Znünipause Zeit, um mit mir zu reden. Die hat er aber dafür geopfert.

Auch Sie arbeiten an Schwingfesten von frühmorgens bis spätabends. Wie sehr müssen Sie sich motivieren?

Nicht so sehr. Ein Sonntag auf der Rigi ist ja zum Beispiel ein schönes Erlebnis. Und wer kriegt schon ein Ticket fürs begehrte Unspunnenfest in Interlaken oder eines für den Brünigschwinget?

Apropos. Welches sind denn Ihre persönlichen Highlights?

Das Unspunnenfest, die Bergfeste, das Innerschweizerische. Und natürlich freue ich mich bereits auf das nächste Eidgenössische in Zug.

Was ist bei diesen Veranstaltungen anders als an den übrigen Schwingfesten?

Sie sind hochkarätiger. Das Eidgenössische geht über acht Gänge. Da gibt es in jedem Gang attraktive Paarungen, wie man sie sonst im Schlussgang antrifft. Alle Spitzenschwinger sind dabei. Auch das Umfeld ist eindrücklich: In Estavayer waren 250 000 Besucher dabei, aber auch viel Kilbi – und Francine Jordi.

Was ja nicht unbedingt schlecht ist.

Natürlich nicht.

Für Laien gleicht ein Schwingfest dem andern. Nicht leicht, einen spannenden Bericht zu schreiben.

Das gelingt mir auch nicht immer. Auch bei mir kommt es auf die Tagesform an. Ich will aber den Text so schreiben, dass auch ich Lust hätte, ihn zu lesen.

Standen Sie schon im Ring?

Nie. Aber ein Journalistenkollege plant ein Schwingen für Medienleute. Mich mit meinen 1,68 Meter würde er gegen Daniel von Euw antreten lassen. Der ehemalige Spitzenschwinger hat die Statur eines Bären und ist für Radio Central bei den Schwingfesten dabei.

Ah richtig, im Schwingen werden die Gegner eingeteilt, nicht zugelost.

Das ist so. Der Auftrag ist, dass der beste Mann das Fest gewinnt. Das soll durch die Einteilung erreicht werden.

Sie fahren selber Ski und Velo. Liegen Ihnen diese Sportarten nicht näher als das Schwingen?

Bloss weil ich eine Piste herunterfahre und mit dem Velo ins Büro komme, bin ich nicht näher dran. Bei der Tour de Suisse verfolge ich Mathias Frank. Im Skizirkus halte ich mich an die Zentralschweizerinnen Wendy Holdener, Michelle Gisin, Denise Feierabend, Corinne Suter und wie sie alle heissen.

Die Zentralschweiz hätte auch im Eishockey und Fussball immer Stoff für Geschichten. Kein Thema für Sie?

Nein, der EV Zug spielt in der Meisterschaft mindestens zweimal pro Woche. Immer Vorschauen und Matchberichte abzuliefern, ist nicht einfach. Da haben wir wesentlich kompetentere Kollegen auf der Redaktion als mich.

Und Fussball mit dem FCL?

Ich bin doch Basler ...