Der Gemeinderat und der Kantonsrat waren sich einig: Es soll noch einmal geprüft werden, ob der geplante RBS-Bahnhof in Solothurn nicht doch mit Obergeschossen möglich wäre.
Ist der Zug bereits abgefahren? Oder kann man ihn noch zurückpfeifen und kurz anhalten, bevor er in Fahrt kommt? Die Sprache ist nicht von einem Zug, sondern vom Neubauprojekt des RBS-Bahnhofs in Solothurn. Dass es dieses braucht, steht ausser Frage. Doch als der Regionalverkehr Bern-Solothurn (RBS) verkündete, dass die einst vorgesehenen Etagen oberhalb des Perrons wegfallen, führte dies zu enttäuschten Reaktionen. Und zu einem Aufbegehren einiger Politiker.
Sowohl im Solothurner Gemeinderat wie auch im Kantonsrat wurde ein Vorstoss eingereicht. Das Ziel: Es soll nochmals geprüft werden, ob nicht doch noch Obergeschosse möglich sind. Dazu sollen Gespräche mit möglichen Investoren sowie der RBS geführt werden.
Das Anliegen fand in beiden Räten eine klare Mehrheit. Im Gemeinderat sprachen sich 19 dafür aus, bei fünf Nein-Stimmen und sechs Enthaltungen. Wenige Wochen später war auch der Kantonsrat dafür, das Resultat fiel noch eindeutiger aus: 79 sagten Ja, neun Nein, sechs Kantonsräte enthielten sich. Es wurde aber von mehreren Seiten betont, dass der RBS nicht dazu gezwungen werden kann.
Dies ist auch Urs Unterlerchner (FDP) bewusst, der den politischen Stein ins Rollen brachte. Doch er will nicht, dass man am Schluss einer verpassten Chance nachtrauert. «Es ist ein Rettungsversuch fünf Minuten vor zwölf», sagt Unterlerchner. Es sei klar, dass sich auch der RBS ein anderes Vorgehen gewünscht hätte. Doch vieles sei suboptimal gelaufen. Wie etwa die Kommunikation und die Kontaktaufnahme mit allfälligen Investoren. «Es geht nicht darum, jetzt etwas zu erzwingen», sagt Unterlerchner und ergänzt:
«Wenn nach drei Monaten kein konkretes Interesse von Investoren besteht, hat sich das Thema mit den Obergeschossen erledigt.»
«Der Stadt liegen Schreiben von Investoren vor, welche ohne genaue Kenntnis der Ausgangslage ein allgemeines Interesse bekunden», bestätigt das Stadtbauamt auf Anfrage. Man werde nun dem RBS Kontakt aufnehmen und die verschiedenen Möglichkeiten und das Vorgehen besprechen.
«Weiter wird die Stadt die Investoren, welche ein allgemeines Interesse bekundet haben, schriftlich über den Projektstand und die Ausgangslage informieren», schreibt die Stadt weiter über den Stand der Dinge. Bestehe anschliessend seitens eines Investors ein konkretes Interesse, werde dieser aufgefordert, dies schriftlich zu bestätigen und das weitere mögliche Vorgehen aufzuzeigen.
Für Obergeschosse oberhalb des Perrons hat sich der Verein Sovision Espace Solothurn starkgemacht, der sich für die Förderung von wirtschaftlichen Interessen und von kreativen regionalen Projekten einsetzt. Man sei erleichtert, dass sowohl der Gemeinderat wie auch der Kantonsrat die jeweilige Vorlage als erheblich erklärt habe, schreibt Vereinspräsident André Naef auf Anfrage.
«Die Entscheide bestätigen uns in unserer Einschätzung, dass hier eine grosse Chance voreilig vergeben worden wäre.» Das Potenzial des Areals sei gross, die Nutzung nicht ausreichend geprüft. «Wir hoffen vor allem, dass nun auch der RBS einlenkt, sich die erforderliche Zeit nimmt und zusammen mit der Stadt Solothurn, dem Kanton und interessierten Investoren ein Projekt mit einer Mantelnutzung verfolgen wird, so, wie es ursprünglich vorgesehen war.»
Und was sagt eigentlich der RBS dazu? Der Verkehrsbetrieb gibt sich bedeckt: «Wir haben über die Medien von den überwiesenen Vorstössen erfahren», heisst es auf Anfrage. Man warte die Kontaktaufnahme von Stadt und Kanton ab und werde sich dann mit deren Fragen und Forderungen auseinandersetzen.
Zur Sachlage geäussert hat sich aber schon der Verwaltungsratspräsident der RBS. Denn dies ist Kurt Fluri, der, als das Geschäft im Gemeinderat behandelt worden ist, auch noch Stadtpräsident war. Er selber werde bald nicht mehr Stadtpräsident, sondern nur noch Präsident der RBS sein, betonte er damals, wie im Protokoll festgehalten ist.
Und fügte gleich an: Der RBS könne keine weiteren Zeitverzögerungen in Kauf nehmen, ansonsten werde der Bahnhof in Solothurn nicht gleichzeitig mit dem Bahnhof in Bern fertiggestellt.