Volley Schönenwerd steht heute zum zweiten Mal im Cupfinal. Passeur Reto Giger will bei seiner bereits vierten Teilnahme endlich jubeln.
Fast auf den Tag genau sechs Jahre ist es heute her, als Volley Schönenwerd zum ersten Mal in der Geschichte des Vereins im Schweizer Cupfinal stand. Am 28. März 2015 trafen die Schönenwerder in Fribourg auf Lausanne. Gerne erinnert man sich beim Klub aber nicht an diesen Tag zurück. Die Schönenwerder vergaben den Titelgewinn trotz mehreren Matchbällen im vierten Satz.
Drei Spieler des jetzigen Kaders waren damals schon mit dabei. Captain Leandro Gerber, der in der aktuellen Saison verletzungsbedingt nur zwei Spiele absolviert hat und auch heute nur Zuschauen kann. Mittelblocker Chris Frame, der ebenfalls nur wenige Einsätze hatte dieses Jahr und im Final wohl wiederum als Back-up von Shonari Hepburn und Mischa von Burg figurieren wird. Und Passeur Reto Giger, der heute bereits seinen vierten Cupfinal bestreitet.
Der Erste mit Schönenwerd vor sechs Jahren ist noch sehr präsent. «Es war sehr bitter. Wir lagen nach Sätzen 2:1 vorne und waren im vierten Satz auf gutem Weg, das Spiel zu gewinnen, haben es dann aber noch aus der Hand gegeben», denkt Giger an den Final 2015 zurück. Er weiss noch, dass Lausannes damaliger Diagonalangreifer Mladen Majdac eine überragende Leistung ablieferte. Und dass die Westschweizer aufgrund der drohenden Niederlage ihre Taktik am Service umstellten, was schliesslich zum Erfolg führte.
«Bis auf Jan Schnider hatten wir ein eher unerfahrenes Team. Wir spielten lange sehr effektiv, doch dann nahm der Druck von Lausanne immer mehr zu und sie kamen wieder heran», erinnert er sich. Der Spielverlauf ermahne ihn daran, dass man im Volleyball nie aufgeben dürfe, wenn man zurückliege. «Es ist auch nicht so einfach, den Match nach Hause zu bringen, wenn du vorne bist», führt er aus, «wenn du vor dem Sieg oder dem Titel stehst, darfst du einfach nicht nachlassen.»
2016 wechselte Giger zu Näfels. Während der ersten Saison bei den Glarnern teilte er sich die Passeur-Position mit dem Routinier Marco Gygli. Im Cupfinal 2017 wurde er eingewechselt, konnte die 1:3-Niederlage gegen Amriswil aber nicht mehr abwenden. Ein Jahr später, mittlerweile zum Zuspieler Nummer 1 aufgestiegen, verpasste er den Cupfinal aufgrund einer Verletzung.
«Davor waren wir auch in der Meisterschaft sehr gut auf Kurs, hatten gute Chancen auf den Titel. Im Final musste ich dann von draussen zusehen, wie es dem Team einfach nicht mehr lief», erzählt er. «Das war extrem bitter.» Näfels scheiterte erneut an Amriswil. Giger zog es nach der Saison 2017/18 für zwei Jahre ins Ausland nach Polen und Estland.
Nach seiner Rückkehr führte der 29-jährige Aargauer Volley Schönenwerd nun zum zweiten Mal in den Cupfinal. 2015 waren die Schönenwerder gegen Lausanne der Aussenseiter, jetzt sind sie laut Giger «leicht favorisiert». Im Viertelfinal setzten sich die Schönenwerder in der Best-of-5-Serie in vier Spielen durch.
«So klar überlegen waren wir nicht», mahnt er. «Brändli in der Mitte ist schon lange dabei, ihr Passeur ist gross und mit Nico Beeler und Caviezel haben sie zwei technisch sehr starke Aussenangreifer.» Und da wäre ja auch noch Diagonalspieler Bojan Strugar, der Topscorer der Qualifikation. «Es könnte eng werden. Ich bin gespannt auf den Fight», sagt Giger.
Lachend fügt er hinzu: «Ich hoffe, wir putzen sie weg.» Die Stimmung im Team sei gut, das Halbfinal-Aus vom Mittwoch verdaut. «Chênois hat vor allem im Rückspiel stark gespielt. Aber davon lassen wir uns nicht beeindrucken», sagt Reto Giger. «Im Training läuft es nach der Coronapause von Anfang Monat wieder besser. Wir sind wieder besser im Rhythmus und besser im Spielalltag drin.»
