«Auf einen Kaffee mit...»
«Noch vor 25 Jahren belächelte man uns Kräutermenschen, heute werden wir geschätzt»

Anton Löffel (48) ist Drogist und Kräuterfachmann aus Solothurn. Er weiss: Kräuter kennen und anwenden ist im Trend.

Fränzi Zwahlen-Saner
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Anton Löffel kennt sich mit Kräutern und deren Heilwirkungen aus.

Anton Löffel kennt sich mit Kräutern und deren Heilwirkungen aus.

frb

Der Frühling nimmt immer mehr Fahrt auf. Auf Wiesen und in Wäldern beginnt es zu spriessen. Einer, der sich besonders über diese Tage freut, ist Anton Löffel, eidgenössisch diplomierter Drogist und Inhaber der Kräuterhaus-Drogerie Zeller in Solothurn mit zehn Angestellten. Löffel wird wohl in den kommenden Tagen vermehrt in der Natur, im Wald unterwegs sein, um Kräuter zu suchen und deren Standorte und das Wachstum zu erkunden. «Noch vor 25 Jahren belächelte man uns Kräutermenschen. Heute ist das anders geworden. Kräuterkenner werden geschätzt», erzählt er.

Beim «Kaffee mit ...» trinkt der gesundheitsbewusste Löffel einen Rüebli-Apfel-Saft. Sein Kaffeekontingent sei für heute erschöpft meint er. Löffel erzählt von seiner Berufslaufbahn: «1984 bis 1988 absolvierte ich meine Drogisten-Lehre bei Georges Zeller. Es war eine Zeit, in der man mehr den chemisch hergestellten Medikamenten vertraute.» Nach Wanderjahren übernahm er als 29-Jähriger die Drogerie Zeller als eidgenössisch diplomierter Drogist. Bereits unter seinem Lehrmeister Zeller haben ihn natürliche Heilmittel und qualitativ hochstehende Eigenfabrikate fasziniert – bis heute.

Kräuter sind «modern»

Heute lächelt niemand mehr über kräuterkundige Menschen – im Gegenteil. Heute wird mit den Attributen «natürlich» – «Heilkräuter» – «Naturheilkunde» viel Geld verdient. Nicht, dass Löffel das stört – im Gegenteil. Als Geschäftsmann wolle er ja auch etwas verdienen, und sein Geschäft laufe gut. «Doch was mir nicht gefällt, ist der Raubbau an der Natur, der durch die immer intensiver genutzten Pflanzenvorkommen ausgeübt wird.»

Die Nachfrage nach Kräutern sei weltweit enorm gestiegen, entsprechend die Preise. Ebenso sei die Qualität der Kräuter oft nicht mehr so gut, wie das in der Schweiz verlangt werde. «Die Schweiz verfügt über einen sehr hohen Qualitätsstandard bei den Kräutern.» Momentan bekomme er beispielsweise den Salbei nicht in der gewünschten Qualität. Jasmin-Blüten seien gar nicht zu haben.

«Mittlerweile kommen unsere Produkte aus der ganzen Welt: aus dem Mittelmeerraum, Ostblock, Fernost, Mittlerer Osten, Afrika, Süd- oder Mittelamerika. Vieles wird zwar noch immer in der Natur gesucht und gepflückt; doch wo es möglich ist, gibt es Kräuter-Plantagen.»

Viel Wissen ist nur Halbwissen

Grundsätzlich wisse die Bevölkerung heute mehr über Kräuter und ihre Wirkungen als noch vor 20 Jahren, macht Löffel die Erfahrung. «Doch vieles ist Halbwissen», und meist kennen alle die gleichen Pflanzen. «Dabei ist das Thema enorm vielfältig.» Heute noch seien die Standard-Werke einer Hildegard von Bingen (1098–1179), eines Pfarrer Künzle (1857–1945) und eines Alfred Vogel (1902–1996) wegweisend für die Kräuterheilkunde in unseren Breitengraden.

Umdenken nötig

«Wer sich mit Kräutern helfen oder therapieren will, muss mehr tun, als einfach nur eine Essenz einzunehmen», ist Fachmann Löffel überzeugt, denn: «Die Anspruchshaltung vieler Menschen an eine natürliche Substanz kann die Phytotherapie oft nicht erfüllen.» Kräuter wirken, doch um das gewünschte Resultat zu erzielen, brauche es oft auch eine Verhaltensänderung.

Löffel vermisst bei vielen Leuten die Eigenverantwortung für die eigene Gesundheit. Gesund zu leben beinhalte eben auch, sich gesund zu ernähren; physisch und psychisch in der Balance zu bleiben. «Kräuter eigenen sich als Prophylaxe, können also sehr gut vorbeugend eingenommen werden», meint Löffel und macht einen Vergleich: «Ihr Auto bringen Sie auch vorsorglich in den Service. Doch unseren Körper behandeln wir erst, wenn etwas akut ist.»

Gerne gibt Anton Löffel sein Wissen weiter. In Kursen und Wanderweekends, die er auch zusammen mit seinem Berufs-Kollegen Claude Roggen durchführt, können die Grundlagen der Kräuterkunde erlernt werden. Dabei kenne er selbst noch lange nicht alle Pflanzen und deren Heilwirkungen. «Ich bin, so oft es geht, in der Natur unterwegs. Schon das alleine hat doch eine Heilwirkung».

Eine der ersten Pflanzen, die er jetzt draussen antreffen wird, ist der Bärlauch. «Ein gutes Beispiel für den steigenden Einfluss, den Kräuter heute in unserer Gesellschaft haben. Bärlauch-Suppe, Bärlauch-Wurst, Bärlauch-Brot.» Doch mahnt der Drogist: «Auch wenn diese Pflanze im Überfluss vorhanden ist: Jeder soll nur so viel pflücken, wie er auch selbst benötigt.» Und ein Weiteres gilt beim Kräutersammeln ebenso wie beim Pilzesuchen: Man nimmt nur das, was man kennt.

Soeben in Deutsch erschienen: Claude Roggen «Geheimnisse der Druiden – 50 Heilpflanzen», Edition Du Bois Carré. Fr. 49.–.