Volley Luzern schlägt Favorit Amriswil nach 0:2-Rückstand mit 3:2. Damit steht erstmals ein Zentralschweizer Männerteam im Cupfinal.
Einen solchen Enthusiasmus hat in der Luzerner Bahnhofhalle bisher noch kein Volleyballspiel ausgelöst. 450 Zuschauer sorgten für eine grossartige Kulisse. Und als Shonari Hepburns Block im gegnerischen Feld landete, brachen alle Dämme. Es war nämlich der Matchball gewesen, nach fast zwei Stunden Spielzeit gewann Volley Luzern den Cup-Halbfinal gegen Amriswil mit 3:2. «Der Final in Freiburg ist etwas vom Grössten, es ist ein riesiger Event. Dass wir dort dabei sein werden, kann ich kaum fassen», jubilierte ein überglücklicher Tim Köpfli.
Der 23-jährige Aussenangreifer sprach mit etwas heiserer Stimme. Mehrere Akteure waren gesundheitlich angeschlagen, hatten erhöhte Temperatur oder Kopfschmerzen. Zudem war Captain Nick Amstutz wegen einer Fussverletzung nicht im Aufgebot. Doch irgendwie scheint diese Mannschaft nichts aus der Bahn zu werfen – weder die personellen Probleme noch der ungünstige Start ins Spiel. Denn zunächst sah am Sonntag alles nach einem lockeren Sieg von Amriswil aus. Die Thurgauer, die den Wettbewerb in den letzten drei Jahren gewannen und in der aktuellen NLA-Meisterschaft die Qualifikation auf Platz eins abschlossen, holten sich die ersten beiden Sätze relativ mühelos mit 25:21 und 25:18.
Doch dann herrschte plötzlich verkehrte Welt. Amriswil verlor den Fokus, Luzern fand mit dem Ausscheiden vor Augen zu mehr Leichtigkeit. Zwar gaben die Einheimischen im dritten Durchgang eine 18:12-Führung preis und mussten vor dem 26:24-Satzgewinn gar einen Matchball abwehren. Hepburn tat dies, wie später beim Verwerten des eigenen Matchballs, mit einem Block. In Satz vier zeigten die Luzerner dann aber die wohl beste Leistung in dieser Saison. Hatte Amriswils Passeur Rajko Strugar anfänglich die Luzerner noch mit Finten am Netz überrascht, gab es dort nun kein Vorbeikommen mehr. Und egal, wo die kraftvollen Abschlüsse der Thurgauer Angreifer landeten, meistens stand schon ein Luzerner am richtigen Ort. In der Offensive fanden sie derweil mit Entschlossenheit und Variabilität den Weg zum Erfolg
Mit einem 25:18 glichen sie das Skore aus und es kam schon wieder zum Tiebreak. Zum achten Mal in dieser Saison musste ein verkürzter fünfter Satz über Sieg oder Niederlage entscheiden. «Wir kennen diese Ausgangslage mittlerweile ziemlich gut», sagte Tim Köpfli lachend.
Es hätte aber nicht zur Dramaturgie dieser Partie gepasst, wenn der Höhenflug die Luzerner zum Sieg getragen hätte. Der Titelverteidiger aus Amriswil schien gerade rechtzeitig zu seiner Stärke zurückzufinden, ging mit 6:1 (!) in Führung. Doch die Ruhe, die Luzerns Trainer Liam Sketcher im Gegensatz zu seinem Amriswiler Antipoden Marko Klok ausstrahlt, scheint sich auf sein Team zu übertragen. Mit fantastischer Moral, Nerven aus Drahtseilen, grossartigem Teamgeist und viel spielerischer Qualität erzwangen die Luzerner nochmals die Wende.
Beim Stand von 13:13 nahm Sketcher ein letztes Timeout. Was sagt ein Trainer in so einem Moment zum Team? «In dieser Situation habe ich wenig Kontrolle. Was es braucht, sind Ruhe, Geduld und Vertrauen in die Spieler», erklärte Sketcher. Kurz darauf stand der erste Sieg in dieser Saison gegen Amriswil fest. Die Bahnhofhalle wurde zum Tollhaus und Volley Luzern schaffte Historisches. Noch nie stand ein Zentralschweizer Männerteam im Cupfinal. «Niemand in der Volleyballszene hätte uns das vor der Saison zugetraut», schwärmte Köpfli. Am 28. März in der St.-Leonhard-Halle in Freiburg können sich die Luzerner unsterblich machen. Der Gegner heisst Lausanne, und wer Luzern gestern spielen sah, weiss: Diesem Team ist alles zuzutrauen.
Schweizer Cup. Halbfinals. Männer: Volley Luzern - Amriswil 3:2. Lausanne UC - Schönenwerd 3:1. – Final: Volley Luzern - Lausanne (Samstag, 28. März, 17.30 Uhr in Freiburg).
Frauen: Düdingen - Aesch-Pfeffingen 2:3. Volley Lugano - Neuchâtel UC 0:3.
Volley Luzern – Amriswil 3:2
Bahnhofhalle. – 450 Zuschauer. – Sätze: 21:25, 18:25, 26:24, 25:18, 15:13. – Spieldauer: 118 Minuten. – Luzern: Hepburn, Köpfli, Fort, Ulrich, Gautschi (Libero), Buivids, Jucker; Widmer.
Wieder ging es über fünf Sätze, diesmal aber beanspruchte der Gegner das bessere Ende für sich: Volley Luzern verlor den zweiten NLA-Playoff-Viertelfinal (best of 5) in Näfels mit 2:3. Damit steht es im Gesamtskore 1:1-Unentschieden. Die Glarner begannen stilsicherer und gingen mit 2:0-Sätzen in Führung. Doch die Luzerner kämpften sich einmal mehr zurück und glichen den Spielstand in den nächsten beiden Durchgängen aus. Im Tiebreak vermochte Näfels einen Zacken zuzulegen (15:13) und beendete damit die zehn Spiele andauernde Siegesserie der Zentralschweizer. Die dritte Partie findet am kommenden Mittwoch (19.30 Uhr) in der Bahnhofhalle statt. (ss)