Obergösgen
Amphibienschutz will erdauert sein: Sechs Jahre malochen für den Molch

In Obergösgen wird eines der grössten Amphibienlaichgebiete im Kanton wieder belebt. Die Planungen und die Umsetzung zogen sich über sechs Jahre dahin, weil zahlreiche Hindernisse aus dem Weg geräumt werden mussten.

Christian von Arx
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Zeit zum Anstossen: Jonas Lüthy und Rolf Spielmann vor dem grösseren der beiden Amphibienweiher in einem ehemaligen Arm der Aare.

Zeit zum Anstossen: Jonas Lüthy und Rolf Spielmann vor dem grösseren der beiden Amphibienweiher in einem ehemaligen Arm der Aare.

Remo Froehlicher;Remo Fröhlicher

«Das war mein schwierigstes Amphibienprojekt», sagte Jonas Lüthy, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Natur und Landschaft im kantonalen Amt für Raumplanung. Die Erleichterung, dass alles nach sechs Jahren Irrungen und Wirrungen doch noch geklappt hat, war ihm anzusehen. Zudem sei es eines der bisher grössten Amphibienprojekte des Kantons Solothurn. Nicht übertrieben also, an der kleinen Einweihung vom Mittwoch mit Bürgergemeindepräsident Rolf Spielmann und Brunnenmeister Bruno Eng von der Wasserversorgung Obergösgen-Lostorf mit einem Glas Weisswein anzustossen.

Bis 1914 floss im Obergösger Schachen ein Seitenarm der Aare, ein Giessen. Dann wurde der Oberwasserkanal des Kraftwerks Gösgen gebaut. Der Seitenarm wurde von der Aare abgeschnitten und teilweise zugeschüttet. Wo die Sohle des Giessens unter dem Grundwasserspiegel lag, blieben Feuchtgebiete erhalten. Hier gefiel es Teich- und Kammmolchen und anderen Amphibien. Ein stilles Juwel der Natur, verzeichnet und geschützt im Bundesinventar der Amphibienlaichgebiete von nationaler Bedeutung, als Objekt SO 69.

Buchstäblich vertrocknet

Schock dann nach einer Untersuchung des Schutzobjekts im Jahr 2011: Der Giessen war verlandet und verbuscht, die Molche waren verschwunden. Es war das letzte Vorkommen des stark gefährdeten Teichmolchs im Kanton. Den Kammmolch gibt es noch im Chli Aarli in Wolfwil. Der Kanton musste reagieren, er ist zum Erhalt der Amphibienbestände verpflichtet.

Übersichtsplan Die zwei Weiher in einem ehemaligen Aare-Arm sind 41 und 19 Aren gross.

Übersichtsplan Die zwei Weiher in einem ehemaligen Aare-Arm sind 41 und 19 Aren gross.

Remo Fröhlicher

Die Abteilung Natur und Landschaft lancierte ein Projekt zur Instandstellung und Aufwertung des Gebiets Alte Aare. Die Bürgergemeinde Obergösgen als Grundeigentümerin machte mit. Trotzdem hörte Projektleiter Lüthy immer wieder den Satz «das ist nicht möglich». Denn der Perimeter befindet sich in der engeren Schutzzone S 2 des Pumpwerks der Wasserversorgung Obergösgen-Lostorf. Ein hydrogeologisches Gutachten zeigte, dass die Baustelle im Abstrom des Pumpwerks liegt und das Trinkwasser nicht beeinträchtigen konnte. Eine Ausnahmebewilligung fürs Bauen in der Schutzzone war nötig, dazu die Rodungs- und die Baubewilligung.

Im Frühling 2016 wurde geholzt, im November 2016 begannen die Bauarbeiten. Nun zeigte sich, dass die Weiher einen halben Meter tiefer gegraben werden mussten, um die nötige Wasserführung zu bekommen: Unterbruch, neue Bewilligung. Am 15. März, vor dem saisonalen Anstieg des Grundwassers, war dann doch alles fertig – sechs Jahre nach dem Start.

Zurzeit trifft man rund um die zwei neuen Weiher im alten Aare-Arm erst Frosch- und Krötenarten, die hier natürlich vorkommen. Im Herbst werden hier erste Jung-Kammmolche ausgesetzt, die aus einer seit 2015 erprobten Nachzucht in Gefangenschaft von Tieren aus Wolfwil stammen. Im Winter werden die Weiher mit dem Sinken des Grundwasserspiegels austrocknen, das hält Fische fern, die natürlichen Feinde der Molche. Zwei Deiche schützen die Weiher bei Hochwasser vor dem Eindringen von Wasser aus dem Stegbach, das ebenfalls unerwünschte Fische ins Amphibienlaichgebiet bringen könnte.

Die Molche kehren heim

Die Wiederansiedlung der Molche wird mehrere Jahre dauern, bis sich die Population selbst erhalten kann. Aus Erfahrungen andernorts hat Jonas Lüthy keinen Zweifel, dass es klappen wird. Vielleicht, so seine Hoffnung, kann später gar der Teichmolch an die Alte Aare heimkehren.

Die Kosten für das Aufwertungsprojekt betragen 175 000 Franken. Sie werden vom Kanton vorgeschossen, sollen aber später von Alpiq übernommen werden. Denn es ist vorgesehen, das Projekt als ökologische Ausgleichs- und Ersatzmassnahme für die Neukonzessionierung des Wasserkraftwerks Gösgen anzurechnen.