Theater Mausefalle
«Effi Briest»: Im Zwang der Konventionen

Das Theater Mausefalle inszeniert mit «Effi Briest» ein Stück, das auch nach 100 Jahren noch aktuell ist.

Helmuth Zipperlen
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Das Stück «Effi Briest» mit Jörg Studer und Thea Burkhardt wird vom Ensemble der Mausefalle bis im Juli aufgeführt.

Das Stück «Effi Briest» mit Jörg Studer und Thea Burkhardt wird vom Ensemble der Mausefalle bis im Juli aufgeführt.

Zvg

Das herrschaftliche Ambiente bietet einen adäquaten Hintergrund zur Theaterversion des Romans «Effi Briest», welche vom Team der Mausefalle mit starken schauspielerischen Leistungen zum Leben erweckt wird. Ein Sommerabend, das Vogelgezwitscher, ein Schlosspark. Bei der Premiere war sogar der Wettergott dem Anlass wohlgesinnt. Als Franziska zu Effi sagte, sie höre wohl Stimmen, setzte wie auf Stichwort der Donner ein.

Theodor Fontanes Gesellschaftsroman erschien 1894/95 in Fortsetzungen in der «Deutschen Rundschau», Berlin. Basierend auf wahren Begebenheiten hat der Schriftsteller sich etliche künstlerische Freiheiten herausgenommen, um die wahren Betroffenen zu schonen. Vieles ist im Roman nur angedeutet, was letztlich die litera-rische Qualität desselben ausmacht.

Der Roman wurde mehrfach verfilmt und als Theaterstück adaptiert. Die von der Mausefalle gewählte Fassung stammt von Amélie Niemeyer und Thomas Potzger. Sie löst die Handlung in viele kleine Szenen auf und nimmt Zeitsprünge in Kauf. Geschickt arrangierte Möbel und Requisiten kennzeichnen vor dem Schlosseingang die Schauplätze. Die an den Konventionen der damaligen Zeit zerbrechende Effi ist auch Symbolfigur für die Emanzipation. So passt denn die Aufführung gut ins 50-Jahr-Jubiläum des Frauenstimmrechts. Jana Zimmermann, Sofia Mészàros und Lénie Schütz sind das Inszenierungsteam.

Eine arrangierte Ehe

Luise, Effis Mutter, war einst in den jungen Baron von Instetten verliebt, doch dieser ging zum Militär und sie heiratete Briest. Nun hat der Baron seine militärische Karriere beendet und will eine Familie gründen. Deshalb hält er um die Hand von Luises siebzehnjähriger Tochter Effi an. Effi, noch ein verspieltes Kind, ist einesteils geschmeichelt, einen Baron zu heiraten, anderseits entspricht er nicht dem Typ, den sie sich als Ehemann gedacht hat. Effi wird also Frau Baronin und Eigentum ihres Mannes. Dieser betreibt zielstrebig eine politische Karriere am Kaiserhof und lässt Effi allein auf dem Gut in Kessin, Hinterpommern, zurück. Zudem schürt er in ihr Ängste durch eine Spukerzählung über einen mysteriösen Chinesen, welcher beim ehemaligen Besitzer des Gutes lebte und dort gestorben ist. Manchmal nimmt er sie an gesellschaftliche Anlässe mit, doch Effi langweilt sich dort. Mit dem Major von Crampas, welcher seit dem Militärdienst mit Instetten befreundet ist, tritt nun eine Person in Effis Leben, welche das Leben zu leben versteht. Sie erlebt eine Romanze mit ihm, was schliesslich, Jahre später, zum tragischen Ende führt, da Instetten sich in seiner Ehre gekränkt fühlt. In dieser Theaterversion wird vieles nur leicht angedeutet, so wird diese Romanze nur in wenigen kurzen Szenen manifest.

Die Adaption des Romans in dieser Form ist diskutierbar, doch die Leistungen der Darstellerinnen und Darsteller machen die Aufführung zum Erlebnis. Thea Burkhardt, Sven Witmer und Gregor Wild verkörpern die drei Hauptrollen ideal. Als kleine Landadelige überzeugen Jörg Studer und Dominique Lysser als Eltern Briest. Die in kleineren Rollen besetzten Rahel Kasser (Johanna), Sophie Nyfeler (Roswitha), Hanspeter Rolli (Gieshübler/Kruse) und auch die erstmals spielende Léonie Studer als Annie komplettieren das Ensemble.