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Der nächste Credit-Suisse-Präsident António Horta-Osório mischt sich gerne ein und scheut auch den Widerspruch nicht.
Beim nächsten Credit-Suisse-Präsidenten António Horta-Osório geht es gerade hoch zu und her. Der 56-jährige Portugiese hat sich gestern mit einem tollen Quartalsresultat als Chef der Lloyds Banking Group verabschiedet. 1,9 Milliarden Pfund verdiente die britische Hypothekenbank in den ersten drei Monaten des Jahres – 800 Millionen Pfund mehr als das, was die «City» erwartet hatte. Am London Stock Exchange bauten ihren Kursgewinn seit Jahresbeginn um mehr als drei Prozent auf 20 Prozent aus.
Was für ein Kontrast zu Credit Suisse. Deren Aktionäre dürften den «mithin bekanntesten CEO» (The Telegraph) auf der Insel fast ohne Gegenstimme in den Verwaltungsrat wählen. Nach der glücklosen 12-jährigen Regentschaft von Urs Rohner wird Horta-Osório am Paradeplatz wie ein Messias erwartet. 15 Prozent haben die Credit-Suisse-Aktien seit Jahresbeginn eingebüsst und das, obwohl derzeit Bankaktien in ganz Europa im Aufwind sind.
Credit Suisse ist im laufenden Jahr die einzige Bank in Westeuropa mit einer negativen Gesamtrendite (Kursentwicklung plus Dividenden), hat unlängst das Beratungsunternehmen zeb festgestellt. Vielleicht dachte Horta-Osório auch daran, als er sagte, er verlasse das Königreich mit «gemischten Gefühlen». Als er vor zehn Jahren die Verantwortung für die Lloyds Bank übernommen hatte, lag das Institut am Boden, schwer gezeichnet von der Finanzkrise und von hausgemachten Skandalen.
Als Höhepunkt der Karriere nannte er gegenüber britischen Medien den Anruf des Schatzkanzlers im Jahr 2017, als dieser gerade die letzte Aktie der 2008 verstaatlichten Bank veräussert hatte. Einen ähnlichen Erfolg erhoffen sich nun auch die Eigentümer und die 49'000 Angestellten der Schweizer Grossbank.
Was Horta-Osório in der Schweiz tun wird könnte aber vielen, die ihm jetzt Beifall spenden, bald nicht mehr so gut gefallen. Der Hobbytaucher, der an der südafrikanischen Küste auch schon weisse Haie beobachtet haben soll, zeigt auch im Haifischbecken wenig Furcht vor den grossen Fischen. Tausende Stellen hat er bei Lloyds gestrichen, um den Konzern wieder in Fahrt zu bringen. Für die vielen schlimmen Drohszenarien, mit denen die britische Finanzlobby den Brexit verhindern versuchten, hatte der Ausnahmebanker nie viel übrig.
Man darf gespannt sein, wie weit er bei der Credit Suisse gehen will. In England profilierte er sich nicht zuletzt mit dem Argument, dass Banken ihr Einlagen- und Kleinkundengeschäft mit hohen Mauern von riskanteren Geschäftsbereichen wie dem Investment Banking abschotten sollten. Das sähen viele Schweizer Credit-Suisse-Kunden wohl nicht ungern.