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Das Gemeinschaftswerk «Rouge Vif. » des Künstlers und seiner Tochter ist eine multimediale Installation über die Kürbispflanze. Und eine Metapher für den Zyklus des Lebens.
Das Werden und Vergehen einer Kürbispflanze – damit hat sich Oskar Fluri, 72, über ein Jahr akribisch auseinandergesetzt. Was banal klingen mag, ist nun in Zusammenarbeit mit seiner Tochter Leda Fluri, 26, und mit Georg Schmid, 72, sowie der Singschule Mädchenchor Solothurn zu einer raumfüllenden Installation geworden, die mit einer Performance am 18. November in der Rythalle in Solothurn eröffnet wird.
Im Zentrum steht die 80-teilige Serie von Oskar Fluri. Die erste Zeichnung: Ein Kürbiskern, präzis gezeichnet und realitätsgetreu mit Aquarellfarbe koloriert, in der Art einer wissenschaftlichen Illustration. Sie ist auf den 1. April 2020 datiert: «Ausserordentliche Lage». Mitten im Lockdown steht Vieles still. Nicht die Natur. Sie bricht gerade aus ihrer Winterstarre auf. Fluri hat dieses Aufbrechen und Werden einer Kürbispflanze der Sorte «Rouge Vif d’Etampes» in seinem Garten in Bolken beobachtet, festgehalten, ja geradezu erforscht.
Alle paar Tage hat er eine Zeichnung gemacht: Wie sich aus dem Kern die Wurzeln entwickeln, wie die Keimblätter folgen, die Pflanze wächst, Ranken bildet, wie die Blüten entstehen, die Früchte, wie sie der Witterung standhält – oder eben auch nicht. Und wie sie sich zersetzt. Er ist mit dem Bleistift skurril anmutenden Formen gefolgt. Mit dem Fortschritt der Entwicklung in der Natur ist auch das Papierformat gewachsen. Die Pflanzen sind im Grössenverhältnis eins zu eins abgebildet, das grösste Papierformat ist denn auch über einen Meter lang.
Die Naturstudien sind zur Ausgangslage geworden, um in einen künstlerischen Austausch zu treten. «Mich haben andere Sichtweisen interessiert, insbesondere aus anderen Generationen», so Fluri. Seine Tochter Leda, Textildesignerin und Kulturförderpreisträgerin 2019, konnte er gewinnen, mitzuwirken.
«Sie arbeitet ganz anders als ich, am Computer, was zu einer anderen Art des Gestaltens führt.»
Ausgehend von seinen Farben, von seiner Formensprache, habe sie zu kreieren begonnen, sagt Leda Fluri im Atelier ihres Vaters. Hier haben sie sich ausgetauscht und beraten. «Es ist das erste Mal, dass wir so eng zusammengearbeitet haben. Ich habe viel profitieren können», so die Tochter weiter. Für den Vater war dies «wunderbar», wie er sagt.
«Eine künstlerische Auseinandersetzung mit der eigenen Tochter so erleben zu können, ist einmalig.»
Leda Fluri hat das Thema des Lebenszyklus in eine geometrische, ungegenständliche Formensprache übersetzt. «Meine Auseinandersetzung hat in der Natur begonnen, beim Moment des Ausbrechens aus dem Beet, aus dem Gewohnten und Vertrauten, hin zu Neuem, zu neuen Formen und Mustern, zu stärkeren Farben.»
In der Ausstellung werden acht Stelen zu sehen sein, je über drei Meter hoch und mit mehreren Stoffschichten bespannt. Teils bedruckt, teils bestickt, überlagern sich die Ebenen und sollen so einen Eindruck von räumlicher Tiefe erzeugen. Es sei ihr erstes Werk in diesen räumlichen Dimensionen und sie sei gespannt auf das Ergebnis. Zwar hätten sie einen Probedruck gesehen, aber wie die Stoffe übereinander und im Ensemble mit den Werken des Vaters wirken, das sehe man erst, wenn die Installation aufgebaut ist.
Ein weiteres Element der Installation ist die Sprache. Georg Schmid, ehemaliger Leiter des Näijerehuus, hat unter dem Übertitel «Wortranken» vier Texte zum Lebenszyklus des Kürbis verfasst, wobei auch seine persönliche Geschichte mit dem Kürbis dabei nicht fehlt. Fluri und Schmid kennen sich seit über 35 Jahren aus der Theatergruppe «sine nomine», und Schmids Umgang mit Sprache sei ausschlaggebend dafür gewesen, ihn für diese Arbeit anzufragen, ist zu erfahren.
Anlässlich der Vernissage werden Schmids Texte in Dialog treten mit dem Werk «Mutter Erde und Vater Zeit» der Singschule Solothurner Mädchenchor.
«Rouge Vif. Zyklus Leben» Vernissage Do, 18.11, 18.30 Uhr. Ausstellung vom 19.–23. 11., jeweils von 10–20 Uhr.