Luterbach
Die reformierte Kirche war einst umstritten – heute wird sie geliebt

Vor 50 Jahren wurde die reformierte Kirche in Luterbach gebaut. Damals war der Bau sehr umstritten.

Helmut Zipperlen
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Die Reformierte Kirche Luterbach von aussen
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Reformierte Kirche Luterbach
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Der Bau vor 50 Jahren.
Der Bau vor 50 Jahren.

Die Reformierte Kirche Luterbach von aussen

Hanspeter Bärtschi

«Gibt es hier eine Migros?» fragten sich Luterbacher im Sommer 1965, als die Bauarbeiten an der neuen reformierten Kirche an der Solothurnerstrasse begannen. Mit diesem Baubeginn endete eine Geschichte, welche bereits Anfang der 50er-Jahre ihren Anfang nahm. Luterbach, Bestandteil der Reformierten Kirchgemeinde Wasseramt, hatte schon damals eine eigene Pfarrstelle, aber keine Kirche.

Zielstrebig verfolgten die reformierten Luterbacher das Ziel, eine eigene Kirche zu haben. Dabei hatte es Vor- und Nachteile sich innerhalb der grossen Kirchgemeinde Wasseramt zu bewegen. Gleichzeitig wollten nämlich auch die Kriegstetter eine eigene Kirche. Konkret wurde es 1960, als die Einwohnergemeinde Luterbach einem Landabtausch zustimmte. Ein Bauprogramm für die Jahre 1962 und 1963 wurde erstellt. Das ausgewählte Bauprojekt verlangte nach Anpassungen und der Bau insgesamt war umstritten.

So verging wertvolle Zeit und die Teuerung stieg in diesen Hochkonjunkturjahren an. Wurde 1960 noch mit mutmasslichen Kosten von 650 000 Franken gerechnet, präsentierte sich die Schlussabrechnung sechs Jahre später mit 1,031 Franken. Dazu kamen dann noch die Glocken und die Läutmaschinen. Am 27. März 1966 konnte die Kirche für den Pfarrkreis Luterbach-Deitingen feierlich eingeweiht werden.

Der «Solothurner Schule» verpflichtet

«Theologische Überlegungen habe ich nicht angestellt, mir ging es um die Funktionalität,» sagt Architekt Hans R. Bader heute rückblickend. Natürlich ist er schon ein bisschen stolz, dass diese Kirche zum Titelbild der Publikation «Baukultur im Kanton Solothurn 1940– 1980» des Publizisten Michael Hanak geworden ist. Wenn von der «Solothurner Schule» oder der «Jurasüdfuss-Architektur» die Rede ist, denkt man in erster Linie an die Architekten Füeg, Haller, Schlup, Barth und Zaugg. Diese waren bereits gut zehn Jahre im Geschäft, als Hans R. Bader zu wirken begann. Baders grosses Vorbild war ebenfalls Mies van der Rohe.

Jubiläumsanlässe

Samstag, 4. Juni 2016, 17 Uhr, Festgottesdienst mit grossem Pizzaessen.

Samstag, 17. September 2016, 10 bis 16 Uhr, Bunter Familientag. Unter dem Thema Regenbogen erfreuen wir uns der Farben des Lebens.

Freitag, 18. November 2016, 19 bis 2 Uhr, Kinonacht der besonderen Art. (hz)

Bereits während der Lehr- und Studienzeit hat Bader an Kirchenprojekten mitgearbeitet. Sein erstes eigenständiges Gebäude war das Fegetz-Schulhaus in Solothurn. Zwar katholisch erzogen, aber mit einer reformierten Mutter, kannte Hans R. Bader die Erfordernisse für eine reformierte Kirche. Nach seiner Auffassung sollte eine Kirche ein Raum der Stille sein. Beim Verlassen der Kirche sollte man sich nicht sogleich im Strassenverkehr befinden.

Deshalb wird die Kirche Luterbach durch eine Hüllmauer umgeben. Hinter dem Abendmahlstisch gibt die Glasfront den Blick frei nach aussen. Dort steht vor der Umhüllungsmauer das Kreuz. So wirkt die Kirche optisch grösser, als sie tatsächlich ist. «Konzeptionell ist (die Kirche) als Glaspavillon angelegt. Der eingeschossige Kirchsaal ist als rundum verglaster Raum ausgebildet. Darüber breitet sich schützend eine tischartige Betonkonstruktion aus» (Zitat Michael Hanak).

Auf die Frage, ob der Bau einer Kirche für einen Architekten etwas Besonderes darstelle, meint Hans R. Bader: «Jede Aufgabe ist eine Einmaligkeit. Man muss sich in jede Aufgabe hineindenken.» Auf den Abbildungen in den Fachbüchern wird die Innenansicht der Kirche mit Bänken gezeigt. 2009 wurden diese Bänke jedoch durch Stühle ersetzt, um die Kirche polyvalenter nutzen zu können.

Selbstverständlich seien die Bänke Teil der Architektur gewesen und die Lichtführung sei entsprechend vorgenommen worden. «Es waren sehr schöne Bänke von der Firma Zaugg in Derendingen. Aber letztlich kann der Besitzer die Möblierung nach seinem Willen verändern», stellt Bader fest.

Auch theologisch überzeugend

«Ich liebe diese Kirche über alles. Ihr Bau war zwar sehr umstritten und es gibt heute noch Leute, welche sie nicht schön finden,» sagt Rolf Weber, seit 2001 reformierter Pfarrer in Luterbach. Sie ist für ihn der Inbegriff einer reformierten Kirche. Pfarrer und Gemeinde stehen auf dem gleichen Boden. Der Chorraum ist nicht erhöht. Pfarrer Weber sitzt zu Beginn des Gottesdienstes in der ersten Reihe.

Damit bringt er liturgisch zum Ausdruck, dass er einer aus der Gemeinde ist, welcher jedoch damit beauftragt ist, die Schrift auszulegen. Gut sichtbar auf dem Abendmahlstisch eine Piscator-Bibel, ein Geschenk von Elsa Stampfli-Jakob. Diese Bibel wurde 1684 zur offiziellen Berner Staatsbibel erklärt und symbolisiert die Zugehörigkeit der Kirchgemeinde Wasseramt zum Synodalverband Bern-Jura-Solothurn. Rolf Weber findet das Kreuz vor der Umhüllungsmauer sinnvoll. Das Kreuz steht zwar ausserhalb, ist aber während des Gottesdienstes gut sichtbar.

Liturgisch lässt sich das so deuten: «Der Auferstandene wartet draussen auf die Gemeinde, damit sie ihm nachfolgt.» Im Grünstreifen zwischen Kirche und Mauer spiegeln sich die Jahreszeiten wider. Bei der von Hans R. Bader in Lostorf erbauten Kirche, welche auf einem Hügel steht, öffnet sich die Glasfront auf die Landschaft. Für Pfarrer Rolf Weber hat die Kirche Luterbach durch die Architektur etwas Tempelartiges, aber weist auch Anklänge an ein Nomadenzelt auf nach dem Bibelzitat «Wir haben keine bleibende Stätte.»