Formel 1
Halo - wenn ein Heiligenschein mehrfacher Lebensretter ist

Beim Grossen Preis von Silverstone entkam Alfa-Sauber-Pilot Guanyu Zhou nur knapp dem Tod. Nicht zum ersten Mal kam dabei eine 2018 eingebaute Schutzvorrichtung, die dem Gewicht zweier Elefanten standhält, einem Piloten zu Hilfe. Beim GP von Österreich wird Zhou wohl wieder mitfahren können.

Pascal Däscher
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Bilder des Schreckens beim Grossen Preis von Silverstone am vergangenen Wochenende: Dank der Halo-Schutzvorrichtung (siehe Cockpit) konnte Schlimmeres verhindert werden.

Bilder des Schreckens beim Grossen Preis von Silverstone am vergangenen Wochenende: Dank der Halo-Schutzvorrichtung (siehe Cockpit) konnte Schlimmeres verhindert werden.

Xavi Bonilla/Freshfocus / Panoramic/DPPI / freshfocus

Es sind schreckliche Bilder, die einem beim GP von Silverstone gezeigt werden. Der Alfa Sauber von Guanyu Zhou überschlägt sich nach einer Berührung mit Mercedes-Pilot George Russell Sekunden nach dem Start, ehe er über das Kiesbett rutscht und am Ende in den Fangzaun unmittelbar von den Zuschauern fliegt. Das alles bei einer Geschwindigkeit von etwa 200 km/h.

Nach dem schweren Unfall wird klar, dass der Chinese das Unglück unverletzt überstanden hat. Sein Lebensretter: der Halo, eine 2018 eingeführte Schutzvorrichtung, der den Kopf der Fahrer schützen soll. Auch in der Formel 2 hatte der Halo am selben Wochenende Schlimmeres verhindert.

Was ist Halo?

In den vergangenen Jahrzehnten setzte die Formel 1 klare Prioritäten: Die Autos müssen leistungsfähiger und zuverlässiger werden. Die Sicherheit der Fahrer stand dabei weniger im Vordergrund. Erst, als es vermehrt zu Todesfällen im Formel-Sport wie jenem von Jules Bianchi im Jahr 2014 kam, wurde die Forderung nach mehr Sicherheit immer lauter. Seitdem hat die FIA, der Dachverband des Formel-Sports, reagiert.

Die wohl wichtigste Massnahme zur Verbesserung der Sicherheit ist der Halo, der seit 2018 in der Formel 1 eingesetzt wird. Der Halo – was auf Deutsch soviel wie ‹Heiligenschein› bedeutet – ist ein etwa 9 kg schwerer Bügel, der direkt über dem Cockpit des Piloten angebracht ist.

Er besteht aus starken, leichten Titanrohren, die an drei Punkten mit dem Chassis des Autos verbunden werden. Der Halo einerseits verhindern, dass grosse Trümmerteile oder Objekte in das Cockpit gelangen können, andererseits soll das Halo-System vor Kollisionen mit einem anderen Rennwagen oder gar der Streckenbegrenzung schützen.

Das Halo-System kurz erklärt.

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Die Schutzvorrichtung muss dabei einem Gewicht von zwölf Tonnen standhalten, das entspricht etwa der Last zweier Elefanten oder einem Londoner Doppeldeckerbus. Nochmals anders ausgedrückt: Der Halo muss einem 20 kg schweren Rad standhalten, das mit 225 km/h auf den Halo abgefeuert wird.

Auch in anderen Formel-Klassen ist die Konstruktion Pflicht. Das System darf lediglich von drei von der FIA zugelassenen Unternehmen - und nicht von den Teams selber - hergestellt werden. Die Grundlagenforschung zum Halo leistete der Automobilhersteller Mercedes.

Halo als Lebensretter

Durch Halo sind wohl bereits mehrere Fahrer dem Tod entkommen oder zumindest vor schweren Verletzungen bewahrt. Lewis Hamilton zum Beispiel, der im Vorjahr in Monza nach einer Kollision mit Max Verstappen dessen Hinterrad voll auf den Kopf bekommen hätte.

Am Ende der Saison 2020 überlebte Romain Grosjean beim GP von Bahrain einen schweren Unfall, Halo rettete ihm mit allergrösster Wahrscheinlichkeit das Leben. Beim GP von Belgien vor vier Jahren zeigte der Halo erstmals seine Schutzwirkung, also Fernando Alonso über den Alfa Sauber von Charles Leclerc flog. Bereits nach diesem Vorfall liess die anfängliche Kritik am Halo-System stark nach.

Halo zunächst nicht erwünscht

Zu Beginn stand der Halo in der Kritik, insbesondere der damalige Formel-1-Boss Bernie Ecclestone oder auch Weltmeister Max Verstappen zeigten sich als dezidierter Gegner. Einerseits wurde am gewöhnungsbedürftigen Aussehen der Halo-Konstruktion gemäkelt, andererseits wurde moniert, die Fahrer würden in ihrer Sicht beeinträchtigt.

Doch diese Bedenken erwiesen sich als haltlos. Inzwischen wird der Halo von allen Seiten gelobt, die Fahrer haben sich längst an die Veränderung gewöhnt. Mercedes-Teamchef Toto Wolff ist einer derjenigen, der den Meinungswechsel vollzogen hat. 2018 sagte er noch, er würde den Halo am liebsten mit einer Kettensäge zerstören.

Zhou-Unfall wohl nicht der letzte

Der Halo ist zweifelsohne eine der grössten Errungenschaften für das Streben nach Sicherheit im Formel-Sport. Man darf nicht vergessen: Der schwere Unfall von Guanyu Zhou in Silverstone wird mit Sicherheit nicht der letzte gewesen sein, bei dem der Halo einem Fahrer das Leben rettet.