Die Solothurner Filmtage sollen, wie geplant, vor Ort und mit Publikum stattfinden – sofern der Kanton oder der Bund es nicht untersagen. Die Organisatoren sprechen von einem «ideellen Entscheid». Eröffnet wird die Werkschau ausgerechnet von Gesundheitsminister Alain Berset.
In einer Woche beginnen die 57. Solothurner Filmtage. Eröffnungsfilm ist eine Dokumentation, die das «Doppelleben» der Thriller-Autorin Patricia Highsmith beleuchtet. Kein Doppelleben, aber zumindest eine politische Doppelrolle hat Bundesrat Alain Berset: Er steht sowohl dem Kultur- als auch dem Gesundheitsdepartement vor. Und: Er wird in der Reithalle die Eröffnungsrede halten, vor mehreren Hundert Zuschauern.
In ihrer Dienstagsausgabe wirft die NZZ die Frage auf, ob ein solcher Auftritt des Gesundheitsministers derzeit angebracht ist. Dem Artikel zufolge heisst es dazu im Innendepartement lediglich, die Zusage gelte nach wie vor. Dies könnte sich aber ändern, zum Beispiel wenn der Bundesrat die Regeln für Schutzmassnahmen verschärft. Veronika Roos, die administrative Leiterin der Filmtage, bestätigt auf Anfrage, dass bis am Dienstag keine Absage von Bundesrat Berset eingegangen ist.
Die Eröffnung und mit ihr die Filmtage sollen also wie geplant vor Ort und mit Publikum stattfinden. «Solange Bund oder Kanton es nicht untersagen, werden wir die Filmtage als Präsenzveranstaltung nicht absagen», sagt Roos. «Jede Person muss letzten Endes auch für sich selbst entscheiden, ob sie an der Veranstaltung teilnehmen will.» Da spiele auch eine gewisse Selbstverantwortung der Zuschauerinnen und Zuschauer mit.
Roos betont, der Entscheid, die Filmtage vor Ort durchzuführen, sei unabhängig von finanziellen Erwägungen geschehen. «Das ist ganz klar ein ideeller Entscheid.» Roos sagt, die Filmtage seien ein wichtiger Anlass für die Filmschaffenden. Und: Kultur eröffne Begegnungen und sei in gewisser Weise auch ein Gegenpol zu Gräben in der Gesellschaft. «Sie ist wichtig für das Seelenwohl, in einer Zeit, die für viele nicht leicht ist.»
Allerdings rechnet man bei den Filmtagen mit weniger Zuschauerinnen und Zuschauer als in anderen Jahren. Man wisse seit dem Beginn der Planung, dass weniger Publikum kommen könnte, sagt Roos. «Wir erwarten nicht, dass die Kinosäle voll sein werden. Wir gehen davon aus, dass es ein entspanntes Festival wird.» Von offizieller Seite gebe es keine Kapazitätsbeschränkungen. In den Kinosälen gilt 2G mit Maskenpflicht.
Im Fall einer Absage wäre die Alternative eine weitere Online-Ausgabe. Roos sagt, die Filmtage könnten innerhalb von kurzer Zeit umstellen. «Es wäre schon ein gewisser Aufwand und es gäbe sicher ein reduziertes Programm.» Sie hält aber auch fest, dass in die Umsetzung vor Ort bereits sehr viel investiert worden sei. «Wenn wir auf Online umstellen müssten, wäre nicht sicher, dass wir bereits getätigte Ausgaben einsparen können.»
Eine Online-Veranstaltung sei bei den Filmtagen als Szenario budgetiert. Laut Roos könnten die Filmtage eine einmalige Absage finanziell verkraften. «Langfristig wären weitere Absagen finanziell sicher ein grösseres Thema und wir müssten wohl Reserven anzapfen.» Klar ist: Weil die Filmtage ein Anlass mit nationaler Ausstrahlung sind, haben sie Anspruch auf staatliche Unterstützung, falls sie auf behördliche Anordnung abgesagt, verschoben oder stark reduziert werden müssen. Gemäss NZZ haben Gespräche mit dem Kanton bereits stattgefunden.