Einzig getrübt wird Schönenwerds zweite Cupfinalteilnahme durch die fehlenden Zuschauer. Unvergesslich bleibt für Giger die gelbe Schönenwerder Wand in der St.-Leonhard-Halle in Fribourg vor sechs Jahren. «Die Zuschauer sind einer der Hauptgründe, weshalb ich spiele», sagt er. «Wir hätten dieses Erlebnis natürlich viel lieber mit all unseren Leuten geteilt. Jetzt müssen wir uns heute halt selbst pushen auf dem Feld.»
Sechs Mal sind die Cupfinalisten in dieser Saison aufeinandergetroffen. In der Qualifikation gewannen beide Klubs je eine Begegnung. Als Dritter und Sechster kreuzten sich die Wege im Playoff-Viertelfinal. Die Schönenwerder, die in der Quali sieben Punkte mehr geholt hatten als Jona, setzten sich in der Best-of-5-Serie in vier Spielen durch.
Nachdem Schönenwerd die ersten beiden Spiele souverän für sich entschieden hatte, verkürzten die St. Galler die Serie, indem sie im dritten Duell einen 0:2-Rückstand aufholten. Die Schönenwerder taten es ihnen im vierten Spiel aber gleich und schafften nach einem 0:2-Rückstand den Einzug in die Halbfinals. Dort unterlagen sie Chênois ernüchternd deutlich, ohne auch nur einen Satz zu gewinnen. Jona dagegen setzte sich in der Klassierungsrunde gegen Basel durch und spielt nach dem Cupfinal gegen Näfels um den fünften Schlussrang.
Das heutige siebte Aufeinandertreffen der Saison beschert einem der beiden Klubs den ersten Titel der Vereinsgeschichte. «Ich habe erfahren, dass es das erste Mal seit dreissig Jahren ist, dass Jona wieder im Cupfinal steht. Für die Mannschaft und den ganzen Verein ist das bereits ein grosser Erfolg», äusserte sich Bojan Strugar im Vorfeld. Der Diagonalangreifer aus Montenegro war in der Qualifikation der Liga-Topskorer. 9,5 Punkte pro Spiel reichten im Viertelfinal aber nicht aus, um Schönenwerd zu bezwingen. Jetzt will er Revanche: «Wir wollen uns steigern und wir werden alles geben, um den Pokal am Ende in die Höhe stemmen zu können.»
Strugars Pendant Luca Ulrich blickt gerne auf die Viertelfinalserie zurück. Der Topskorer der Schönenwerder markierte in den vier Spielen im Schnitt 15,5 Punkte. «Mittlerweile kennen wir Jona gut», sagt der 24-jährige Aussenangreifer und verweist darauf, dass Schönenwerd auf dem Weg in den Cupfinal mit Amriswil und Lausanne zwei der besten Teams ausschaltete. «Wie wir Jona schlagen können, wissen wir. Wir haben viel Qualität. Die wird hoffentlich reichen, den Cup zu holen.»
Ulrichs Trainer Liam Sketcher wird hoffen, dass ihm sein 13. Spiel bei Volley Schönenwerd nicht Unglück bring. Neun zu drei lautet die Bilanz des Australiers. «Wir haben oft gegen Jona gespielt. Wir wissen, dass es kein einfaches Spiel wird. Es ist ein Team, das richtig kämpfen kann und uns herausfordern wird», sagt Sketcher und unterstreicht: «Es wird definitiv ein hartes Spiel.»
Dalibor Polak war lange als Spieler und danach als Trainer bei Näfels. Seit der vergangenen Saison ist er bei Jona. «Ich wünsche jedem Trainer, dass er einmal in seiner Karriere in einem Cupfinal dabei sein darf. Es ist ein grosses Erlebnis. Ich durfte es schon ein paar Mal erleben. Und mir ist wichtig, als Sieger vom Platz zu gehen», sagt der Tscheche.
«Schöni»-Präsident Yves Künzli freut sich auf den zweiten Cupfinal in der Klubgeschichte: «Es wird ein cooler Final. Ich finde es schön, dass Jona dabei ist. Ein genialer Verein mit einer hervorragenden Juniorenförderung. Es ist auch cool für die Zuschauer, dass zwei Vereine im Final stehen, die in den letzten Jahren nicht dabei waren.»
2010: Lausanne (3:0 gegen Lugano)