Eiszeit im Hochsommer
In der Glacefabrik ist es kälter als auf dem Mount Everest

In der Zuchwiler Glacefabrik herrschen kühle Arbeitsbedingungen trotz Hitze. Es ist aber vor allem das Eis, das extremen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist.

Fabio Vonarburg
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Mister Cool AG
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Die Maschine spuckt frisch eingepacktes Fruchteis aus. Dieses ist für das Stadtfest in Bern.
Thomas Jüni ist der Geschäftsführer der Mister Cool AG. Hier im Tiefkühllager.
Mocca-Eis wird in eine Schale abgefüllt.
Es ist kalt im Tiefkühllager.
Daniel Jüni erklärt wie die Maschinen funktionieren.
Auswahl an Produkten der Mister Cool AG in Zuchwil.

Mister Cool AG

Thomas Ulrich

Minus 28 Grad Celsius: Der Kugelschreiber schreibt nicht mehr. Die tiefe Temperatur im Tiefkühllager der Glacefabrik macht ihm zu schaffen. Hier drin ist es kälter als zur gleichen Zeit auf dem Mount Everest. Dort ist es angenehme zehn Grad wärmer. «Bei dieser Kälte ist es schwierig zu Lächeln», scherzt Daniel Jüni, Geschäftsführer der Mister Cool AG. Der Fotograf erwidert: «Und einmal doch noch geschafft, gefriert das Lächeln ein.» Derweil läuft ein Mitarbeiter der Zuchwiler Glacefabrik vorbei: eingemummelt in einen dicken Wintermantel.

21 Grad Celsius: In den Produktionsräumen spürt man nichts von der Eis-Stimmung. Hier ist die Temperatur angenehm, angenehmer als draussen, wo die Sonne herabbrennt.

Bis zu 20 000 Liter Glace stellt die Mister Cool AG in Zuchwil pro Tag her. Auf kleinem Raum: 300 Quadratmeter gross ist die Produktionsstätte, in der verteilt über das ganze Jahr rund 150 verschiedene Glaces hergestellt werden. «Alleine 15 verschiedene Vanille-Sorten», sagt der Geschäftsführer. Darunter Vanille mit Rahm, Milch oder Pflanzenfett, Bio-Vanille und auch Vanille auf veganer Basis.

40 Grad Celsius: Am heutigen Tag wird vor allem Mocca-Eis hergestellt. Dazu werden zuerst die Rohstoffe, wie Kaffee, Zucker, Milch und natürlichen Bindemittel in einen Mischer gegeben, worin die Zutaten erhitzt, sowie gerührt werden. Der Glacemix wird im Anschluss homogenisiert. Dabei werden die Fettkügelchen im Rahm und der Milch unter hohen Druck zerkleinert und es entsteht ein homogener und kremiger Glacemix.

«Bei den Rohstoffen versuchen wir, wenn immer möglich, natürliche Zutaten zu verwenden», sagt Jüni. Ein gutes Beispiel dafür sind die Fruchtstengel, die erst frisch zum Sortiment der Mister Cool AG gehören. Dieses Fruchteis in den Sorten Mango, Erdbeer, Limone und Himbeer besteht zu 60 Prozent aus Früchten.

80 Grad Celsius: Einmal vermischt, wird es für das zukünftige Eis noch heisser – die Masse wird pasteurisiert und somit haltbar gemacht. Unmittelbar danach wird sie auf Minus 4 Grad heruntergekühlt. In einem grossen, gekühlten Reifetank kann der Eismix jetzt zur Ruhe kommen. Bevor der Glacemix in den sogenannten Freezer gepumpt wird. Dessen Wände sind so kalt, dass der Eismix sofort gefriert. Beim Abschaben mit dem Messer wird er mit Luft aufgeschlagen.

Rund ein Drittel der Glace produziert das Familienunternehmen für Kunden, die ihr eigenes Eis herstellen lassen wollen. «Wir sind in der Schweiz der grösste Hersteller, der individuelle Produkte anbietet», sagt Jüni. Bei den Geschmacksrichtigungen gibt es dabei so gut wie keine Grenzen. Auch wenn sich nicht jeder Rohstoff oder Geschmack gleich gut eignet. «Wenn jemand bei uns jetzt ein Glace mit Sauerkraut-Geschmack bestellen würde, wüsste ich von Anfang an: Das wird nicht unbedingt ein Geschmack für alle.»

Minus 8 Grad Celsius: Mit dieser Temperatur wird das Speiseeis eine Becher- oder Schalenform gegossen und danach etikettiert sowie verpackt.

Dabei gibt es immer wieder spezielle Verpackungen. So hat Bern für ihr Stadtfest von Mitte August 20 000 Stangen Himbeereis bestellt – im passenden Look.

Minus 30 Grad Celsius: Kurz vor Schluss – Temperatur-Schock für das Eis. Um die richtige Festigkeit zu erhalten, wird die Glace bei dieser Temperatur gehärtet. Danach ist das Eis fertig. Bereit zum Essen.

Daniel Jüni selber degustiert täglich zwischen fünf und zehn Glaces. Aber er isst jeweils nicht zu viel. «Meine Frau hat sonst keine Freude», sagt er, lacht und streicht mit der Hand über seinen Bauch. Verleidet sind ihm die vielen Glaces noch nicht. Seit 15 Jahren verging kein Tag, an dem Daniel Jüni kein Glace ass.