Oensingen
Rohr-Debakel: «Die Absicht war gut, aber es wurde gegen die Regeln verstossen»

Ein Untersuchungsbericht bringt Licht in das Debakel beim Wasserleitungseinbau am Sternenweg in Oensingen. Der Gemeindrat hat Stellung bezogen. Der Bericht wird der ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom Montag, 17. März präsentiert.

Alois Winiger
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Die längst verlegten Rohre des Anstosses beim Sternenweg

Die längst verlegten Rohre des Anstosses beim Sternenweg

Alois Winiger

Die Spannung war gross an der Budgetgemeindeversammlung Oensingen im Dezember 2013: Die Geschäftsprüfungskommission sollte bekannt geben, was im Zusammenhang mit dem Ersatz der Wasserleitung im Sternenweg dermassen schiefgelaufen war, dass die Gemeindeversammlung vom 23. September 2013 den erforderlichen Kredit von 700 000 Franken mit grossem Mehr abgelehnt hatte.

Doch der Präsident der Geschäftsprüfungskommission, Nino Tonsa, meldete damals, aufgrund der Komplexität des Falles habe die Zeit für eine gründliche Aufarbeitung nicht gereicht. Nun liegt ein sehr detaillierter und klar verständlicher Bericht vor, erstellt aufgrund eines umfangreichen Fragenkatalogs.

Beim Studium der 24 Seiten wird klar, warum die GPK so viel Zeit brauchte. Fazit: Bei der Kreditvergabe und beim Submissionsverfahren wurden Fehler gemacht und es liegen Regelverstösse vor.

Doch immerhin hält die GPK fest: «Die Absichten waren gut und im Sinne der Gemeinde.» Die Behörden und Institutionen der Einwohnergemeinde Oensingen hätten sich im Verlauf der Untersuchungen kooperativ gezeigt. «Auskünfte wurden erteilt, wenn auch nicht immer in der gewünschten Geschwindigkeit.»

«Ausführlich und korrekt»

Der Bericht wird an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung vom Montag, 17. März, präsentiert. Der Gemeinderat nimmt in der Botschaft zur Versammlung bereits Stellung dazu: «Der Bericht ist ausführlich und korrekt verfasst.»

Es seien bei diesem Geschäft unbestritten Fehler gemacht worden; «jedoch bestand bei den Handlungen und Entscheidungen der Verantwortlichen immer nur die Absicht, für die Einwohnergemeinde bestmöglich vorzugehen.»

Man werde die Lehren aus diesem Projekt ziehen und in Zukunft solche Fehler vermeiden. «Als wichtigen Punkt erachtet der Gemeinderat das grundsätzliche Vorgehen bei Ausschreibungen in Bezug auf Produktewahl und Vergabekriterien.» Die Werkkommission hat nun den Auftrag erhalten, diesen Themen anzunehmen.

Fehler bei Kreditvergabe

«Die GPK kann nicht schlüssig nachvollziehen, weshalb ein Kreditantrag nicht bereits früher dem Gemeinderat vorgelegt und beispielsweise an der Gemeindeversammlung vom 24. Juni zur Abstimmung gebracht wurde», heisst es im GPK-Bericht.

Denn spätestens seit dem 1. März 2013 müsse den Gemeindeverantwortlichen bekannt gewesen sein, dass beim Sternenweg wegen der Fernwärmeleitung eine Planänderung nötig sei.

Das Geschäft sei aber erst am 9. September dem Gemeinderat vorgelegt worden und dann am 23. September an der Gemeindeversammlung zur Abstimmung gelangt. Die Bauarbeiten hingegen liefen bereits seit dem 2. September.

Im Rat wurde das Vorgehen mit dem Zeitdruck begründet, da die AEK Energie AG bereits Wärmelieferungsverträge abgeschlossen habe. Folglich musste die Fernwärmeleitung 2013 eingebaut werden.

