Jung oder bewährt? Diese Luzerner Politiker sind dem Gewerbe genehm

Die Empfehlungen von Luzerner Gewerbeverband sowie Industrie- und Handelskammer für die Nationalratswahlen fallen unterschiedlich aus. Das liegt am System.

Alexander von Däniken
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Wer soll von Luzern nach Bern? Luzerner Gewerbeverband und Zentralschweizer Industrie- und Handelskammer schlagen unterschiedliche Kandidaten vor. (Bild: Peter Klaunzer/Keystone)

Wer soll von Luzern nach Bern? Luzerner Gewerbeverband und Zentralschweizer Industrie- und Handelskammer schlagen unterschiedliche Kandidaten vor. (Bild: Peter Klaunzer/Keystone)

Andrea Ammann (19), Student aus Luzern und Hildegard Meier-Schöpfer (61), alt Kantonsrätin und Filialleiterin aus Willisau: Der Jungfreisinnige und die FDP-Frau gehören zu den 252 Nationalratskandidaten aus dem Kanton Luzern. Beide gelten als gewerbefreundlich – aber jeweils nur bei einem grossen Wirtschaftsverband.

Hildegard Meier-Schöpfer hat vom KMU- und Gewerbeverband KGL den Stempel «KMU geprüft» erhalten. Sie gehört damit zu einer Riege von je sieben SVP- und CVP- sowie acht FDP-Kandidaten, die vom rund 7500 Mitglieder starken Gewerbeverband für die Nationalratswahlen vom 20. Oktober unterstützt werden (siehe Box links). Andrea Ammann wird von der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ) empfohlen. Er rangiert für die IHZ im Kanton Luzern an erster Stelle (siehe Box rechts). Beim Gewerbeverband kommt er nicht vor, während Meier bei der IHZ erst an 119. Stelle auftaucht.

Strenge Vorgaben oder Profilvergleich

Die unterschiedlichen Empfehlungen sind in der Bewertung begründet: Beim Gewerbeverband gelten Vorgaben wie eine mindestens einjährige Mitgliedschaft in einem Gewerbeverein im Kanton Luzern und Führungserfahrung. Bei der IHZ mit ihren 704 angeschlossenen Firmen aus der Zentralschweiz wurden zusammen mit der Wahlplattform Smartvote die Profile der Vorstandsmitglieder mit jenen der Kandidaten abgeglichen. Ammann erreichte die höchste Übereinstimmung.

Was beim Gewerbeverband auffällt: Anders als vor vier Jahren wird keine Kandidatur der GLP unterstützt. Direktor Gaudenz Zemp:

«Wir haben alle Parteien angeschrieben, uns mögliche Kandidierende zu melden. Leider kam von der GLP keine Rückmeldung.»

Abgelehnt hat der Gewerbeverband keine Kandidaten. Nur drei Dossiers hätten in einer Vorprüfung die Kriterien nicht erreicht. «Das liegt im Schnitt der letzten Wahlen», so Zemp.

Anders als vom nationalen Gewerbeverband kürzlich kommuniziert, sei die Wahlwerbung des KGL unentgeltlich, hält Zemp fest. Inbegriffen sind Porträts in der letzten Woche an alle Haushaltungen verschickten Wahlzeitung, im KGL-Magazin, auf der Website und in Inseraten. «Nur wer weitere Inserate im Magazin einsetzen will, zahlt einen entsprechenden Beitrag.» Bezüglich der Wirkung der Werbung ist Zemp überzeugt, dass die Auszeichnung «KMU geprüft» für die Wähler eine nützliche Orientierungshilfe sei.

So klar die Abgrenzung zwischen genehmen und nicht empfohlenen Kandidaten beim Gewerbeverband ist, so unklar ist sie bei der IHZ. Zwar gibt es bei der Übereinstimmung der Profile eine Rangliste, «eine Empfehlung, die darüber hinaus geht, machen wir aber nicht», sagt Lucas Zurkirchen, wirtschaftspolitischer Mitarbeiter. Auch werbetechnisch gibt es für die Kandidaten keine weiteren Aktivitäten. Dafür ist das Angebot laut Zurkirchen nicht nur gratis, sondern auch parteineutral.

GLP auch im Kantonsrat nicht in Gewerbegruppe

Tatsächlich erscheint mit Michèle Graber an 29. Stelle die erste GLP-Kandidatin. Auch deren Fraktionskollegin Claudia Huser Barmettler ist als 78. noch vor Hildegard Meier-Schöpfer oder auch SVP-Nationalrätin Yvette Estermann rangiert. Huser sagt auf Anfrage:

«Auch eine Empfehlung des Gewerbeverbands wäre uns wichtig. Allerdings sind die Kriterien aus unserer Sicht zu starr.»

