Eishockey
Kevin Schläpfer, Biels nervöser Hockeygott

Weil Trainer Kevin Schläpfer beim EHC Biel unantastbar ist, wird Daniel Steiner – immerhin sein bester Skorer in der Platzierungsrunde – zum Sündenbock für den Misserfolg.

Klaus Zaugg
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Aus dem Bieler Hockeygott Kevin Schläpfer ist seit der Nationalmannschafts-Affäre ein gewöhnlicher Trainer geworden.

Aus dem Bieler Hockeygott Kevin Schläpfer ist seit der Nationalmannschafts-Affäre ein gewöhnlicher Trainer geworden.

Keystone

Ist Kevin Schläpfer kein Hockeygott mehr? Noch vor einem Jahr wäre eine solche Frage absurd gewesen. Da war er eine der bekanntesten Hockey-Persönlichkeiten im Land. Und so war es nur logisch, dass ihn der Verband im letzten Herbst gerne als Nationaltrainer gehabt hätte.
Kevin Schläpfer hat unter Tränen (und mit Vertrag bis 2018) darauf verzichtet, Nationaltrainer zu werden. Inzwischen ist er in Biel nach wie vor ein guter, aber «nur» noch ein gewöhnlicher Trainer. Bei einer weiteren Niederlage in den Playouts gegen Langnau wird Biel die Saison auf dem zwölften und letzten Platz der NLA beenden. Weil die Lakers gestern gegen Ajoie 4:3 nach Verlängerung gewonnen haben, drohen für Biel und Langnau nach wie vor die Liga-Qualifikation und der Abstieg.
Kevin Schläpfer hat in den letzten Wochen viel von seinem Charisma verloren. Er wirkt in diesen Tagen angespannt. Wie ein nervös gewordener «Hockeygott». Die lockeren Sprüche sind kurzen, knappen Antworten gewichen. Nichts illustriert seine Wandlung vom Hockeygott zum gestressten Trainer besser als sein Zerwürfnis mit Daniel Steiner (35).
Daniel Steiner ist ein freundlicher Rock’n’Roller. Im letzten Playoutspiel gegen Langnau (1:3) sass er auf der Tribune. Der beste Skorer der Platzierungsrunde (10 Spiele/9 Punkte) ausgemustert – und nach dem Spiel beklagt sich der Trainer über fehlende Offensivkraft.

«Wir hatten genug Chancen, um das Spiel zu gewinnen. Aber wir sind im Abschluss zu wenig kaltblütig.» Was einen boshaften Chronisten zur Bemerkung veranlasst, es fehlte halt der Topskorer. Kevin Schäpfer überlegt kurz und sagt dann: «Das ist eine provokative Bemerkung.» Da hat er recht. Wenn der statistisch beste Stürmer nicht spielen darf, so ist das eine provokative Frage wert.
Daniel Steiner sagt: «Ich bin topfit. Aber wenn Sie wissen wollen, warum ich nicht spiele, dann fragen Sie bitte den Trainer.» Kevin Schläpfer sagt, es gebe keine Probleme. «In den letzten Partien wirkten ein paar Spieler etwas ausgebrannt. Dazu gehört auch Daniel Steiner. Deshalb habe ich ihn durch einen frischeren Spieler ersetzt.»

Steiner will wohl nach Langnau

So einfach ist die Sache nicht. Das Zerwürfnis ist nicht mehr zu kitten. Daniel Steiner hat sein Herz längst bei seinen Gewährsleuten in Langnau ausgeschüttet (wo er insgesamt acht Saisons gespielt hat) und sich bitter über die ungerechte Behandlung durch den Trainer beklagt.

Dabei hat er durchblicken lassen, dass in Biel rund um Kevin Schläpfer längst nicht mehr alles Gold sei was glänze. Steiners Vertrag mit Biel läuft zwar noch eine weitere Saison bis 2017. Aber eine Scheidung per Saisonende lässt sich kaum mehr vermeiden.

Daniel Steiner sagt: «Ich habe einen Vertrag. Mehr kann ich nicht sagen. Aber es stimmt: Langnau ist der Klub meines Herzens.» Was er wohlweislich nicht sagt: Beim «Herzausschütten» in Langnau ist ihm verheissen worden, dass man ihn, den verlorenen Sohn, nicht vergessen habe. Was man auch so deuten kann: eine Rückkehr ist möglich, wenn er mit Biel eine Lösung findet (er verhandelt selber und hat keinen Agenten mehr) und bereit ist, in Langnau für weniger als 200 000 Franken Salär auf Torjagd zu gehen.
Kevin Schläpfer hat Glück: das Verpassen aller Saisonziele (Playoffs oder wenigstens Platz 10 und damit verbunden der vorzeitige Ligaerhalt) wird noch nicht ihm angelastet. Der Sündenbock heisst Daniel Steiner und der wird nicht, wie die Sündenböcke zu biblischen Zeiten, in die Wüste geschickt. Sondern bald ins Emmental transferiert.