Lebensmittel
Bio-Offensive: Aldi führt neue Marke ein – und verkauft etwa antibiotikafreie Milch

Mit der Eigenmarke «Retour aux Sources» setzt Aldi Suisse strengere Massstäbe für Bio-Produkte. Bio Suisse freut’s.

Gabriela Jordan
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Joghurt, Milch, Eier und Fleisch: Aktuell sind 24 Produkte unter der neuen Marke «Retour aux Sources» erhältlich.

Joghurt, Milch, Eier und Fleisch: Aktuell sind 24 Produkte unter der neuen Marke «Retour aux Sources» erhältlich.

Bild: gjo

Die schlechte Nachricht zuerst: Der Label-Dschungel rund um Lebensmittel wird um eine Marke reicher, der Überblick für Konsumentinnen und Konsumenten schwieriger.

Die gute Nachricht: Unter der neuen Bio-Marke «Retour aux Sources» gibt es bei Aldi Suisse ab sofort Eier, Fleisch und Molkerei- produkte zu kaufen, die über die bisherigen Schweizer Bio-Standards hinausgehen. Zum Beispiel werden Milchprodukte aus komplett antibiotikafreier Tierhaltung und ohne den Einsatz von Kraftfutter hergestellt.

Vorerst stehen bei dem Discounter 24 solcher Produkte in den Regalen, darunter Milch, Joghurt, Mozzarella, Rindfleisch und Eier. Weitere Artikel im Bereich Früchte, Gemüse und Getreide sollen folgen. Das bisherige Bio-Label «Nature Bio Suisse» wird so Schritt für Schritt abgelöst. Sämtliche Produkte stammen von Bio-Suisse-zertifizierten Betrieben. Auch die neuen Richtlinien basieren auf den Bio-Suisse-Standards – gehen laut Aldi Suisse aber noch weiter.

Zwei renommierte Bio-Pioniere sind an Bord

Ist das Ganze nur gutes Marketing, um neue Kundschaft zu gewinnen? Nein, versichert Landesgeschäftsführer Jérôme Meyer. Hinter der neuen Eigenmarke stecken drei Jahre Arbeit und eine Kooperation mit den beiden renommierten Bio-Pionieren Urs Niggli und Werner Lampert.

Niggli leitete 30 Jahre lang das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und präsidiert heute das Institut für Agrarökologie. Lampert gilt unter anderem als Entwickler der Qualitätsstandards «Prüf Nach!», die nun auch bei der Aldi-Marke angewendet werden und Bereiche wie Tierschutz, Transparenz oder Umweltschutz umfassen.

«Die Ideen, die wir im FiBL etwa im Bereich Biodiversität während Jahrzehnten erarbeitet haben, kommen jetzt endlich auf den Markt. Deshalb kann ich die neue Marke sehr stark unterstützen», sagte Niggli vor den Medien. Er war wie Lampert an der Vorstellung der neuen Aldi-Marke präsent.

Als Veranstaltungsort diente der Lehenhof der Familie Braun im Aargauischen Rothrist. Der Biohof ist Milchlieferant und produziert seit 2005 mit wenigen Ausnahmen antibiotikafrei. Während dem Hofrundgang erklärte Bio-Bauer Hans Braun, dass dies mitunter dank qualitativ hochstehendem Wiesen- und Weidefutter möglich sei.

Aldi-Suisse-CEO Jérôme Meyer präsentiert die neue Bio-Marke.

Aldi-Suisse-CEO Jérôme Meyer präsentiert die neue Bio-Marke.

Bild: gjo

Permanenter Auslauf und kein Kükentöten

Welche Kriterien erfüllen die neuen Aldi-Produkte sonst noch? Pflicht sind etwa Weidehaltung und permanenter Auslauf für Kühe sowie Freilandhaltung für Hühner. Dann müssen mindestens 12 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche Biodiversitätsflächen sein.

Brüder der Legehennen, sprich männliche Küken, werden nicht wie meistens noch üblich getötet, sondern aufgezogen und zu Fleisch verarbeitet. Kälber für die Fleischproduktion werden nicht gleich von den Mutter- kühen getrennt, sondern wachsen 120 Tage auf dem Geburtsbetrieb auf – so wird ihr Immunsystem gestärkt und das Risiko für Antibiotika minimiert. Ob die Standards eingehalten werden, wird jährlich von unabhängigen Kontrollstellen überprüft.

Ein weiterer Punkt ist die Transparenz: Kundinnen und Kunden haben die Möglichkeit, die Produkte online zurückzuverfolgen und Informationen über den Herstellungsbetrieb und die Verarbeiter zu erhalten.

Bei Bio Suisse gibt man sich über die neue Aldi-Eigenmarke erfreut. Alle Bestrebungen nach mehr biologischem Anbau seien zu begrüssen. Als Konkurrenz zum eigenen Knospe-Label sieht die Organisation «Retour aux Sources» nicht, schliesslich gebe es auch schon Qualitätslabels wie «Demeter», bei denen strengere Kriterien gelten würden. Die Standards von Bio Suisse gehören weltweit zu den strengsten, der Einsatz von Antibiotika sowie Kraftfutter sind aber bis zu einem gewissen Grad erlaubt.