Deren Einbau im Sternenweg und die Erneuerung der dort zu ersetzenden Wasserleitung zu kombinieren sei aus Kostengründen auf der Hand gelegen. Allerdings wollte die Gemeinde die Wasserleitung erst 2014 erneuern, ein Kredit stand nicht zur Verfügung.

Das führte dazu, dass der Gemeinderat von der üblichen reglementarischen Kreditvergabe abwich und damit seine Kompetenzen überschritt. Es gebe zwar für dringliche Fälle eine Ausnahmeregelung, schiebt die GPK ein; sie bezweifelt aber, ob diese hier gegeben wäre.

Reglementverstoss bei Submission

Zuständig für die Submission bzw. das Vergabeverfahren ist gemäss Reglement der Gemeinde Oensingen die zuständige Kommission, will heissen die Werkkommission. «Diese wurde in den Prozess allerdings nicht involviert, was einem Reglementsverstoss entspricht», fand die GPK heraus, stellt aber auch fest, dass die Werkkommission kaum Kompetenzen habe, was wiederum im Widerspruch zum Submissionsreglement steht, «wo ihr grosse Kompetenzen eingeräumt werden.»

Für sehr grosse Aufregung gesorgt hatte bei der erwähnten Budgetgemeindeversammlung vom Dezember 2013, dass nicht Rohrmaterial der ortsansässigen vonRoll hydro (suisse) AG verlegt wurden. Ein Konkurrenzprodukt war bei der Ausschreibung des Auftrags bereits definiert worden.

Den Entscheid dazu haben laut Bericht der Leiter Bau, der Brunnenmeister, der Chef Werkhof und der Projektingenieur von BSB + Partner gemeinsam gefällt. Grundsätzlich sei die Vergabe reglementarisch richtig verlaufen, hält die GPK fest.

Nicht Folge geleistet worden sei hingegen dem Grundsatz, dass nach Möglichkeit die Leistung und nicht das spezifische Produkt auszuschreiben sei. Es hätte der Vermerk «oder gleichwertig» angebracht werden müssen. «Eine schlüssige Begründung, warum nur ein Rohrtyp zugelassen wurde, kann die GPK nicht erkennen.»

Trotz der erwähnten Abweichungen vom «idealtypischen und reglementarischen Ablauf der Submission gilt es aber dennoch festzuhalten, dass gegen den Vergabeentscheid keine Beschwerde eingegangen ist.»

Welcher Ausweg ist richtig?

«Für den vorliegenden Fall gilt es einen Ausweg zu finden, bei dem die Gemeinde finanziell möglichst unbeschadet davon kommt», schreibt die GPK. Auf einen Rückbau der bereits erledigten Arbeiten sei auf jeden Fall zu verzichten.

«Das hätte enorme Kosten zur Folge und grenzte an Schildbürgertum.» Die GPK empfiehlt dem Gemeinderat, der Gemeindeversammlung den Kreditantrag noch einmal stellen und sieht zwei Varianten: Die erste umfasst die Bewilligung des Geschäfts, so wie es ursprünglich vorgelegt wurde.

Gleichzeitig entschuldige sich der Gemeinderat für die Fehler und erkläre dass aufgrund der Erkenntnisse Massnahmen ergriffen werden.

Die zweite Variante umfasst die Neuausschreibung des Teils Nord inkl. nachträglicher Bewilligung des Teils Süd. Dabei seien Folgekosten – Entschädigung des Ausschreibungsgewinners, steigende Unannehmlichkeiten der Anwohner etc. – zwingend abzuschätzen und vorzulegen.

«Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt in der breiten demokratischen Legitimation durch die Gemeindeversammlung. Sie birgt hingegen die Gefahr, dass die Versammlung Mehraufwände beschliesst, oder sogar die Alternativ-Variante ebenfalls ablehnt, sodass die Gemeinde wieder am Anfang wäre.»