Unfälle mit Seilbahnen in der Schweiz sind selten

Bei einem Seilbahn-Unfall am Mittwochmorgen in Engelberg sind ein Mitarbeiter der Titlis-Bergbahnen getötet und sechs Personen zum Teil schwer verletzt worden. Es ist nicht der erste Unfall mit einer Seilbahn. Ein Überblick.

Linda Leuenberger
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Seilbahnfahren ist in der Schweiz sehr sicher, heisst es in einer Medienmitteilung des Bundesamts für Verkehr (BAV) des vergangenen Jahres. Dies zeigen die tiefen Unfallzahlen. Auf Luftseilbahnen haben sich im vergangenen Jahr fünf Unfälle ereignet, was unter dem Vierjahresdurchschnitt von 6,4 Unfällen liegt. In den vergangenen zehn Jahren sind insgesamt neun Personen bei Seilbahnunfällen gestorben. Bei den meisten Unfällen handelt es sich um Arbeitsunfälle oder um Stürze aus den Gondeln.

In der Zentralschweiz machten in den letzten zehn Jahren vier Seilbahnunfälle Schlagzeilen, davon endete einer tödlich. Bei einem Unglück in Seelisberg 2009 wurde eine Kabine aus dem Tragseil geschleudert – an Bord war eine Mutter mit ihrem Kleinkind und drei weitere Passagiere. Beim Aufprall auf den Boden öffnete sich die Tür und die Erwachsenen fielen aus der Gondel oder konnten selber abspringen. Nicht so das kleine Mädchen: Es stürzte in der Gondel etwa 200 Meter das steile Gelände hinunter. Die Konsequenz: Schwere Verletzungen und ein Rega-Flug ins Kinderspital nach Luzern.

Für zwei weitere Vorfälle in der Zentralschweiz war Wind und Wetter verantwortlich: Im Obwaldner Skigebiet Lungern-Schönbüel lag im Januar 2012 der Schnee so schwer auf dem Mast des Sessellifts, dass es diesen samt Fundament aus dem Boden drückte und er in Schräglage geriet. Verletzt wurde dabei niemand.

Weil der Mast aus dem Boden gedrückt wurde (hinten), verkeilten sich die Sessel bei diesem Masten. (Bild: Corinne Glanzmann)

Weil der Mast aus dem Boden gedrückt wurde (hinten), verkeilten sich die Sessel bei diesem Masten. (Bild: Corinne Glanzmann)

Im Skigebiet Stoos war im März 2016 eine starke Windböe für den Absturz eines leeren Sessels verantwortlich. Der Wind lenkte den Sessel so weit in Gegenfahrtrichtung, dass er an einer Stütze hängen blieb und vom Tragseil gehebelt wurde. Verletzt wurde niemand.

Transportseilbahn-Unfälle können fatal sein

Eine Fahrt in einer Transportseilbahn in Innerthal, welche nur für den Materialtransport zugelassen war, endete 2013 für ein Ehepaar tödlich. Die Transportkiste stürzte samt dem Paar und ihrem Kleinkind 30 Meter ein steiles Waldstück ab. Das Ehepaar rutschte weiter und stürzte eine mehrere Meter hohe Felswand hinunter, wobei sie tödliche Verletzungen erlitten. Die Tochter überlebte, da sie in Ästen hängen blieb und so vor dem Sturz über die Felswand bewahrt blieb. In den nachfolgenden Untersuchungen konnten keine technischen Mängel an der Seilbahn gefunden werden. Der Grund für den Absturz: Ein Alpmitarbeiter hatte die Seilbahn falsch bedient, weswegen sie immer mehr an Geschwindigkeit gewann und schlussendlich entgleiste.

Hier wurde die abgestürzte Transportseilbahn in Innerthal geborgen. (Bild: Kapo Schwyz, 2013)

Hier wurde die abgestürzte Transportseilbahn in Innerthal geborgen. (Bild: Kapo Schwyz, 2013)

Der Personentransport in Kleinseilbahnen ist häufig nicht erlaubt. So war es auch im Innerthal-Fall. Viele kleinere Transportseilbahnen wurden vor Jahrzehnten von Bauern gebaut, um beispielsweise Heu einfacher transportieren zu können. Reine Materialseilbahnen werden vom Bund nicht geprüft. Für Sicherheit und Haftung ist der Besitzer zuständig.

