Biathlon
Benjamin Weger freut sich auf die bevorstehende Premiere in der Lenzerheide

Erstmals werden sich die Schweizer Biathleten in der Heimat auf die neue Saison vorbereiten. Dies spielt Teamleader Benjamin Weger in die Karten. Der 27-Jährige will sich im Weltcup diese Saison wieder zurück nach oben kämpfen.

Rainer Sommerhalder
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Wegers Weg soll wieder nach oben führen.

Wegers Weg soll wieder nach oben führen.

Keystone

Der November gehört nicht zu den Favoriten von Benjamin Weger. Die traditionelle dreiwöchige Weltcup-Vorbereitung der Schweizer Biathleten tief im skandinavischen Norden ist dem 27-Jährigen nie ans Herz gewachsen. Dafür ist es ihm dort viel zu dunkel und das Essen zu speziell und einseitig. «Das hat mir jeweils richtig aufs Gemüt geschlagen», gibt die Obergommer Frohnatur zu.

So kommt es, dass er sich als Walliser nun sogar auf eine Premiere in den Bündner Bergwelt freut. Die neue Biathlon-Arena in der Lenzerheide mit 30 Schiessständen öffnet am 1. November ihre Tore – mit einer präparierten, zwei Kilometer langen Loipe auf Schnee. Das Nationalkader wird den letzten Schliff für die Saison erstmals nicht in Norwegen holen, sondern drei Wochen in heimischen Gefilden trainieren. Für Benjamin Weger buchstäblich wie Tag und Nacht. «Ich freue mich auf dieses Experiment – auf die Sonne, die Berge, das Essen.»

Weger will zurück nach oben

Es ist für den passionierten Fliegenfischer ein Schritt aus der Dunkelheit. Auch im übertragenen Sinn. Während seine Karriere bis vor drei Jahren nur eine Richtung – steil nach oben – kannte, kämpft der Schweizer Teamleader seither mit Stagnation und sogar Rückschritt. Das ging so weit, dass ihn Swiss Ski nach der vergangenen Saison aus der Nationalmannschaft ins A-Kader zurückstufte.

Das Laufen hat Weger nicht verlernt, aber im Schiessstand hapert es. Das Liegendschiessen macht ihm mit bedrohlicher Regelmässigkeit einen Strich durch die Rechnung. Der Schweizer Newcomer des Jahres 2012 spricht offen über seine Durststrecke. Er redet nichts schön, lässt aber auch keine Zweifel daran, wohin ihn sein Weg führen soll. Zurück aufs Podest, wo Benjamin Weger in der Weltcupsaison 2011/12 bereits dreimal stand. Eine Olympiamedaille 2018 in Südkorea hat er sich als unbescheidenes Ziel gesteckt.

Dass Weger es kann, beweist dieser dritte Platz in Hochfilzen, 2011.

Dass Weger es kann, beweist dieser dritte Platz in Hochfilzen, 2011.

Keystone

Gute Saisonvorbereitung

«Meine Karriere verlief immer steil nach oben. Ich hatte das Gefühl, es gehe stets so weiter. Nach meinen Podestplätzen war für mich sonnenklar, dass bald der erste Weltcupsieg folgen würde», sagt Weger rückblickend. Dafür gab er alles. Wohl zu viel. In die Saison 2012/13 stieg der Oberwalliser mit einem veritablen Übertraining. Auf einmal stockte sein Höhenflug, was für ihn eine vollkommen neue Situation war. «Der Kopf begann zu arbeiten. Es ging nicht mehr automatisch, ich kam ins Grübeln.»

2012 wurde Weger zum Schweizer Newcomer des Jahres gewählt.

2012 wurde Weger zum Schweizer Newcomer des Jahres gewählt.

Keystone

Dazu kam eine neue Situation im Betreuerteam, wo ein junger Trainer zuerst Lehrgeld bezahlen musste. Inzwischen sind die Schweizer im läuferischen Bereich wieder sehr gut dabei, was die riesigen Fortschritte von Serafin Wiestner beweisen. Doch Weger selber musste eingestehen: «Ich bin nicht mehr der unbeschwerte Typ wie noch vor einigen Jahren.»

Doch er sieht sich «auf dem Weg zurück». Dafür spricht die steigende Tendenz gegen Ende des letzten Winters. Dafür spricht auch das gute Gefühl in der bisherigen Saisonvorbereitung. Und dafür spricht vor allem, dass sich Benjamin Weger geöffnet hat für einige unterstützende Elemente, damit aus zu viel Nachdenken wieder Automatismen werden.

«Ich habe es drauf»

Er macht nun sehr viel Trockentraining im Schiessen, auch wenn das nicht zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehört. Er arbeitet mit einem Mentaltrainer zusammen, was bei einem früheren Versuch «noch nicht so gepasst hatte». Nach jedem Training notiert er sich auf Zetteln die Punkte, welche gut und nicht gut waren. Dann wirft er die negativen in den Papierkorb. So lernte er, diese abzuhaken, nicht mehr ständig daran herum zu studieren.

«Es musste einfach etwas gehen», sagt Weger und ist überzeugt, dass in den Sommermonaten etwas gegangen ist. Er hat miterlebt, «wie etwas ganz Banales grosse Auswirkungen haben kann». Jetzt wisse er, dass die Richtung wieder stimmt. «Ich habe es drauf. Nun muss einfach dieser Killerinstinkt wieder kommen, der einen guten Läufer von einem Podestläufer unterscheidet.»

Benjamin Weger arbeitet an seiner Schwachstelle: Im Schiessstand haperte es beim besten Schweizer Biathleten bislang gewaltig.

Benjamin Weger arbeitet an seiner Schwachstelle: Im Schiessstand haperte es beim besten Schweizer Biathleten bislang gewaltig.

Rainer Sommerhalder

Die Antwort darauf findet Benjamin Weger erst, wenn es in einem Monat im Weltcup wirklich zählt. Dank Bündner Sonne und Schweizer Essen immerhin schon mal mit einem Lächeln im Gesicht und einem guten Gefühl im Bauch.