Firmenübernahmen
Die Ära der Mega-Deals: In der Wirtschaft ist das Jagdfieber nach Übernahmekandidaten ausgebrochen

Wo sich die Investoren noch richtig dicke Renditen erhoffen und wie die Gier die Preise in die Höhe treibt.

Daniel Zulauf
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Breitling-Chef und Mitbesitzer Georges Kern.

Breitling-Chef und Mitbesitzer Georges Kern.

Knapp fünf Jahre harte Arbeit und dann der Volltreffer. Breitling-Chef Georges Kern hat ausgesorgt. Die Aktienbeteiligung, die sich der frühere IWC-Lenker bei seinem Wechsel zum Grenchener Fliegeruhrenherstellers ausbedungen hatte, ist jetzt rund 150 Millionen Franken wert – ziemlich genau das dreieinhalbfache von dem, was der Manager beim Empfang des Fünf-Prozent-Anteils in die Steuererklärung setzen musste.

Den Breitling-Deal möglich gemacht hat eine amerikanische Firma namens CVC. Sie steht für ein Geschäftsmodell, das in den USA aus dem weltweiten Markt für Firmenübernahmen nicht mehr wegzudenken ist. CVC hatte Breitling 2017 vom damaligen Privateigentümer Thédore Schneider übernommen, um die altehrwürdige Firma mit Hilfe eines neuen Managements auf Hochglanz zu polieren.

Die Zeit zur Ernte wird immer kürzer

Die Kunden von CVC sind institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder Stiftungen. Sie stellen der Investmentgesellschaft das Kapital für Deals à la Breitling zur Verfügung. Kasse gemacht wird traditionell nach sieben bis zehn Jahren. Doch das Rad dreht jetzt schneller.

Im Oktober hat CVC ein Viertel ihrer Anteile an die Zuger Partners Group verkauft. So haben die CVC-Kunden einen Teil ihres Einsatzes schon nach fünf Jahren versilbert. Partners Group betreibt dasselbe Geschäftsmodell wie CVC und die Kunden erwarten hüben wie drüben das gleiche. In einigen Jahren wollen die Investmentfirmen Breitling an die Schweizer Börse bringen. Selbstredend zu einem Preis, der die aktuelle Bewertung von um die drei Milliarden Franken abermals um ein Mehrfaches übersteigt. CVC und Partners Group sind Private-Equity-Firmen. Deren Angebot ist der grosse Renner bei institutionellen Investoren. Seit 15 Jahren suchen diese in dem globalen Ultratiefzinsumfeld zunehmend verzweifelt nach renditeträchtigen Anlagen. Private Equity verspricht das. Darum werden die Firmen mit Kapital überflutet.

Private Equity ist eine treibende Kraft im boomenden Geschäft mit Firmenübernahmen und Fusionen. «Wir erleben weltweit eine beispiellose Welle und die Schweiz macht da keine Ausnahme», sagt der Investmentbanker Nick Bossart der das Schweizer Geschäft der US-Bank JP Morgan leitet.

Die Investmentbanken verdienen als Berater und Makler bei grossen Wertpapiertransaktionen glänzend in dem Business. Und die Private-Equity-Firmen gehören zu den verlässlichsten Deal-Lieferanten. An den vier grössten Übernahmen, die in der ersten Hälfte des laufenden Jahres in der Schweiz getätigt wurden, waren in jedem Fall Private-Equity-Firmen entweder auf der Käufer- oder auf der Verkäuferseite beteiligt.

Und daran hat sich auch im zweiten Halbjahr nichts geändert. Der Bauchemiekonzern Sika hat erst vor wenigen Tagen eine 5,5-Milliiarden-Franken-Transaktion kommuniziert. Verkäuferin war die Private-Equity-Firma Lone Star. Sie hat die Ernte schon nach einem Jahr eingefahren mit einer Bruttorendite von über 50 Prozent. Sika musste für den Einkauf tief in die Tasche greifen und daran ist nicht zuletzt Private Equity schuld: «Wir sehen Rekordpreise in Europa und oft zahlen Investmentfonds höhere Multiplikatoren als strategische Käufer», sagt Stephan Brücher von der Beratungsgesellschaft Deloitte. Mit der Bezeichnung «strategische Käufer» meint er gewöhnliche Firmen wie Sika – im Unterschied zu Finanzfirmen wie CVC oder Partners Group.

Harte Konkurrenz um Übernahmekandidaten

«Investmentfonds spielen auch im Schweizer Übernahmemarkt eine Schlüsselrolle», sagt Brücher. Auf der Suche nach Kaufkandidaten stünden diese in einem harten Wettbewerb mit strategischen Käufern. «Das dürfte die Preise auf einem hohen Niveau verharren lassen».

Auch das viele Ultrabilliggeld treibt den Boom mächtig an. Der britische Lebensmittelhändler Morrisons wechselt dieser Tage für sieben Milliarden Pfund in den Besitz der Private-Equity-Firma CD&R. Diese lässt Morrisons das nötige Geld dafür gleich selber borgen, schliesslich bekommen heutzutage auch sehr mässige Schuldner Kredite für nur zwei Prozent.

Kreditanalyst Ed Eyerman von der Ratingagentur Fitch in London sieht Anzeichen dafür, dass der Übernahmeboom verführerische Blüten treibt. «Die Aufspaltung von Firmenkonglomeraten wie General Electric könnte auch dem Umstand geschuldet sein, dass Private-Equity-Investoren für den Kauf der einzelnen Firmenteile hohe Preise zu zahlen bereit sind.» Derart opportunistische Unternehmensstrategien dürften aber kaum nachhaltigen Erfolg versprechen. Die Gefahr besteht, dass dieses Jagdfieber der Unternehmenslandschaft längerfristig schadet.