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In der aktuell turbulenten Zeit hält sich der Gemeindepräsident medial zurück. Doch wie sieht er die Lage der Gemeinde? Und wie will der Gemeinderat für Stabilität sorgen? Nun nimmt Rolf Born Stellung.
Budgetloser Zustand, Finanzloch, zwei Gemeinderäte, die mitten in der Legislatur zurücktreten: Die erste Hälfte 2018 war für die Gemeinde Emmen turbulent. Trotzdem hält sich der Gemeindepräsident im Hintergrund – und kandidiert zugleich für den Luzerner Regierungsrat. Unsere Zeitung konnte nun mit Rolf Born (FDP) sprechen.
Rolf Born, Sie haben sich bis jetzt nicht öffentlich zur aktuellen Lage Emmens geäussert. Warum nicht?
Bei uns spricht immer der themenführende Gemeinderat. Zur Finanzlage hat deshalb jeweils Finanzdirektor Urs Dickerhof Stellung genommen. Meine Aufgabe als Gemeindepräsident sehe ich darin, ein Ansprechpartner für die Bevölkerung zu sein. Ich bin an vielen Orten präsent, nehme an zahlreichen Veranstaltungen teil. Bei diesen Begegnungen mit den Menschen aus Emmen ist mir wichtig, die positiven Aspekte unserer Gemeinde hervorzuheben. Ohne Schönmalerei versteht sich. Dabei erhalte ich Rückmeldungen aus der Bevölkerung.
Zum Beispiel?
Ich stelle fest, dass sich die mediale Beurteilung nicht mit dem Selbstverständnis der Bevölkerung deckt. Viele Leute sagen, sie sehen ein, dass die Gemeinde mehr finanzielle Mittel braucht, dafür habe man in den letzten Jahren mehr bekommen, etwa bessere ÖV-Verbindungen. Der Einwohnerrat war sich in dieser Frage weniger einig als das Volk.
Böse Zungen behaupten, Sie wollten sich mit Ihrer Regierungsratskandidatur aus der Verantwortung für Emmen stehlen.
Klar gibt es Personen, die finden, dass ich die Gemeinde bei einer allfälligen Wahl im Stich lassen würde. Aber die Kandidatur ist für mich kein Nein zu Emmen, und ich werde von vielen Seiten ermutigt. Übrigens habe ich auch nicht mit den Rücktritten von Urs Dickerhof und Susanne Truttmann gerechnet. Doch ich respektiere ihre Entscheidung. Der aktuelle Wahlkampf zeigt mir zudem, dass es fähige Personen für die Nachfolge gibt. Auch die FDP-Ortspartei ist für meinen allfälligen Abgang gerüstet. Wir haben gute Kandidatinnen und Kandidaten in unseren Reihen.
Wie beurteilen Sie die Situation der Gemeinde Emmen?
Wir haben viele erfolgreiche Unternehmen, wie Ruag, Monosuisse, Anliker, Dräksak oder Brezelkönig. Die Gemeinde hat eine schlanke Verwaltung. Mit der Einführung des Sozialinspektors oder der Heimauslagerung haben wir in den vergangenen Jahren wirkungsvolle Änderungen vorgenommen und Signale gesetzt. Auch zeigt sich eine positive Entwicklung mit der Ansiedlung der Hochschule Luzern und Le Théâtre.
Trotzdem badet das Volk mit der zu erwartenden Steuererhöhung auf 2,25 Einheiten die Finanzmisere aus. Wie will der Gemeinderat langfristig für Stabilität sorgen?
Wir werden die langfristige Gemeindestrategie im Hinblick auf die nächste Legislaturperiode überarbeiten. Damit sollen auch die zu revidierende Ortsplanung und die langfristige Strategie in Einklang gebracht werden. Die erwähnten positiven Entwicklungen und andere Indizien weisen in eine gute Richtung. Dank der Zwischenfinanzierung aus der Steuererhöhung können wir die Talsohle durchschreiten. Zudem erhält Emmen kommendes Jahr 13,09 Millionen Franken aus dem kantonalen Finanzausgleich, was uns kurzfristig hilft.
