Zwist
Oltner Firma Bouygues prüft Klage: Konkurrentin soll Daten geklaut haben

«Unlauterer Wettbewerb» oder «haltlose Vorwürfe»? Diese Frage stellt sich derzeit im Zwist zwischen zwei Firmen. Quintessenz: Eine BKW-Tochter soll der Oltner Firma Bouygues Daten geklaut haben. Dies nachdem letztes Jahr bereits das Gerücht umging, besagte Firma habe der Bouygues Mitarbeitende abgeworben.

Noëlle Karpf
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Der Oltner Sitz der Gebäudetechnikfirma Bouygues E&S InTec AG.

Der Oltner Sitz der Gebäudetechnikfirma Bouygues E&S InTec AG.

Bruno Kissling

Der Zwist geht weiter: 2019 wurde publik, dass nach Kadermitgliedern auch mehrere Mitarbeitende von der Bouygues in Olten zur neu gegründeten AEK Build Tec AG gewechselt haben. Damals ging das Gerücht um, die neugegründete Firma habe Fachkräfte von der Bouygues abgeworben.

Eine aktuelle Verfügung des Solothurner Obergerichts legt noch ganz anderes an den Tag. Es geht um schwerwiegendere Vorwürfe, um unlauteren Wettbewerb. Auch der Geschäftsleiter der AEK Build Tec AG – früher Kadermitglied bei Bouygues – soll in die Sache verwickelt sein.

Beide Firmen sind im Bereich der Gebäudetechnik tätig und bieten Dienstleistungen im ICT-Bereich an. Bei der Bouygues handelt es sich um die frühere Alpiq Intec in Olten. Diese wurde 2018 vom französischen Konzern Bouygues übernommen. Ein Jahr später wurde die AEK Build Tec AG – Tochter der BKW-Gruppe – gegründet, die auch Standorte in Olten und Zuchwil führt.

Damals hiess es, man wolle 200 Arbeitsplätze in die Region bringen. Zudem wurde bekannt, dass nebst dem Oltner Regionalleiter zehn weitere Kadermitglieder zur Konkurrenz wechselten, begleitet von «vielen Mitarbeitenden».

Passwörter geklaut und Werbematerial manipuliert

Das sagen die beiden Firmen

Unlauterer Wettbewerb Bei der BKW heisst es auf Anfrage, die Vorwürfe seien «allesamt haltlos und entbehren jeder Grundlage». Es seien keine Passwörter unberechtigt extrahiert, weitergeleitet und verwendet worden, so Mediensprecher René Lenzin. Und die Manipulation in Sachen Service-Telefonnummer sei «allein aus der zeitlichen Abfolge gar nicht möglich» gewesen. Im Rahmen des summarischen Verfahrens vor der Verfügung habe es zudem kein Beweisverfahren gegeben. Im Falle einer Klage, so Lenzin, unterliege man keinen «Beweismittelbeschränkungen mehr» und werde «vollumfänglich nachweisen», dass die Vorwürfe haltlos seien.

Die Bouygues will sich aus Rücksicht auf das Gericht nicht zu Details äussern. Zur personellen Situation sagt Mediensprecher Stephan Kurmann, man stelle fest, «dass die überwiegende Mehrheit der Angestellten der BKW-Tochter zuvor bei uns gearbeitet hat.» Zwei Drittel des Personals habe man halten, einen Grossteil der Vakanzen wieder besetzen können. Das Kader sei nun vollständig. Lücken gebe es noch auf Stufen Projektleitung und Leitung Monteure. «Derzeit fangen jeden Monat fünf bis zehn neue Mitarbeitende an.»

Jetzt wird bekannt: Es geht nicht nur um Mitarbeitende. Auch Daten und Kunden seien abgezügelt worden. Zumindest soll das der Plan gewesen sein. Das geht aus der Verfügung hervor. Die Zivilkammer des Obergerichts hält in dieser als «unbestritten» fest: Drei Mitarbeitende, die von der Bouygues zur AEK gewechselt haben, hätten «unautorisiert» über 1000 Kundenpasswörter extrahiert und weitergeleitet. Dazu wurde das Administratorenpasswort der Bouygues benötigt. Auch dieses soll einer der Mitarbeiter missbräuchlich verwendet und schliesslich «ohne Befugnis» der Bouygues abgeändert haben. Das neue Passwort hat er zudem erst nach «ausdrücklicher Aufforderung» herausgerückt.

«Glaubhaft» ist laut Obergericht: Die AEK habe «auf unrechtmässige Weise» Passwörter erlangt und sich so Zugang zu Kundendaten verschaffen können. Dies habe ihr ermöglicht, Daten für die Bouygues unzugänglich zu machen.

Laut dem Urteil ist weiter «glaubhaft», dass die AEK Werbematerial mit einer falschen Servicetelefonnummer der Bouygues in Umlauf gebracht hat. Das bedeutete: Kunden, welche die Nummer wählten, landeten nicht bei ihrem bisherigen Dienstleister, der Bouygues, sondern bei der Konkurrenz – der AEK. Bestellt hat das Werbematerial laut Urteil die frühere persönliche Assistentin von Fredy Dubach, der damals Standortleiter der Bouygues in Olten war. Heute ist Dubach Leiter der AEK Build Tec.

Bouygues hat nun vom Gericht superprovisorische Massnahmen verlangt – und grösstenteils Recht erhalten. Die AEK muss nun eine Liste mit abgeänderten Passwörtern abgeben; ebenso eine Liste mit den bisherigen Kontaktaufnahmen über die verfälschte Service-Nummer. Die Verfügung verbietet der AEK zudem, besagte Passwörter und Daten zu verwenden, weiterzuleiten oder zu bearbeiten. Dazu kommen Verfahrenskosten von 10000 Franken und eine Parteientschädigung von gut 37000 Franken.

Damit die Massnahmen nicht verfallen, musste die Bouygues bis ursprünglich am Montag Klage im ordentlichen Verfahren erheben. Nun gab es eine Fristverlängerung, während der die Bouygues ihr weitere Vorgehen «prüfen» will, heisst es.