Wer keine Zeit zum Einkaufen hat, bestellt Schuhe, Kleider oder Konzerttickets längst im Internet. Auch Landwirte haben nun den Onlinehandel entdeckt.
Roger Rüegger und Nina Töns
Keine Frage: Am besten schmeckt Gemüse, wenn es frisch ist. Wohl auch darum boomen regionale Angebote. Hofläden profitieren vom Trend. Und auch die Grossverteiler haben ihn längst aufgegriffen: Stolz verkaufen sie lokale Erzeugnisse. Salate, Pilze, Kräuter aus der Gegend – all dies und noch viel mehr steht bei Migros und Coop in den Regalen. Bei Bedarf liefern Supermärkte alles auch gerne nach Hause. Und genau bei dieser Idee bedienen sich nun wiederum Selbstvermarkter: Sie entdecken zunehmend den Onlinehandel mit Hauslieferdienst.
Dabei bringt der Bauer die Ware in einem Gemüsekorb, einer Kühlbox oder einer Tasche persönlich zu den Kunden nach Hause – oder aber er schickt einen Kurier. Anders als beim Pizzalieferdienst funktioniert das System allerdings nicht auf kurzfristige telefonische Bestellung. Vielmehr bestellen die Endverbraucher die Ware je nach Anbieter per Bestellformular, Mail oder im Internet.
So wie bei Sebastian Ineichen, den wir kürzlich in seinem Betrieb in Kastanienbaum getroffen haben. Der 30-jährige Bauer hat Anfang Jahr zusammen mit seiner Familie eine alte Gärtnerei übernommen und sie auf Bio umgestellt. Heute bewirtschaftet er zwei Hektaren Land. Er baut Gemüse auf offenem Feld sowie in Gewächshäusern an. «Schon früh hatte ich den Traum, einen eigenen Hof zu führen. Die Arbeit in der Landwirtschaft hat mir immer gefallen. Und schon als Schulbub hatte ich auf diesem Betrieb hier einen Ferienjob», sagt der dreifache Vater, der gleich nebenan aufgewachsen ist. Die Arbeit auf dem Hof stemmt er zusammen mit seiner Frau, der Familie sowie vielen Freunden und Helfern. Daneben ist Ineichen noch an der Hochschule für Landwirtschaft in Zollikofen tätig.
«Regional und saisonal» – so lautet Ineichens Motto. «Im Winter wächst weniger, und wir produzieren nicht so viel Lagergemüse. Also liefere ich dann nicht aus», sagt Ineichen. Er produziert nach den Richtlinien von Bio Suisse. Zu seinen Abnehmern zählen Restaurants, Bioläden sowie Privatkunden, die er persönlich kennt. Ineichen nutzt die Nähe zum Siedlungsgebiet, um die umweltgerechte Produktion mit modernen Absatzmöglichkeiten zu verknüpfen. Er verkauft seine Produkte im Hofladen, liefert die Ware aber eben auch direkt zu seinen Kunden – vorausgesetzt, sie haben ein Abonnement, mit dem sie sich für eine ganze Saison als Abnehmer verpflichten. «Meine Kunden haben die Möglichkeit, aus zwei Abos zu wählen. Ich biete eine grosse und eine kleine Gemüsetasche an. Diese werden im Voraus bezahlt und wöchentlich von uns geliefert», so Ineichen. Der Biobauer versucht dank des Jahres-Abos, genauso viel Gemüse zu produzieren, wie er verkaufen kann. So muss er weniger wegwerfen.
Das kleine Abo für eine bis zwei Personen kostet 500 Franken, das grosse für drei bis vier Personen 750 Franken pro Saison. Geliefert wird jeweils samstags von 8 bis 10 Uhr. Davon profitieren beide Seiten. Die Kunden haben immer frisches Gemüse zu Hause und wissen, woher es kommt. Der Bauer hat Kontakt zu seinen Kunden, der für ihn wichtig ist. Momentan hat Ineichen 30 Abonnenten. Er liefert somit wöchentlich 30 Gemüsetaschen im Warenwert von je 28 Franken aus.
Ob sich die Hauslieferungsmodelle wie jenes von Ineichen in der Bevölkerung durchsetzen? «Sie können sich zu einem Trend entwickeln. Im Zeitalter des Onlinehandels ist ein Gemüse-Abo durchaus ein Geschäftsmodell mit Potenzial», sagt Stefan Heller, Geschäftsführer des Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverbands. Chancen habe das Konzept umso mehr, als sich Konsumenten zunehmend gesund ernähren wollten und auch den Bezug zum Produzenten suchen würden. Heller: «Sie wollen wissen, wer das Gemüse angebaut hat – und wie.»
Kein Wunder also, haben weitere Gemüseproduzenten im Kanton Luzern jüngst einen Hauslieferdienst lanciert. Seit zwei Monaten lässt der Gemüseanbaubetrieb «Schildknecht & Wyss» aus Wikon seine Produkte der Kundschaft per Post zukommen. Allerdings wird vorerst nur in der nahen Umgebung rund um den Anbaustandort ausgeliefert, wie Mitinhaber André Wyss sagt. «Wir wollen in der Region auch bei Privatkunden Fuss fassen. Zielpublikum sind jene Konsumenten, die sich für regionale Erzeugnisse interessieren, die aber keine Zeit oder Lust haben, bei uns im Hofladen einzukaufen.»
Man wolle den Leuten den regionalen Gedanken mit saisonalem Gemüse und kurzen Transportwegen ins Bewusstsein rufen. Der Wikoner Betrieb ist einer von mehreren, die ihre Produkte auf der Website www.buurontour.ch anbieten. Bestellen kann man hier landwirtschaftliche Produkte online, indem man sich registriert und ein Konto anlegt. Laut Wyss haben sich bereits 300 Leute angemeldet. «Das Interesse ist also vorhanden», meint er. Dank den kurzen Wegen vom Hersteller zum Endverbraucher seien die Produkte bereits am Tag nach der Bestellung bei den Kunden.
Auch auf der Internetplattform www.farmy.ch hat man die Möglichkeit, Produkte zu bestellen. Der Online-Hofladen liefert diverse Produkte von Produzenten aus der Schweiz und aus dem Ausland nach Hause. Die Lieferung ab 120 Franken ist gemäss Website gratis.