Klub der jungen Geschichten
Der Karibiktraum

Eleonor Domont, Buonas, 5. Primar

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Ich stieg in den Keller. Dort schien ein Licht aus dem Schrank, den seit Ewigkeiten niemand nicht mehr geöffnet hatte.

Langsam tastete ich mich nach vorn. Überall was es stockdunkel und mein Blick schweifte zum funkelnden Kasten. Hätte ich ihn öffnen sollen? Sicher gab es einen Grund, warum der Schrank nie mehr geöffnet wurde. Andere Mädchen hätten ihren ganzen Mut zusammengenommen, doch ich zitterte vor Angst und wusste nicht was zu tun war. Sollte ich das Geheimnis lüften? Mit Risikobereitschaft trat ich vor den Schrank. Ich hielt kurz inne und schützte meine Augen vor dem Flackern, das auf mich zukam, griff nach dem Schrankgriff und war zu allem bereit.

Zu meiner Überraschung war der Schrank wie leergefegt. Ich blickte in alle möglichen Richtungen und dachte laut vor mich hin: «Das ist doch albern. Wie in einem Märchen.» Trotzdem schloss ich den Schrank. Nun stand ich da im Möbel und es flimmerte nicht mehr. Ich lehnte mich gelangweilt gegen den Schrank und fiel durch die Holzwand.

Fasziniert und erschrocken schaute ich mich um. In was war ich da nur hineingeraten? Würde ich jemals wieder nach Hause finden? Ich konnte es immer noch nicht fassen: Ich war auf einem Steg, am Wasser, mit Palmen um mich herum. Das war eindeutig die Karibik! Der Himmel war blau, keine Wolken waren zu sehen. Viele Stege kreuzten sich. In welchem Film war ich gelandet? In Sekundentempo raste ein braungekleideter Mann an mir vorbei. Der machte eine grosse Runde auf den Stegen und man hörte das Holz knacken. Er fiel durch die Holzplanken hindurch und blieb mit einem Fuss stecken.

Jetzt wurde es mir klar: Ich war im Fluch der Karibik gelandet. Eindeutig! Die Gestalt, die an mir vorbei gesprintet war, war niemand anderes als Käpt’n Jack Sparrow. Ich musste ihm helfen, doch würden mich die Wilden dann auch verfolgen. Da ich den Film schon kannte zweifelte ich an der Situation und entschied mich dafür. Fast hätte ich meine Schritte scheppern gehört. So aufgeregt war ich in diesem Moment. Bevor ich ihn befreien konnte, holte er ein kleines Werkzeug hervor und brach in das Holz hinein. Tapfer rannte er weiter und machte sich nichts aus den paar Schürfungen an seinem Bein. Ich sah im verblüfft hinterher. Nach einem kurzen Blinzeln war der Käpt’n aber wieder verschwunden.

Vor mir stand plötzlich ein Häuschen, dass ich gar nicht bemerkt hatte. Es war nicht irgendein Haus, sondern das von meiner Familie! Entsetzt überlegte ich: Wir wohnen doch nicht in der Karibik! Entschlossen trat ich in das gelbe Häuschen. Ich befand mich wirklich, auf unserem Grundstück. Allmählich wurde es mir zu viel. Die Treppe rauf und dann in mein Zimmer. Ich legte mich erschöpft ins Bett und ruhte mich aus. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ich einschlief.

Ich schreckte schweissgebadet hoch und rannte als erstes zum Fenster. Bruchstückhafte Sekunden vergingen, als ich aus dem Riesenfenster guckte. Aber nichts anderes als die Strasse sah ich: Keine Karibik! Erleichtert schlurfte ich die Treppe runter und hörte unserem Küchenradio zu: «Gestern Abend wurde an der westlichen Küste der Karibik eine unheimliche Gestalt gesichtet. Der Mann sah genauso aus, wie Käpt’n Jack Sparrow!». Ich hielt den Atem an und bekam Schluckauf.