Kantonale Unterkünfte
Zu über 90 Prozent ausgelastet: Jetzt sollen Schutzsuchende aus der Ukraine in Dagmersellen untergebracht werden

Noch immer erreichen Schutzsuchende aus der Ukraine die Schweiz. Deshalb bereitet der Kanton in Dagmersellen eine Zivilschutzanlage für die Notunterbringung vor.

Tobias Söldi
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Die Zivilschutzanlage Rönnimoos in Littau war im Frühling bereits für Schutzsuchende aus der Ukraine geöffnet.

Die Zivilschutzanlage Rönnimoos in Littau war im Frühling bereits für Schutzsuchende aus der Ukraine geöffnet.

Dominik Wunderli (Luzern, 21.03.2022)

Der Ukraine-Konflikt hält an – und der Zustrom an schutzsuchenden Personen ebenfalls. Das hat den Kanton Luzern veranlasst, seine Unterbringungskapazitäten auszubauen, wie er in einer Mitteilung schreibt. Denn: Die kantonalen Unterkünfte seien bereits zu über 90 Prozent ausgelastet.

Konkret bereite man die Zivilschutzanlage Chrüzmatt in Dagmersellen für die kurzzeitige Notunterbringung vor. Sie soll Platz für 80 Personen bieten. «Bei Bedarf kann die Notunterkunft voraussichtlich ab Ende September in Betrieb genommen werden», sagt Philippe Otzenberger, stellvertretender Leiter der Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF) sowie Asyl- und Flüchtlingskoordinator auf Anfrage.

Kantonale Unterkünfte statt Gastfamilien

Aktuell befinden sich laut Kanton 2470 Personen mit Schutzstatus S in der Zuständigkeit des Kantons. Zwei Drittel von ihnen sind in kantonalen Unterkünften untergebracht, der Rest lebt bei Gastfamilien. Neben den Ukrainerinnen und Ukrainern, die weiterhin in der Schweiz Schutz suchen, müssen aber auch die Personen aus dem ordentlichen Asylverfahren untergebracht werden, heisst es in der Medienmitteilung weiter.

Dazu kommt: In vielen Fällen sei die Unterbringung von Ukrainerinnen und Ukrainern bei Gastfamilien zeitlich befristet, sodass in den nächsten Wochen und Monaten wahrscheinlich weiterhin Personen aus Gastfamilien in den kantonalen Unterkünften untergebracht werden müssten.

Notunterkünfte als Zwischenlösung

Notunterkünfte wie die ZSA Chrützmatt dienten dabei nur der kurzfristigen Unterbringung. Sobald eine passende längerfristige Unterbringungslösung vorhanden sei, werden die Betroffenen in die neue Unterkunft übermittelt. Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartementes Guido Graf:

Regierungsrat Guido Graf.

Regierungsrat Guido Graf.

Bild: Dominik Wunderli (Luzern, 29.06.2022)
«Die Dienststelle nutzt diese Zeit, um sorgfältig abzuklären, welche Nachfolgeunterkunft für die Klientinnen und Klienten zum Beispiel aufgrund ihres Gesundheitszustands geeignet ist.»

Aktuell als Notunterkunft in Betrieb ist die Mehrzweckhalle Allmend mit 200 Plätzen, die aber nicht über den Winter betrieben werden kann – ein weiterer Grund für die ZSA Dagmersellen. Bei Bedarf stehe aber zusätzlich die ZSA Rönnimoos mit 70 Plätzen zur Verfügung. Sie könne jederzeit wieder genutzt werden, so Philippe Otzenberger. «In diesem Sinne ist und bleibt die Zivilschutzanlage Rönnimoos bereits vorbereitet und könnte bei Bedarf rasch in Betrieb genommen werden.»

Reaktion auf Engpässe

Noch vor einer Woche schienen die Aussagen der DAF etwas anders zu klingen. Sie teilte mit, dass die Gemeinden bis Anfang September doch weniger Plätze für Schutzsuchende zur Verfügung stellen müssen als ursprünglich zugewiesen, nämlich nur 75 Prozent statt der geplanten 90 Prozent. Der Grund: weniger Zuweisungen von Schutzsuchenden aus der Ukraine als zunächst angenommen.

Die Gemeinden waren erleichtert, für diese «Herkulesaufgabe» mehr Zeit zur Verfügung zu haben. Sie müssen nun erst ab 1. Dezember wieder 90 Prozent der ihnen zugewiesenen Plätze bereitstellen können. Auf die kalte Jahreszeit hin erwartet die DAF aber wieder mehr Zuweisungen, so Otzenberger. Und auch die momentanen Zuweisungen würden sich trotz allem auf hohem Niveau bewegen. «Daher ist keine Entspannung der Lage in Sicht.»

Die Vorbereitung der Zivilschutzanlage in Dagmersellen diene denn auch dazu, auf allfällige Engpässe an Unterbringungskapazitäten reagieren zu können, die unabhängig von der Gemeindezuweisung eintreffen könnten. «Es ist ja auch nicht absehbar, wie viele Unterbringungsplätze die Gemeinden zu welchem Zeitpunkt tatsächlich zur Verfügung stellen können – ungeachtet des Erfüllungsgrads.»