Walterswil
Zwei Monate lang schweigen die Glocken

Die drei Glocken der Walterswiler St. Josefskirche haben eine Revision nötig; gestern Dienstagmorgen wurden sie demontiert. Kirchgemeindepräsident Josef von Arx hofft, dass sie bis spätestens an Ostern wieder läuten.

Beat Wyttenbach
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Mitarbeiter Tobias Koch bereitet Joche und Antriebsräder für den Abtransport vor.

Mitarbeiter Tobias Koch bereitet Joche und Antriebsräder für den Abtransport vor.

Bruno Kissling

Die römisch-katholische Kirchgemeinde Walterswil hätte sich gestern Morgen kein besseres Wetter aussuchen können, um die drei Glocken der St. Josefskirche zu demontieren. Zwar herrschte klirrende Kälte, doch bei schönstem Sonnenschein konnten die Mitarbeiter der Firma Muff Kirchentechnik AG aus dem luzernischen Triengen die tags zuvor demontierten Glocken mittels eines sogenannten «Manitou-Hebekrans» nach unten hieven und in die bereitstehenden Fahrzeuge verladen. «Auch das Zubehör wie Joch, Motoren oder Antriebsräder werden wir einer Erneuerung unterziehen», so Servicetechniker Giacomo Ravasio. Was die Firma allerdings nicht selber wird machen können, ist die Reparatur der Risse sowie die Innenrundschweissung; dafür werden die Glocken an die eigens dafür spezialisierte Firma Lachenmeyer GmbH und Co. KG im deutschen Nördlingen weitergereicht. «Hierbei werden die am Schlagring der Glocke oft stark ausgeschlagenen Klöppelschlagstellen durch Aufschweissen von neuem Metall wieder auf die ursprüngliche Stärke gebracht», beschreibt die Firma das Vorgehen auf ihrer Homepage. Nach Anwendung des Verfahrens werde der frühere Klang garantiert.

Schon einmal repariert

Die drei Glocken mussten vor ihrer Elektrifizierung 1954 (siehe Kasten) gedreht werden, damit sie sich gleichmässiger abnützen. Die grosse Glocke hat ein Gewicht von rund 630 Kilogramm und ist auf den Ton G gestimmt. Sie wird Betzeitglocke genannt. Im Sommer wird sie täglich morgens um 6 Uhr, mittags um 11 Uhr und abends um 19 Uhr geläutet. Sie trägt die Inschrift: «Ich vereine die Christengemeinde von nahe und fern zum Lobe des Herrn». Die mittlere Glocke ist auf den Ton H gestimmt, hat ein Gewicht von zirka 340 Kilogramm und wird Vesperglocke genannt. Sie wird nachmittags um 16 Uhr geläutet. Ihre Inschrift lautet: «O Herr, wie lieblich ist die Wohnung deines Hauses und der Ort, da deine Ehre wohnet».

Die kleine Glocke mit einem Gewicht von rund 180 Kilogramm, gestimmt auf den Ton D, wird Totenglocke genannt. Sie wird ebenfalls nachmittags um 16 Uhr geläutet und gibt den Hinschied eines jeden Einwohners, gleich welcher Konfession er angehört, bekannt. Bei einer Frau wird das Geläute einmal unterbrochen, bei einem Mann zweimal. Sie weist keine Inschrift auf. An Beerdigungen wird mit allen drei Glocken über das Grab geläutet. Vereinzelt sind übrigens auch Spendeinschriften angebracht, so etwa aus Neuendorf, Niederbuchsiten oder aus Walterswil selbst.

«Klang der Glocken wird fehlen»

Bei der Demontage waren rund 20 Personen anwesend; viele mit Fotoapparat oder Handykamera «bewaffnet». «Der Klang der Glocken wird mir absolut fehlen», meinte Gemeindepräsidentin Marie-Louise Wilhelm-Merz; schliesslich sei die Kirche Dreh- und Angelpunkt im Dorf. «Schon ein Glockenaufzug ist ein Ereignis, aber auch ihre Demontage». Ähnlich sieht dies Toni Müller, er wohnt unten im Dorf und hört die Kirchenglocken weniger: «Ein solches Ereignis erlebt man nicht oft, deshalb bin ich hierhergekommen». Und Bernhard von Arx, der den Friedhof und seine Umgebung betreut, meint: «Es ist ein Erlebnis, das man nur einmal im Leben mitbekommt». Ein Nachbar habe ihn informiert, und er habe sich dies nicht entgehen lassen wollen.

Bleibt die Frage, wann die drei Glocken wieder an ihrem angestammten Platz sein werden. «Wir rechnen mit rund zwei Monaten Revision», meint Kirchgemeindepräsident Josef von Arx, der hofft, dass die Glocken bis spätestens Ostern wieder montiert werden können. Er schätzt die Gesamtkosten auf rund 80 000 Franken, wobei die Kirchgemeinde 60 000 Franken übernimmt, und je 10 000 Franken bezahlen die Synode sowie die kantonale Denkmalpflege. «Das Geld für die Renovation haben wir beisammen oder zugesichert», so von Arx.