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Das Solothurner Kammerorchester gibt es seit 80 Jahren. Das feiert die Formation nun mit einem Konzert im Konzertsaal.
Wer in jungen Jahren mit Leidenschaft den Musikunterricht besucht, bedauert es später nicht selten, dass das geliebte Instrument ungespielt auf dem Estrich Staub ansetzte statt zu klingen. Tatsächlich feiert heuer eine Laienformation ihr 80-Jähriges, die es schafft, jene Jugendpassion in späteren Lebensjahren neu zu entfachen: 1936 gründete Erich Schild zusammen mit einem Kreis Interessierter das Solothurner Kammerorchester (SKO). Als Orchesterleiter fokussierte er sich alsbald auf Barock, Romantik und Wiener Klassik. Auch wurde Schild in Solothurn zum Türöffner für zeitgenössische Komponisten.
Heute umfasst das Orchester 25 bis 30 Mitglieder, zumeist bestehend aus Streichinstrumenten, was bei den meisten Laienorchestern ein natürlich gewachsener Umstand sei, wie Ulrich Lips, Präsident des SKO erklärt. Die Musiker – zwei Drittel davon Frauen – stammen grossteils aus der Region. Das SKO setzt sich zusammen aus Ärzten, Juristen, Lehrern, Professoren, Bürolisten. «Es sind oftmals Leute, die als Kind ein Instrument gelernt haben, es aus den Augen verloren haben und jetzt die Gelegenheit haben wieder einzusteigen», sagt Lips.
Für die jährlich vier Konzertprogramme und die Mitwirkung beim Bettagsgottesdienst in der Stadtkirche wird jeweils Mittwochabends geprobt. Kurz vor den Aufführungen ergänzen Berufsmusiker die Formation; es sind dies vorwiegend Bläser, die die vorhandenen Streicher ergänzen.
Die Altersstruktur setzt sich aus mehrheitlich älteren Orchestermitgliedern zusammen. «Aber erfreulicherweise stossen auch stets junge Menschen hinzu», sagt Lips. Über die Frage jugendlichen Mitgliedernachschubs wird wie vielerorts auch beim SKO nachgedacht: «Aber brennende Nachwuchsprobleme wie andere Laienorchester haben wir nicht.»
Zum runden Geburtstag feiert auch deren derzeitiger musikalischer Leiter mit: Komponist, Violinist Urs Joseph Flury leitet die Geschicke des SKO als Spiritus Rector seit 45 Jahren – überdies feiert er übermorgen seinen 75. Geburtstag. Auch er ist als Musiklehrer ein Türöffner für all jene, die die Musik nach langer «Absenz» vom Instrument wiederentdecken. Nicht zuletzt sind es viele ehemalige Violinschüler, die beim SKO späten Anschluss gefunden haben.
Flury selbst hat Kompositionen mit dem SKO aufgeführt – und sogar welche für den Klangkörper des Orchesters geschrieben. So erinnerte sich Flury vor fünf Jahren in einem Rückblick: «Meine Stellung inspirierte mich sodann zur Komposition von Orchesterwerken, die ich mit dem SKO zur Uraufführung bringen durfte.»
Zudem mutet ein Mittwochabend nicht selten «wie eine Geigenstunde» an, meinte eine Probenbesucherin. Tatsächlich hilft Flury auch bei technischen Unsicherheiten mit. Unüberwindbare Hürden für Einsteiger sieht Lips, Kinder- und Jugendfacharzt und Bratschist beim SKO, keine: «Wer sich unser Orchester anhört, weiss selbst, ob ihm oder ihr der Anspruch zu hoch wäre.»
Leute bekundeten Interesse an einer Teilnahme, weil sie wissen, dass sie das Niveau auch bewältigen können – andere hingegen melden sich nicht.
Für jüngere Interessenten werden die Hürden zuweilen weiter abgesenkt: So gibt es jüngere Mitglieder, die nicht bei allen Stücken mitspielen, sondern nur bei einem Ausschnitt eines Konzertprogramms.» Ansonsten passt Urs Joseph Flury die Werke pragmatisch, aber originalgerecht an, vor allem was die Bläserbesetzung angeht. «Er achtet durch eine umsichtige Selektion darauf, dass das Niveau der Werke die Fähigkeiten der Orchestermitglieder nicht überfordert», so Lips.
Bei einigen anderen Orchestern werden zum Teil stattdessen viele Berufsmusiker eingesetzt. «Es ist aber wenig reizvoll, wenn die eigenen Mitglieder von den Profis an den Rand des Orchestergrabens gedrängt werden.»
Stattdessen ist für Lips und seine Mitmusikanten «jedes Konzert ein Erlebnis, begleitet von grosser Aufregung. Man kleidet sich feierlich und tritt vors Publikum.» Ausflüge und Weihnachtsfeste gehören zudem ebenso ins SKO-Jahresprogramm wie Gastauftritte im Berner Oberland, in Zürich, Moutier, Lausanne und bis nach Deutschland; hinzu kommen Kollaborationen mit anderen Gruppen wie der Musikgesellschaft Harmonie Biberist, den Singknaben oder der Mamfi-Guggemusig.
Nicht zuletzt motiviert es nun eben, wenn man wieder aufleben lassen kann, was als frühe Leidenschaft begann. «Nimmt man ein Konzert zwei Jahre lang nicht in die Hände, ist es mit der Technik vorbei. Das SKO ist eine gute Gelegenheit, um beim Instrument zu bleiben», so Lips.
Jubiläumskonzert mit Schubert und Schumann: Fr, 26. August, 20 Uhr, grosser Konzertsaal. Klavier: Marlis Walter. Leitung: Urs Joseph Flury.