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Keine Überraschung bei der Generalversammlung des Stahlkonzerns: Schmolz + Bickenbach schafft sich auf Vorrat bedingtes und genehmigtes Kapital. Die Anbindung der Manager-Saläre auf europäisches Vergleichsniveau kam nicht durch.
Das harte Stahlgeschäft braucht offenbar stahlharte Kerle. «Es wäre schön, wenn auch eine Frau im Verwaltungsrat wäre», kritisierte eine Aktionärin des Edelstahlkonzerns Schmolz + Bickenbach an der Generalversammlung am Donnerstagvormittag in Emmenbrücke die Männerrunde auf dem Podium.
Daran hatte man bei der Minder-Initiative natürlich nicht gedacht. Weitere Kleinaktionäre bemängelten die Schlupflöcher, die trotz dem neuen Regelwert über die Vergütung von Konzernleitungsmitgliedern geblieben sind. «Bei der Festlegung der «marktgerechten» Vergütungen sollte man sich auf europäische Vergleichsfirmen beschränken - die angelsächsischen Vergütungen sind viel zu hoch», so ein Kleinaktionär.
Auch liessen sich trotz Minder zahlreiche weitere Zusatzleistungen wie Vorsorgebeiträge im Kleingedruckten unterbringen.
Weitere Manager könnten in ungenannten Beiräten profitieren. Bei der Entlöhnung mit Optionen sei auf den tatsächlichen Wert abzustellen, der wahrscheinlich nach Ablauf der Frist erreicht werde - und nicht auf den aktuellen Optionswert, der meistens viel tiefer ist. «Pfründe kann sich S+B am wenigsten leisten», so der Aktionär, «denn das geht alles zu Lasten der Aktionäre.»
Kapital auf Reserve
Der Aktionär ahnte wohl, wie die Abstimmung ausgehen würde. «Die Aktien sind auf einige sehr grosse Blöcke verteilt», sagte er, «Kleinaktionäre haben nur noch wenig zu sagen.» Immerhin stellten sich 75 Millionen Aktionärsstimmen, gut ein Achtel der Gesamtstimmenzahl, hinter die Kritiker.
Viel weniger Gegenstimmen gab es bei den Wahlen in den Verwaltungsrat und den Vergütungsausschuss. Auch die beiden Beschlüsse, mit denen genehmigtes und bedingtes Aktienkapital geschaffen wurde, wurden nicht bekrittelt. Der Stahlkonzern kann somit das Aktienkapital insgesamt um fast 350 Millionen Franken erhöhen, um die Flexibilität in den nächsten zwei Jahren zu gewährleisten, wie es in der Einladung zur Generalversammlung hiess. Eine Ausnutzung des genehmigten und des bedingten Kapitals sei indes aktuell nicht geplant.
Ende des Preiszerfalls
Möglicherweise bekommt S+B auch noch rechtzeitig Rückenwind vom Stahlmarkt. Die ersten drei Monate des laufenden Jahres hatten sich laut Finanzchef Hans-Jürgen Wiecha ordentlich angelassen. Die Nachfrage nach Edelstahl steige aufgrund der besseren Geschäftsentwicklung bei den europäischen Autoherstellern und in Nordamerika, wo die Öl- und Gasförderung boomen. Der Auftragsbestand seit Januar war deutlich über dem des Vorjahres. Im Februar und März wurden auch die Zahlen von 2012 übertroffen. Das war indes ebenfalls ein schwaches Stahljahr gewesen. Die Preise für Nickel steigen laut Wiecha leicht, aber die Schrottpreise gingen im Februar und März schon wieder leicht zurück. Für das laufende Jahr erwartet er einen bereinigten Vorsteuergewinn zwischen 190 und 230 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im letzten Jahr waren 178,8 Millionen Euro eingespielt worden. Die Investitionen sollen mit 106 Millionen Euro auf Vorjahreshöhe bleiben.
Dividendenfähigkeit wieder erlangen
Ein Teil dieser Investitionen kommt dem schweizerischen Standort zugute, wie der neue CEO Clemens Iller am Rande der Generalversammlung erklärte. «Ich bin Stahlmensch durch und durch», bekannte Iller. Zuvor hatte er die Edelstahlsparte bei ThyssenKrupp geleitet. «Die Stahlbranche ist durch schwierige Zeiten gegangen, und wir sind noch nicht ganz durch.» Er sucht den Dialog mit Mitarbeitern, am Mittwoch hatte auch das Schweizer Werk besucht. Und es gebe zahlreiche kleinere operative Verbesserungsmöglichkeiten wie die Zentralisierung des Einkaufs und weitere Optimierungsmöglichkeiten innerhalb der Organisation.
Längerfristig will S+B auch wieder Dividenden ausschütten können, wie Verwaltungsratspräsident Edwin Eichler ankündigte. «Erste Ergebnisse des Effizienzsteigerungsprogramms sind bereits im Jahresergebnis sichtbar. Unser Ziel ist es, die Verschuldung zu reduzieren, um zukünftig wieder Dividenden ausschütten zu können.»