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Der Schweizer Tennis-Champion und Multi-Millionär preist auf den sozialen Medien Online-Roulette-Spiele an – und wird dafür von unterschiedlicher Seite kritisiert.
Die Spiel-Arenen heissen anders als im Tenniszirkus. «Book of Ra 10» statt «Wimbledon», «Lucky Lady’s Charm» statt «Indian Wells», und «Wacky Panda» statt «Swiss Indoors». Der Schweizer Tennis-Champion Stan Wawrinka begibt sich auf ein neues Parkett – jenes der Online-Casinos. Denn aktuell wirbt der «French Open»-Gewinner von 2015 für die verschiedenen Spiel-Formate des Online-Casinos Pasino.ch. In Anzeigen, die unter anderem auf Facebook erscheinen, hält der dreifache Grand-Slam-Gewinner, adrett im Anzug gekleidet, sein Smartphone in die Höhe und preist einen Willkommensbonus von bis zu 600 Franken an.
Bei Pasino.ch handelt es sich um die Online-Plattform des «Casino du Lac Meyrin-Genève» und das erste Online-Casino der Westschweiz, wie es auf der eigenen Webseite heisst. Für Gambler gibt es Live-Roulette- und Live-Baccara-Spiele, sowie «Spielautomaten in Hülle und Fülle».
Es ist nicht der erste Werbedeal für den 36-jährigen Lausanner. Wawrinka hat seit Jahren lukrative Sponsoring-Verträge, unter anderem mit der Wassermarke Evian, der Genfer Luxus-Uhrenmanufaktur Audemars Piguet, dem Autohersteller Subaru und dem Zug-Joint-Venture TGV-Lyria. Diese Engagements hatten bisher keine kritischen Stimmen zur Folge. Das ist bei der Casino-Kooperation anders.
Markus Meury, Sprecher der gemeinnützigen Stiftung Sucht Schweiz, bezeichnet die Werbung mit Wawrinka als Markenbotschafter als «problematisch», da das Online-Geldspiel nachweislich stärker suchtgenerierend sei als andere Spielarten. Meury weist auf die Vorbildrolle von Wawrinka hin: «Wenn ein VIP dieser Art seinen Segen erteilt, werden die Gefahren quasi übertüncht.»
Laut Meury hätten rund zehn Prozent der Online-Spielenden mit signifikanten Problemen zu kämpfen. 18- bis 29-Jährige seien überdurchschnittlich betroffen. Gerade diese gefährdeten Spieler seien aber für die Online-Casinos eine besonders wichtige Einnahmequelle.
Meury kritisiert zudem, dass Pasino.ch die Werbung auf sozialen Medien wie Facebook schaltet. Dort seien junge Menschen übervertreten. «Die Anbieter wissen, was sie tun», sagt Meury. «Denn wie bei allen Verhalten und gewohnheitsmässigen Konsummustern ist es für Anbieter wichtig, möglichst junge Menschen anzusprechen.» Bei ihnen würden sich neue Gewohnheiten rascher einspielen. «So werden sie langfristig zu Kunden.»
Zwar verbietet das Gesetz, dass die Geldspiel-Werbung – so wie auch jene für Alkohol und Tabak – hauptsächlich auf Junge zielt. Dies ist bei Facebook aber nicht ganz eindeutig. Wenn Jugendliche die Werbung zufällig sehen, sei das legal, sagt Meury. «Hier bräuchte es dringend striktere Regeln.»
Bei der «Schuldenberatung Schweiz» tönt es ähnlich. «Diese Werbung ist problematisch, weil damit der Anschein erweckt wird, dass Geldspiel ein normales Hobby sei», sagt Pascal Pfister, Geschäftsleiter des Dachverbands der Schuldenberatungsstellen. Er bezeichnet es gar als fraglich, ob das Gesetz mit dem Facebook-Inserat eingehalten wird.
Die Verschuldung durch Spielsucht sei ein ernstzunehmendes Thema, sagt Pfister. Zwar beträfe sie nur zwei Prozent der Menschen, die sich erstmals an eine Beratungsstelle wenden. Aber die durchschnittliche Verschuldung sei bei Personen, bei denen Spielsucht ein Grund ist, mit 95'000 Franken deutlich grösser als die 66'000 Franken der Gesamtpopulation. «Geldspiele führen also zu einer höheren Verschuldung, was auch wieder eine Schuldensanierung schwieriger macht.»
Für Wawrinka, der 2008 mit Roger Federer Olympia-Gold im Doppel gewann und 2014 mit der Schweiz den Davis-Cup, dürften Schulden auch nach seinem anbahnenden Karriere-Ende kein Thema sein. Allein mit seinen Siegen auf der ATP-Tour bringt er es auf ein kumuliertes Preisgeld von 34 Millionen Dollar – die Werbedeals nicht mit einberechnet. So erhielt er laut Medienberichten 2015 allein für einen Vierjahresvertrag von seinem Sportausrüster Yonex 20 Millionen Dollar.
Das Management von Wawrinka und das Genfer Casino äusserten sich auf Anfrage nicht zur Kritik.