Ein ähnliches Szenario ereignete sich hier, wenn auch weniger schwerwiegend: Im Juli des letzten Jahres verletzten sich vier Personen, die in einer Transportseilbahn im bernischen Kandertal unterwegs waren. Das Kabel der privaten Bahn riss – die fünf Personen, die sich an Bord befanden, stürzten 10 Meter in unwegsames Gelände. Eine Person blieb unverletzt. Die vier Verletzten wurden geborgen und mit Helikoptern in Spitäler geflogen.

Bei diesem Arbeitsunfall im März 2010 war menschliches Versagen die Ursache: Bei Revisionsarbeiten an der Luftseilbahn Hoher Kasten in Appenzell Innerrhoden hatte ein Mitarbeiter die Geschwindigkeit der Bahn nicht korrekt kontrolliert. Die beiden Kabinen fuhren ungebremst in die Berg- und Talstation. Ein Mitarbeiter wurde dabei verletzt.

Im Tessin stürzte 2015 ein Mann aus einer Gondel 15 Meter in die Tiefe. Er überlebte den Sturz nicht. Es handelte sich bei der Seilbahn um einen Stehlift, mit welchem man in einer Art Kübel auf den Sasso del Ferro gelangt. Die Polizei ging davon aus, dass der Mann die Seilbahn öffnete, weil ihm unwohl war. Warum er stürzte, ist nicht bekannt.

Aus dieser Seilbahn stürzte der Schweizer. (Bild: Laveno Funivia)

Aus dieser Seilbahn stürzte der Schweizer. (Bild: Laveno Funivia)

Ein prominentes Seilbahnunglück-Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist der Sturz des Schwingerkönigs Matthias Glarner von einer Gondel im Hasliberg. Er zog sich damals im Juni 2017 schwere Verletzungen zu und musste an Hüfte und Fuss operiert werden. Glarner stand gesichert auf dem Dach einer Gondel der Linie Twing-Käserstatt, von welcher er 12 Meter in die Tiefe stürzte.

Der Schwingerkönig ist wieder auf den Beinen. Matthias Glarner im Hasliberg, fotografiert im Mai diesen Jahres. (Bild: Boris Bürgisser, 17. Mai 2019)

Der Schwingerkönig ist wieder auf den Beinen. Matthias Glarner im Hasliberg, fotografiert im Mai diesen Jahres. (Bild: Boris Bürgisser, 17. Mai 2019)

Ende Oktober 2018 ist im Rheintal eine talwärtsfahrende Gondel, die zum Glück leer war, aus dem Tragseil gesprungen. Sie stürzte etwa 12 Meter zu Boden. Folgedessen stoppte die andere, bergfahrende Gondel. Die acht Fahrgäste der Luftseilbahn Frümsen-Staubern mussten evakuiert werden. Mittlerweile ist die Bahn wieder in Betrieb.

Etwas aussergewöhnlicher war aber wohl dieser Vorfall: An der Ski-WM 2017 in St. Moritz kollidierte ein Flugzeug der Kunstflugstaffel mit einem Zugseil einer Seilbahnkamera. Das Seil riss und die SRF-Kamera stürzte in den Zielraum vor der Zuschauertribüne. Verletzt wurde niemand. Der Untersuchungsrichter kam zum Schluss, «dass die vom Team-Leader in der Planung vorgegebene minimale Flughöhe für die gesamte Vorführungszone mutmasslich zu tief gewählt worden» sei.

Ein Flugzeug der PC-7-Fliegerstaffel zertrennte Mitte Februar an der Ski-WM in St. Moritz bei einem Trainingsflug das Zugseil einer Seilbahnkamera. (Bild: Swiss Air Force PC-7 TEAM)

Ein Flugzeug der PC-7-Fliegerstaffel zertrennte Mitte Februar an der Ski-WM in St. Moritz bei einem Trainingsflug das Zugseil einer Seilbahnkamera. (Bild: Swiss Air Force PC-7 TEAM)