Aktuell wird das Wachstum als eine Ursache der Probleme gesehen, die SVP will es mittels Initiative beschränken. Hat der Gemeinderat eine Strategie, wie er mit dem Wachstum umgehen will?
Wir sprechen uns für ein qualitatives Wachstum aus, es sollen keine zusätzlichen Grünflächen verbaut werden. Im Rahmen der Ortsplanungsrevision wird der Schwerpunkt darauf liegen, dass ein kontrolliertes, qualitativ hochwertiges Wachstum ermöglicht wird. Die SVP-Initiative nimmt die Befindlichkeit der Bevölkerung auf. Diese werden wir in der neuen Zusammensetzung diskutieren müssen. Zum Mengenwachstum werden wir dann eine klare Haltung erarbeiten.
Man hat den Eindruck, es sei schon zu spät, beim Wachstum Gegensteuer zu geben. Warum hat man nicht früher reagiert?
Die Verdichtung nach innen und somit ein zusätzliches Wachstum für zentral gelegene Gemeinden wie Emmen wird auf Bundesstufe mit dem revidierten Raumplanungsgesetz verlangt und war Wille der Bevölkerung. Auf kantonaler Stufe wird dies mit dem kantonalen Richtplan gefordert. In den letzten Jahren wurden viele Projekte realisiert, die auf Basis der rechtsgültigen Bau- und Zonenordnung erstellt wurden. Solche Projekte kann die Gemeinde nicht verhindern. Weitere Bauprojekte, wie etwa die Feldbreite, sind politisch legitimiert. Allerdings erhielten diese trotz Etappierung durch die Entwicklung auf den Finanzmärkten mehr Schub. Zu bedenken ist auch, dass der Industriestandort Emmen schon immer einen hohen Ausländeranteil hatte und ebenso sozial Schwächere. Als die Industriebetriebe ihre Produktion reduzierten, sind die Steuereinnahmen eingebrochen. Aber Emmen hat solche Veränderungen immer gut bewältigt.
Sie haben die schlanke Verwaltung erwähnt. Trotzdem hat der Einwohnerrat eine externe Überprüfung der Abläufe und Strukturen angefordert. Wann ist diese zu erwarten?
Der Auftrag ist jetzt erteilt. Es hat sich herausgestellt, dass die Vorstellungen von Einwohnerrat und Gemeinderat, was die Überprüfung beinhalten soll, anfangs auseinandergingen. Ich finde es gut, wird so etwas gemacht, bin aber überzeugt, dass wir jetzt schon gut unterwegs sind.
Wie muss man sich heute die Zusammenarbeit innerhalb des Gemeinderats und mit der Verwaltung vorstellen?
Im Gemeinderat arbeiten wir sachorientiert und konstruktiv. Wir sind sehr unterschiedlich und führen deshalb unsere Direktionen auch nicht gleich. Dass wir unsere Geschäfte mehrheitlich durchbringen, belegt unseren Erfolg. Ich persönlich lege grossen Wert auf Kommunikation und führe in meiner Direktion eine offene Kritikkultur. Die Zusammenarbeit Gemeinderat-Verwaltung kann grundsätzlich als sehr gut bezeichnet werden.
Von ehemaligen Mitarbeitern hört man teils, die Personalführung sei mangelhaft, die Gemeinderäte seien nicht offen für Vorschläge.
Ich habe bei Austrittsgesprächen nie solche Rückmeldungen erhalten. Konstruktive Vorschläge werden oft umgesetzt, beispielsweise das regionale Zivilstandsamt. Klar sind wir Gemeinderäte nicht alle gleich formatiert und die Zusammenarbeit ist nicht immer einfach. Aber eine Kaderperson muss das in Kauf nehmen, schliesslich werden wir vom Volk gewählt. Über mangelnde Ressourcen zu klagen, hilft nicht weiter. Auch wir scheitern mit unseren Vorhaben oft an der Priorisierung und fehlenden finanziellen Mitteln. Da braucht es Variantendenken.
Hinweis
Rolf Born (55) ist seit 2012 Gemeindepräsident von Emmen. Seit 2007 sitzt der Jurist für die FDP im Kantonsrat und seit 2017 präsidiert er den Verband Luzerner Gemeinden.