Biathlon-WM
Tage der Wahrheit nach einer schwierigen Saison für Lena Häcki

An der Biathlon-Weltmeisterschaft in Slowenien wird sich weisen, welche Lehren die Innerschweizerin für Olympia ziehen muss. Es geht dabei auch um sensible Themen.

Rainer Sommerhalder
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Biathletin Lena Häcki hat den Formaufbau zumindest teilweise bewusst auf die WM ausgerichtet.

Biathletin Lena Häcki hat den Formaufbau zumindest teilweise bewusst auf die WM ausgerichtet.

Bild: Claudio Thoma/Freshfocus

Vielleicht wird ja tatsächlich alles gut. Der erwartete Kälteeinbruch in der slowenischen Hochebene rund um den WM-Ort Pokljuka sorgt für jene kompakten Loipenverhältnisse, die Lena Häckis kraftvollem Skatingstil entgegenkommen. Die angekündigte Formplanung mit dem absoluten Fokus auf die Weltmeisterschaft geht perfekt auf. Die Steigerung der Trefferquote am Schiessstand von 73 auf 81 Prozent hält auch an den wichtigsten Wettkämpfen der Saison Bestand. Dann, wenn das Temperament die 25-Jährige bisweilen dazu verleitet, zu hastig und zu schnell zu schiessen.

Und vielleicht findet sogar das im vergangenen Winter so erfolgreiche Staffelteam mit Schlussläuferin Häcki zu jener Leichtigkeit zurück, welche das Quartett damals zum Überraschungsteam schlechthin gemacht und seither leider auch zusätzlich unter Druck gesetzt hat. Nationaltrainerin Sandra Flunger traut es Häcki und ihren Teamkolleginnen jedenfalls zu. Sie sagt aber auch: «Unsere Athletinnen gehören sicher nicht zum Favoritenkreis.»

Potenzial in der Loipe noch nicht ausgeschöpft

Die bisherigen Weltcup-Resultate der Engelbergerin deuten wenig auf einen Exploit hin. In zwölf Einzelrennen schaffte sie es nie in die Top 10 und nur viermal in die ersten 30. Das ist ein klarer Rückschritt im Vergleich zur Saison 2019/20. Die gleichzeitige Leistungssteigerung beim Schiessen unterstreicht, wo sich Lena Häckis Defizite bislang befanden: in der Loipe.

Was, wenn die WM anstatt einer Rückkehr in die erweiterte Weltspitze die Eindrücke aus dem Weltcup bestätigt? Dann wird in der Analyse des «Probejahres im Hinblick auf die Olympischen Spiele 2022», wie die Innerschweizerin den aktuellen Winter bezeichnet, zweifellos Klartext gesprochen. Denn es wäre nicht ehrlich, Lena Häckis unbefriedigenden Leistungsausweis einzig mit dem bewussten Formaufbau für die WM zu begründen.

Es gibt ein weiteres, ebenso heikles wie mitentscheidendes Thema. Lena Häcki selbst spricht von «einigen Problemen im Sommer», von «einem hin und her». Ihre Trainerin Sandra Flunger nennt es «einen schwierigen Sommer mit einigen Trainingseinbussen». Ohne Diplomatie ausgedrückt heisst das: Häcki befand sich nach dem Sommertraining nicht in der athletischen Verfassung, welche es für einen Sprung in die Biathlon-Weltklasse braucht.

Die richtigen Schlüsse im Hinblick auf Olympia

Will die von Natur her eher robuste und kräftige Sportlerin in ihrer Karriere nochmals einen entscheidenden Leistungssprung machen, liegt der Fokus beim Körpergewicht. Auch wenn niemand dieses sensible Thema offen ausspricht.

Lena Häcki sagt, sie werde nach der Saison zusammen mit Trainerin Sandra Flunger «die richtige Strategie bestimmen, die zu einer Topsaison im Olympiajahr führen soll». Für die anstehenden Wettkämpfe vertraut sie auf den spürbaren Aufwärtstrend. «Ich fühle mich von Tag zu Tag besser. Das gibt mir ein richtig gutes Gefühl für die WM.» Häcki sagt rückblickend aber auch, es sei hart gewesen, den anderen Läuferinnen hinterherzulaufen. «Das war nicht immer einfach. Man beginnt am eigenen Plan zu zweifeln.»

Ein grosses WM-Ziel bleibt die Staffel. Wichtig sei jetzt, den Spass und den Teamspirit wieder zu finden, denn «wegen Corona haben wir gemeinsam weniger Zeit verbracht als üblich. Und wir haben auch weniger miteinander kommuniziert.»