Solothurn
«Die Solothurner Torte... Sie gibt mir zu denken»: Was Alain Berset zum 2000. Geburtstag der Stadt sagt

Zu Gast am offiziellen Jubiläumsanlass «2000 Jahre Stadt Solothurn» war auch Bundesrat Alain Berset. Er zählte 11 Gründe auf, warum der runde Geburtstag ein Freudentag ist.

Fabio Vonarburg
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Bundesrat Alain Berset am Jubiläumsanlass der Stadt Solothurn.

Bundesrat Alain Berset am Jubiläumsanlass der Stadt Solothurn.

José R. Martinez

Es war wieder einmal einer dieser Momente, in dem der Gast dem Geburtstagskind beinahe etwas die Show stahl. Doch: Bei welcher Geburtstagsparty ist schon ein Bundesrat zu Gast? Am Jubiläumsanlass 2000 Jahre Stadt Solothurn war Bundesrat Alain Berset vor Ort. In seiner Rede erzählte er, dass es offensichtlich sei, warum er eingeladen wurde. «Mein Name ist Alain Berset», sagte er ganz zu Beginn. «Merken Sie etwas?» «Elf Buchstaben.» Er sei das einzige Mitglied im Bundesrat, dessen Name diese magische Länge aufweise.

Etwas verwundert sei er aber schon, dass die Stadt Solothurn ihren 2000. Geburtstag so gross feiere, fuhr er fort. «Verstehen Sie mich richtig: Ich will wirklich nicht Ihr Jubiläum anzweifeln. Aber 2000 geteilt durch elf ergibt 181,818182. Das geht definitiv nicht. Wieso, habe ich mich gefragt, feiern Sie nicht den 2002. Geburtstag 2002 geteilt durch 11 gibt ein makelloses Resultat: 182. Aber nein, es mussten 2000 Jahre sein. Als ob Solothurn eine ganz normale Stadt ist.»

Die Zahl 11 zog sich danach durch die ganze Rede des Bundesrats, der elf Gründe aufzählte, «wieso das heute ein Freudenfest ist. Für Solothurn, aber auch für die ganze Schweiz.»

«You cannot be serious?!»

Teils waren diese Gründe überraschend, und scherzhaft gemeint, wie etwa Punkt Nummer 10: «Nennen Sie es déformation professionelle, aber ich muss noch einige Worte als Gesundheitsminister loswerden. Die Solothurner Torte... Sie gibt mir zu denken», scherzte Bundesrat Alain Berset in Bestform.

«Das legendäre Dessert besteht aus luftigen Biskuit und einer zartschmelzenden Haselnuss-Meringuage mit Cremefüllung», zitierte er von der offiziellen Website der Stadt Solothurn. «Luftig? Leicht? Wie sagte doch John McEnroe: ‹You cannot be serious?!› Wieso haben den 100 Gramm dieser Torte einen Brennwert von 2211 Kilojoule? Und 528 Kalorien?! Wissen Sie, wie viele Male Sie Ihre berühmte Freitreppe mit den 240 Stufen hinaufrennen müssen, um das wieder loszuwerden?»

«Me tuet hie ufenang lose, u geit nid ufenang los!»

Nun noch etwas zu den ernster gemeinten Punkten: Berset strich etwa die Brückenfunktion der Stadt Solothurn hervor und zitierte dabei den Essayist Fritz René Allemann: «Solothurn spricht deutsch, aber es fühlt sich unverkennbar romanisch.»

Er kam auf den besonderen Geist von Solothurn zu sprechen, den er persönlich in der Person von Ständerat Aschi Leuenberger kennengelernt habe. «Als ich damals in den Ständerat gewählt wurde, hat er sich freundschaftlich um mich gekümmert.» Ein Beispiel: «Ganz am Anfang – noch vor allem andern, ich glaube, es war am ersten Tag – hat er mir den Verhaltenskodex in der Chambre de Refléxion erklärt. Er hat gesagt: ‹Me tuet hie ufenang lose – u geit nid ufenang los!› Sie sehen, ich habe ein bisschen Dialekt gelernt. Früh-Solothurnerisch, sozusagen.»

Und auch eine Polit-Tradition. Me tuet hie ufenang lose – u geit nid ufenang los!, sei eine politische Grundhaltung, die die Geschichte des Kantons Solothurn durchziehe. «Verkörpert wird diese Haltung durch den berühmten Wengi, der den Ausbruch eines Religionskrieges verhindert hat. Ausgleich, Vermittlung, Mässigung Vernunft. Tugenden, die unter Druck stehen in Zeiten der Polarisierung und des Lagerdenkens.» Was die Welt brauche, ist Wengi-Geist, sagte Berset.

