Riesenslalom
Odermatts Sieg weckt Erinnerungen an Carlo Janka – und im Gesamtweltcup könnte sich die Geschichte wiederholen

Carlo Janka gewann 2010 Olympiagold im Riesenslalom. Zwölf Jahre später gelingt das auch Marco Odermatt. Und im Gesamtweltcup könnte der 24-jährige Nidwaldner Janka ebenfalls bald als letzten Schweizer Sieger ablösen. Und das sind noch nicht alle Parallelen.

Martin Probst
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Marco Odermatt und der obligatorische Biss in die Goldmedaille.

Marco Odermatt und der obligatorische Biss in die Goldmedaille.

Jean-Christophe Bott / KEYSTONE

Als ob die Prüfung für Marco Odermatt nicht schon gross genug gewesen wäre, fing es auch noch an zu schneien. Nicht nur ein bisschen. Fast ein halber ­Meter Neuschnee legte sich auf die Piste.

Die ersten drei Athleten im Ziel wischten dann auch demonstrativ über ihre Skibrille, um zu symbolisieren, dass sie zwischen den Schneeflocken kaum etwas von der Piste erkannt hatten.

Doch Marco Odermatt liess sich von alldem nicht beeindrucken. Er fuhr trotz Fehler im ersten Lauf Bestzeit und wurde am Ende Olympiasieger.

Ein Happy End für beide

Und ein wenig erinnert Odermatts Geschichte auch an Carlo Janka. Der Bündner, der im Januar in Wengen seinen Rücktritt gab, war an den Olympischen Spielen 2010 im Super-G, in der Abfahrt und in der Kombination einer der Favoriten. Doch die erwartete Medaille gewann er nicht.

Gleiches erlebte Odermatt in China. Besonders im Super-G hatte er selbst viel erwartet. Doch dann schied der 24-jährige Nidwaldner aus. In der Abfahrt wurde er Siebter.

Janka gewann vor zwölf Jahren schliesslich im Riesenslalom doch noch die erwartete Goldmedaille. Der damals 23-Jährige sorgte damit für ein versöhnliches Ende. Genau wie Odermatt sein Happy End am Sonntag schrieb. Ebenfalls im Riesenslalom.

Carlo Janka gewann 2010 als 23-Jähriger Olympiagold im Riesenslalom.

Carlo Janka gewann 2010 als 23-Jähriger Olympiagold im Riesenslalom.

Keystone

Janka triumphierte am Ende jener Saison auch im Gesamtweltcup. In der für Skifahrer wertvollsten Wertung liegt Odermatt derzeit mit 375 Punkten in Führung. Auch dort wird er Janka also wohl bald als letzten Schweizer Gewinner ablösen.

Odermatt und der Druck

Nach dem Olympiasieg sagte Odermatt im TV-Interview: «Es wurde nach meinem Ausschieden im Super-G geschrieben, ich könne nicht mit Druck umgehen.»

Wo auch immer er das gelesen hat – seine Antwort auf der Piste hätte eindrücklicher nicht ausfallen können. Dass Odermatt ein Meister darin ist, sich mental auf seine Herausforderungen vorzubereiten, hört man von allen, die ihn gut kennen.

Und doch ist es immer wieder erstaunlich, wie abgebrüht er ist. Schliesslich – und das geht aufgrund seiner Erfolge in dieser Saison manchmal vergessen – ist Odermatt erst 24.

Der Olympiasieg ist sein erster grosser Titel. Zwar wurde er 2018 fünffacher Weltmeister bei den Junioren, aber das ist – so plump das klingen mag – eine andere Welt.

Fünfmal Gold um den Hals: Marco Odermatt an einem Empfang, nachdem er 2018 fünffacher Juniorenweltmeister wurde.

Fünfmal Gold um den Hals: Marco Odermatt an einem Empfang, nachdem er 2018 fünffacher Juniorenweltmeister wurde.

Urs Flueeler / KEYSTONE

Jetzt ist Odermatt Olympiasieger. Andere Skistars mussten darauf lange warten. Beat Feuz war 34, als er am vergangenen Montag die Abfahrt gewann und Lara Gut-Behrami bei ihrem Triumph im Super-G am Freitag ebenfalls schon 30.

An diese beiden erinnerte Odermatt dann auch zwei Tage vor dem Riesenslalom, als er auf den gewaltigen Druck ange­sprochen wurde.

Die Goldmedaille von Feuz wollte er nicht berühren

Natürlich. Etwas Selbschutz darf sein. Doch insgeheim erwartete er von sich schon mehr. Zwar wollte Odermatt die Goldmedaille von Beat Feuz nicht anfassen, weil er befürchtete, das könne Pech bringen.

Doch überlegt hat es sich der Nidwaldner schon, wie es wohl sein würde auf dem Podest mit dieser Auszeichnung um seinen Hals. Jetzt weiss er es.