Vor 50 Jahren wurde der Grundstein für eine neue Kirche St. Pankratius gelegt, die aus der Feder des Zürcher Architekten Fritz Metzger stammt. Mit dem Jubiläum will die Kirchgemeinde eine alte Geschichte abhaken.
Die Pfarrkirche St. Pankratius in Oberkirch, ganz aus Beton errichtet, gehört zu den modernen Kirchenbauten im Kanton. Und doch hat sie bereits ein halbes Jahrhundert auf dem Buckel. «Am 23. April 1967 wurde der Grundstein gelegt», sagt Markus Bühler (65). Während 14 Monaten finden diverse Feierlichkeiten statt. Bühler ist Mitglied des Organisationskomitees «50 Jahre Kirche Oberkirch» und arbeitet für das Jubiläum die Geschichte der Kirche auf.
Die Planung der Kirche, die 1966 bis 1968 erbaut wurde, stammt aus der Feder des Zürcher Architekten Fritz Metzger, der zu den wichtigsten Vertretern der schweizerischen katholischen Kirchenarchitektur zwischen 1928 und 1968 zählt. Metzger wurde 1932 mit dem Bau der Kirche St. Karl in Luzern bekannt, der als erster moderner Kirchenbau der Schweiz gilt. Das Besondere an dieser Kirche liegt im neuen Raumkonzept, das eine aktive Teilnahme der Gläubigen am Gottesdienst impliziert.
Die Betonung des Gemeinsamen beim Feiern des Gottesdienstes stand beim Bau der neuen Kirche in Oberkirch ebenfalls im Zentrum. Die Idee gründet im Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965), bei dem der Papst zur Orientierung am gegenwärtigen Zeitalter aufrief. Der Unterschied der neuen zur alten, 1687 erbauten Kirche war gewaltig. Metzger schrieb zur Kircheneinweihung:
«Die alte Kirche war eine Längskirche. Chor und Schiff streng voneinander getrennt. Altar und Volk weit auseinander. [...] Die Gläubigen kommen als Einzelgänger in die Kirche und bestätigen sich zur Hauptsache als solche.»
Ganz anders die neue Kirche, die laut Metzger der Gemeinschaft dienen sollte. Daher entwickelte er sie auch ovalförmig und vereinte damit Chor, Schiff, Priester und Volk. Chor und Altar werden von den Gläubigen auf drei Seiten umgeben. Neben dem Wunsch nach etwas Neuem waren auch praktische und finanzielle Gründe ausschlaggebend für den Bau einer neuen Kirche. Die alte Pfarrkirche St. Pankratius stand direkt an der Kantonsstrasse, der damaligen Nord-Süd-Verbindung. Der Eingangsbereich nahm einen Grossteil des Trottoirs ein. «Das war nicht ungefährlich», sagt Markus Bühler. Die Kirche bot den vielen Kirchgängern auch nicht mehr genügend Platz. «Der damalige Pfarrer Johann Luthiger musste am Sonntag jeweils drei Messen hintereinander halten.»
Eine Renovierung der alten Kirche sei aus finanziellen Gründen nicht in Frage gekommen, weiss OK-Präsidentin Daniela Müller-Süess. «Der Aufwand, das historische Gebäude zu erneuern, wäre zu gross gewesen, und eine Erweiterung der Kirche war unmöglich.» Den Anstoss für einen modernen Bau gab Pfarrer Luthiger, der bereits Jahre zuvor einen Spendenaufruf für eine neue Kirche lancierte. 1962 genehmigte die Kirchgemeindeversammlung den Kauf des benötigten Baulandes auf der gegenüberliegenden Seite der Strasse.
Oberkirch brauchte neben einer neuen Kirche auch dringend ein Schulhaus. Deshalb verzichtete man auf einen Architekturwettbewerb und berief den erfahrenen Architekten Fritz Metzger. Im Juni 1965 beschloss die Kirchgemeindeversammlung den Bau der Kirche, der Baubeginn erfolgte im Juni 1966. «Als im April 1967 die feierliche Grundsteinlegung erfolgte, war der Unterbau der Kirche bereits fertig», sagt Bühler. Bald hatten die Oberkircher ihre «ultramoderne» Kirche, wie der «Luzerner Landbote» am 24. Juni 1968 anlässlich der Kirchweihe durch den Bischof schrieb.
Was aber sollte mit der alten Kirche geschehen? «Der Fall war für die Oberkircher klar. Sie musste weg. Man hätte sich deren Unterhalt nicht leisten können», sagt Markus Bühler. Doch es gab keine Bewilligung des Kantons, das historische Gebäude abzureissen, im Gegenteil: Dieser stellte Ende der 60er- und Anfang der 70er-Jahre die Fundamente der alten Kirche aus dem 8. Jahrhundert sowie Turm und Chorraum unter Denkmalschutz. Und so geschah 1974 etwas, worüber man in Oberkirch mit Unbehagen zurückdenkt: Die alte Kirche wurde kurzerhand illegal abgerissen. Entsprechend heftig waren die Reaktionen in der Presse: «Oberkirchs Kulturbanausen brechen ab», titelte etwa das «Vaterland». Der Gemeinderat wurde angezeigt. Es folgten weitere juristische Streitigkeiten, die teilweise bis heute nicht beigelegt sind. Die Fundamente der alten Kirche St. Pankratius stehen unter Schutz. Die Geschichte der neuen Kirche ist unweigerlich mit der pikanten Geschichte der alten Kirche verbunden und lässt sich nicht verschweigen. Daniela Müller-Süess: «Anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums möchte die Kirchgemeinde nach vorne blicken und die alte Geschichte ruhen lassen.»
Susanne Balli
susanne.balli@luzernerzeitung.ch
Hinweis
Am Samstag, 22. April, um 19 Uhr, findet in der Kirche St. Pankratius in Oberkirch die Eröffnungsfeier mit dem Chor der Nationen und der Musikgesellschaft Oberkirch statt. Am Sonntag, 23. April, um 10.30 Uhr, wird der Festgottesdienst zum Jubiläum gefeiert. Weitere Informationen gibt es unter www. pfarrei-oberkirch.ch.