Schweizer Gottschalk-Firma liquidiert

Zusammen mit seinem Bruder Christoph hat Thomas Gottschalk offenbar jahrelang bei «Wetten, dass..?» Schleichwerbung betrieben. Das enthüllte das deutsche Magazin «Spiegel» diese Woche. Jetzt wird bekannt: Gottschalks umstrittene Firma steht in Liquidation.

SaW Redaktion
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Christoph Gottschalk hat Firma und Wohnung im Kanton Nidwalden.

Christoph Gottschalk hat Firma und Wohnung im Kanton Nidwalden.

Schweiz am Wochenende

Sanfte Sonnenstrahlen lassen den Vierwaldstättersee glitzern. Verschlafen säumen die Häuser der Gemeinde Buochs NW das Seeufer. Die Schönheit der Landschaft und der Blick in die nahen Berge scheinen es Christoph Gottschalk (60), dem Bruder des früheren «Wetten, dass ...?»-Moderators Thomas (63), angetan zu haben.
Wie «Sonntag»-Recherchen zeigen, hat er hier seit vergangenem Sommer eine Terrassenwohnung an bester Lage. Aber nicht nur das. Die Zentralschweiz hat sich Christoph Gottschalk auch als Sitz für seine Firma Dolce Media International ausgesucht. 1998 gründete er diese in Baar ZG mit dem Zweck: «Vermarktung im Medienbereich». Seit 2004 ist die Firma in Wolfenschiessen NW eingetragen.
Jetzt steht die Dolce Media – an der auch Thomas Gottschalk beteiligt war – unter Verdacht, Schleichwerbung in der TV-Show «Wetten, dass ...?» betrieben zu haben. Wie der «Spiegel» aufdeckte, ermöglichten die Brüder Gottschalk Konzernen mit fragwürdigen Verträgen, für Millionensummen ihr Produkt zur Primetime zu vermarkten. So hat die Dolce Media ihren Partnern nicht nur zugesichert, wie viele Sekunden eines ihrer Produkte zu sehen sein würde, sondern auch mit welchen Worten Moderator Thomas Gottschalk das Produkt in der Sendung vorstellt.
Ein Beispiel. In «Wetten, dass..?» vom 10. November 2007 bezeichnete Thomas Gottschalk einen Audi A4, den Hauptgewinn für den Wettkönig, als «wunderschön» und versicherte den Zuschauern: «Das Fahren mit diesem Auto macht immer Spass.»
Für die heiklen Abmachungen hat die Dolce Media laut «Spiegel» reichlich verdient. 1,2 Millionen Euro hat der DaimlerChrysler-Konzern für eine Kooperation bezahlt. Dolce Media wollte zu Details der Verträge nichts sagen, weil es «ausdrückliche Verschwiegenheitsklauseln» gebe, heisst es in dem Bericht.
Wie die Geschäfte genau abgewickelt wurden, bleibt unklar. Doch immer wieder fällt in deutschen Medien der Firmenname Dolce Media. Eine solche gibt es in München und eine gleichnamige wie erwähnt in Nidwalden. Und diese steht, wie aus dem Handelsregister hervorgeht, in Liquidation. Die «Dolce Media International AG» in Wolfenschiessen wurde mit Beschluss der Generalversammlung aufgelöst. Am 17. Juli 2012 wurde die Auflösung eingetragen.
Pikant: Liquidator der Firma ist der langjährige Freund der Gottschalks, Ulrich Leo Bettermann (66). Der Unternehmer mit einem Vermögen von 400 bis 500 Millionen Franken (gemäss «Bilanz«) weibelte schon 2004 bei den Brüdern für den Standort Zentralschweiz. Deshalb flog Bettermann damals die beiden Gottschalks nach einer Wettsendung in Luzern mit seinem Privatflugzeug über den Vierwaldstättersee. Bis anhin konnte er erst Christoph von den Vorzügen des Kantons Nidwalden überzeugen. Und bald auch Thomas? Laut «Wall Street Journal» ist sein Schloss Marienfels in Remagen (D) zurzeit zum Verkauf ausgeschrieben.
Der Fall Gottschalk betrifft die Schweiz aber noch in anderer Hinsicht: Da auch das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) «Wetten, dass ...?»-Sendungen bis vor einem Jahr ausgestrahlt hat, untersucht nun das Bundesamt für Kommunikation (Bakom), ob gegen hiesige Gesetze verstossen wurde. «Wir fordern bei der SRG Informationen an, um uns ein detaillierteres Bild über die Zusammenarbeit bezüglich «Wetten dass ...?» und allenfalls auch bei weiteren Koproduktionen zu machen», sagt Bakom-Sprecher Roberto Rivola.
Der Medienökonom Bjørn von Rimscha von der Universität Zürich sieht Versäumnisse beim SRF: «Es hätte wohl ein Hinweis eingeblendet werden müssen, dass in dieser Sendung Werbung gemacht wird.» Zudem kritisiert von Rimscha: «Wenn Marken so weit gehen und sogar dem Moderator auferlegen, wie er die Anmoderation zu machen hat, dann ist das problematisch. Dies, weil offensichtlich die redaktionelle Unabhängigkeit nicht mehr gegeben ist.»
Beim SRF schiebt man die Schuld von sich. «Bei Produktionen aus dem Ausland oder Koproduktionen sind grundsätzlich die Produzenten für die Einhaltung der Richtlinien verantwortlich», sagt Mediensprecher Jonathan Engmann. Bei US-Produktionen beispielsweise werde beim SRF auch nicht speziell auf Produkteplatzierungen hingewiesen: «Deklarieren muss immer derjenige, der dafür Geld erhalten hat.»
In welchen Sendungen das SRF von Product Placement profitiert, will der Sender nicht auflisten. Einziger Hinweis: In Nachrichten- und Kindersendungen, in Dokumentarfilmen und in religiösen Sendungen ist Product Placement nicht zulässig. «In anderen SRF-Formaten wie beispielsweise «Box Office», «Tierische Freunde», «Happy Day» oder «Myriam und die Meisterbäcker» ist Product Placement hingegen gestattet und wird auch eingesetzt», sagt Engmann.
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