Susanne Schaffner im Gespräch mit Sandra Boner.
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Aufmerksame Zuhörer: Ständerat Pirmin Bischof und Bundesrat Alain Berset.
Auch Stadtpräsident Kurt Fluri wurde von Sandra Boner interviewt.
Ehrenkleidträger Hanspeter Roth auf der Bühne bei Sandra Boner.
Zahlreiches Publikum (Zertifikatspflicht) im Konzertsaal...
...und gute Stimmung bei Sternekoch Andy Zaugg.
Alain Berset: «Ich glaube, ich brauche jetzt ein Öufi-Bier.»

Susanne Schaffner im Gespräch mit Sandra Boner.

José R. Martinez

«Solothurn ist die heimliche Kulturhauptstadt der Schweiz», führte Berset in einem der elf Punkte aus.

«Jedenfalls bin ich als Kulturminister weit häufiger in Solothurn als in anderen Kantonen.»

Zu sprechen kam er auch auf das Solothurner Lied, das er eine Liebeserklärung an die Heimat nannte, die sich durch eine feine Selbstironie auszeichne. Ebenfalls hob er Willi Ritschard und Otto Stich hervor und schloss, wie könnte es anders sein, mit der Zahl 11.

«Die Zahl 11 geht mit nicht mehr aus dem Kopf. 2211 Kilojoule – das ist teilbar durch elf. Resultat: genau 201.» Nach einer weiteren solchen Rechnung schloss Alain Berset seine Rede: «Meine Damen und Herren. Ich würde gern damit aufhören, aber ich schaffe es fast nicht. Herzliche Gratulation der Stadt zum 2000. Geburtstag. Und:

«Ich glaube, ich brauche jetzt ein Öufi-Bier.»

Im dritten Anlauf hat es geklappt

«Endlich können wir so richtig feiern», sagte Sandra Boner, die durch den Jubiläumsanlass 2000 Jahre Stadt Solothurn führte. Und auch Noch-Stadtpräsident Kurt Fluri kam darauf zu sprechen, dass der Anlass schon lange passé wäre, hätte nicht der Coronavirus zwei Mal eine Verschiebung notwendig gemacht. «Alle gute Dinge sind drei», sagte Kurt Fluri. «Wenn dies jemals zugetroffen hat, dann heute Abend. Im dritten Anlauf hat es geklappt.»

Und so haben sich am Donnerstagabend, 16. September, beinahe 200 geladene Gäste im Konzertsaal versammelt, um gemeinsam auf den 2000. Geburtstag anzustossen. Doch ob die Gläser nun im richtigen Jahr klirrten, ist nicht ganz klar. Denn die Historiker gehen davon aus, dass die Geburtsstunde der Stadt Solothurn irgendwann zwischen 15 und 25 liegt. Dies schliesst man aus Scherben, die man in Solothurn gefunden hat, wie Erich Weber, der Leiter des Museums Blumenstein ausführte.

Unter den Gratulanten war auch Frau Landammann Susanne Schaffner. 2000 Jahre alt sei die Stadt Solothurn. «Sie ist eine fitte alte Dame.» Im Namen der Kantonsregierung überbrachte sie der Stadt die besten Glückwünsche und bezeichnete Solothurn als «glanzvolle Stadt». Besonders hob Schaffner, wie auch Bundesrat Alain Berset, den Wengi-Geist, «der auch auf den Kanton ab-gefärbt hat» hervor.

Etwas von weiter angereist, um zu gratulieren, waren die Vertreter der Partnerstädte der Stadt Solothurn: Harry Mergel, der Oberbürgermeister Heilbronn; Bogusław Kośmider, der Vizepräsident von Krakau und Jean-Claude Egger, Vizegemeindepräsident von Le Landeron. Übrigens: Der Oberbürgermeister von Heilbronn kann man am Samstag noch am Märet antreffen. Ihm zu begegnen lohnt sich. Er hat Stadtwein mitgebracht, den er gratis ausschenkt.

Und was gab nach dem offiziellen Teil zu reden? Der Auftritt des Theater Orchester Biel Solothurn, unter der Leitung von Franco Trinca. Die Gäste des Banketts kamen angesichts des Dargebotenen regelrecht ins Schwärmen.