Zudem sei die GLP bis jetzt auch von der parlamentarischen Gewerbegruppe im Kantonsrat ausgeschlossen gewesen. Die GLP strebe eine Zusammenarbeit an.

Vom Gewerbeverband ebenfalls nicht empfohlen wird Martin Huber. Der 53-jährige FDP-Nationalratskandidat aus Entlebuch würde gut ins KMU-freundliche Profil passen: Er ist seit 20 Jahren selbstständiger Unternehmer, seit 2004 führt er die Condesys Consulting, eine Firma, die für Verwaltungen und Firmen Informations- und Managementsysteme baut. «Da meine Firma in Rubigen im Kanton Bern domiziliert ist, bin ich in keinem Luzerner Gewerbeverein. Dies ist jedoch Voraussetzung für eine entsprechende Wahlempfehlung», begründet Huber. Dass er vom Gewerbeverband nicht berücksichtigt wird, findet Huber nicht dramatisch – auch weil er von der Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz und von «Parldigi» empfohlen wird. Letzteres ist eine nationale parlamentarische Gruppe für digitale Nachhaltigkeit, die unter anderem von SVP-Ständeratskandidat Franz Grüter geführt wird und schweizweit 36 Kandidaten empfiehlt.

Fazit: Gewerbefreundliche Wähler, die eine enge Auswahl mit bewährten Unternehmern und Politikern bevorzugen, sind mit den Empfehlungen des Gewerbeverbands gut bedient. Wer eine möglichst breite Auswahl an gewerbefreundlichen Kandidaten schätzt, wird auf der Webseite der IHZ fündig.

Gewerbeverband: 22 Empfehlungen

(avd) Der KMU- und Gewerbeverband Kanton Luzern (KGL) empfiehlt für die eidgenössischen Wahlen folgende 22 Nationalratskandidaten: Werner Baumgartner (CVP, neu), Yvette Estermann (SVP, bisher), Ida Glanzmann (CVP, bisher), Andrea Gmür (CVP, bisher), Franz Grüter (SVP, bisher), Priska Hafner (FDP, neu), Dieter Haller (SVP, neu), Damian Hunkeler (FDP, neu), Oliver Imfeld (SVP, neu), Christian Ineichen (CVP, neu), Inge Lichtsteiner (CVP, neu), Angela Lüthold (SVP, neu), Marion Maurer (FDP, neu), Hildegard Meier-Schöpfer (FDP, neu), Leo Müller (CVP, bisher), Felix Müri (SVP, bisher), Kathrin Scherer (FDP, neu), Peter Schilliger (FDP, bisher), Rosy Schmid (FDP, neu), Vroni Thalmann (SVP, neu), Albert Vitali (FDP, bisher) und Josef Wyss (CVP, neu).

Für den Ständerat empfiehlt der KGL den bisherigen Damian Müller (FDP) und die neuen Andrea Gmür (CVP) sowie Franz Grüter (SVP). Weitere Infos: www.kgl.ch.


Industrie- und Handelskammer: Junge dominieren Liste

(avd) Die Industrie- und Handelskammer Zentralschweiz (IHZ) sieht von einer expliziten Wahlempfehlung ab. Stattdessen wurden die Profile der Kandidaten mit jenen der IHZ-Vorstandsmitglieder verglichen. Gleich drei unter 30-Jährige gehören zu den fünf ersten Kandidaten mit der höchsten Übereinstimmung: Andrea Ammann (Jungfreisinnige, 1. Platz), Viktoria Aregger (CVP, 3. Platz) und Karin Supersaxo-Freiburghaus (FDP, 4. Platz). Auf Platz 2 ist Martin Huber (FDP), auf Platz 5 Jacqueline Theiler (FDP).

Die weiteren Plätze: Oliver Imfeld (SVP), Werner Baumgartner (CVP), Anne-Sophie Morand (FDP), Kim Rast (Jungfreisinnige) und Josef Wyss (CVP). Der erste Bisherige ist Peter Schilliger (FDP, 13. Platz). Für den Ständerat gibt es bei Andrea Gmür (CVP), Damian Müller (FDP) und Michèle Graber (GLP) die höchste Übereinstimmung. Den kompletten Vergleich gibt es auf ihzwahlen.smartvote.ch.