Im Interview nimmt Mammut-Chef Rolf Schmid Stellung zu der neue Strategie seines Unternehmens und zu seiner Reaktion auf den Frankenschock.
Rolf Schmid: Die Auflösung des Euro-Mindestkurses am 15. Januar 2015 hat Spuren hinterlassen. Wir mussten an diesem Tag grosse Abschreibungen tätigen. Dazu kommt, dass wir unser Material primär in US-Dollar einkaufen, der Verkauf findet primär im Euroraum statt und die Kosten wie Personal und Produkt-Entwicklung fallen in Schweizer Franken an. Wir konnten aufgrund des einjährigen Vorlaufs beim Verkauf an unsere Händler die Preise im Euroraum letztes Jahr nicht erhöhen. Zudem mussten wir in der Schweiz die Verkaufspreise senken. Dazu kommt, dass man auch beim vergangenen Winter nicht von einem eigentlichen Winter reden kann. Das alles zusammen hat sehr viel gekostet und entsprechend schlecht war der Umsatz.
Nein, das Gegenteil ist der Fall. 2015 haben wir zu den vor der Mindestkursaufhebung vereinbarten Preisen im Euroraum verkauft. 100 Euro waren letztes Jahr plötzlich nicht mehr 120, sondern lediglich noch 105 Franken wert. Für dieses Jahr haben wir die Preise im Euroraum angehoben. Somit verdienen wir wieder etwas mehr und damit sollten gewisse Probleme austariert werden können. Wir wissen aber nicht, wie der nächste Winter wird und wie sich die Konsumentenstimmung entwickelt.
Die Frage ist, ob es diesen Konkurrenten gelingt, uns Marktanteile streitig zu machen. Fashion und Lifestyle-Marken machen keine Outdoor-Kleider. Sie sehen vielleicht vom Look her so aus. Mammut macht funktionelle Kleider aus funktionellen Stoffen, die atmungsaktiv sind, schnell trocknen und wasserabweisend sind. Wenn Tommy Hilfiger, wie Sie sagen, nun Kleider herstellt, die von der ersten visuellen Wahrnehmung her so aussehen, hat das noch lange nichts mit dem wirklichen Bergsteiger oder Wanderer zu tun. Unsere Kleider haben Funktion: Sie werden draussen getragen und müssen bei jeder Witterung bestehen.
Der Käufer, der ernsthaft Bergsport betreibt, will, dass ihn seine Bekleidung vor Witterungseinflüssen schützt.
Mammut wird bestimmt keine alpine Schickimicki-Marke. Die Funktion wird bei uns immer oberste Priorität haben. Und wir wollen weiterhin im Premiumsegment bleiben. Wir wollen am Berg taugen und wenn jemand mit unseren Kleidern an der Bahnhofstrasse flanieren will, weil sie schön ist, dann freuen wir uns darüber.
Wir haben bewusst einen leisen Start mit dem Webshop gewählt. Solche Projekte sind ja relativ heikel und komplex. Mittlerweile machen wir unsere Kunden auf die Möglichkeit des Online-Einkaufs aufmerksam. Und bis jetzt entspricht die Lancierung unseren Erwartungen.
Der heutige Konsument bewegt sich je nach Lust und Laune in unterschiedlichen Kanälen. Vom bewussten Einkauf im Laden und der Beratung in stationären Geschäften bis hin zum Einkauf aus Bequemlichkeit von zu Hause aus gibt es alles.
Seit 1996 steht der Ökonom als CEO an der Spitze von Mammut. Zudem ist er Verwaltungsrat bei der Kuhn-Rikon AG und Mobility. Davor hat er in diversen Führungspositionen bei Corona Holidays, CFC Management Consulting und Tissot gearbeitet. Seine Ausbildung absolvierte er in Argentinien, Italien und der Schweiz.
Der Textilbereich ist schon sehr weit entwickelt. Niemand wird heute die Jacke neu erfinden. Sprünge, wie das bei der ersten Gore-Tex-Jacke der Fall war, gibt es nicht mehr. Die Entwicklungen sind kleinteiliger. Ein wichtiger Trend ist die Schmutz- und Wasserabweisung bei Textilien. Auch die Leichtigkeit kann noch verbessert werden.
Es gab schon immer wieder mal wärmere Winter. Auf diese folgten dann wieder kältere. Die durchschnittlichen Temperaturen über die Jahre unterscheiden sich nicht so massiv. Vermutlich werden aber die Wechsel kürzer: Auf drei laue Wochen folgen zwei sehr kalte Wochen. Entsprechend muss unser Sortiment diesen rasch wechselnden Bedürfnissen gerecht werden.
Deutschland, Österreich und die Schweiz sind unser Heimmarkt, und diesem sind Grenzen gesetzt. In all diesen Märkten ist Mammut schon die Nummer eins, zwei oder drei. Der Markt in Asien wächst nach wie vor, aber deutlich langsamer als noch vor zwei bis drei Jahren. In Japan allerdings wächst der Outdoormarkt kaum noch, trotzdem haben wir eine sehr starke Position dort. In Korea setzen wir auf den Ausbau unserer Mono-Brand-Stores, da man dort das klassische Sportgeschäft nicht kennt.
In der Schweiz gibt es keine Textilproduktion von Bedeutung mehr. Es ist nicht nur eine Preisfrage, sondern hat mit dem fehlenden Know-how und Investitionen zu tun. Es gibt meines Wissens noch eine Maschine in der Schweiz, die Gore-Tex verarbeiten und ver-«tapen» kann. Diese steht bei uns in Seon, im Reparaturservice. Sonst kann das in der Schweiz niemand mehr, weil die Maschinerie fehlt. Fachkräfte, die das Wissen für diese Verarbeitung haben, gibt es in Osteuropa, aber primär in Asien und teilweise in Mittelamerika. Auch die Herstellung der Textilien findet fast vollumfänglich in Asien statt. In der Schweiz und Europa haben wir das Know-how für die Entwicklung, das Design und die Vermarktung. Dies gilt es hier in Zukunft weiter auszubauen.