Frauenstimmrecht
Sie fehlen in den Geschichtsbüchern: Der Verein Hommage 2021 trägt Porträts von 179 Frauen zusammen

Zum Jubiläum 50 Jahre Frauenstimmrecht haben Historikerinnen Frauen aus der Geschichte aus jedem Kanton porträtiert. Die Porträts sind auf dem Bundesplatz ausgestellt worden – darunter sind auch sieben Solothurnerinnen.

Sophie Deck
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Katharina Muff-Arenz projiziert auf das Bundeshaus.
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Trudi Witta-Humm (links) projiziert auf das Bankgebäude.

Katharina Muff-Arenz projiziert auf das Bundeshaus.

Edith Hiltbrunner

Die Oltner Historikerin Edith Hiltbrunner hatte 2020 eine besondere Aufgabe: Sie suchte sieben Solothurnerinnen aus, von denen Anfang 2021 zwei in einem Porträt in der Berner Altstadt vorgestellt wurden.

Das Projekt organisierte der Verein Hommage 2021 zum Jubiläum 50 Jahre Frauenstimmrecht. Neben den beiden Oltnerinnen Katharina Muff-Arenz (1868 – 1951) und Trudi Witta-Humm (1908 – 2002) konnte man auch noch 50 weitere Frauen in der Altstadt betrachten, zwei aus jedem Kanton. All diese Frauen haben sich zu ihrer Zeit für das Frauenstimmrecht eingesetzt.

Wie in Solothurn befanden sich in jedem Kanton zwischen fünf und acht Frauen in der Vorauswahl – alle ausgewählt von Historikerinnen.

Hommage 2021 wollte den Frauen, die in den Geschichtsbüchern fehlen, ein Gesicht geben, erklärt die künstlerische Leiterin Liliana Heimberg. Einerseits mit der Porträtausstellung, die von Februar bis Juni andauerte, und andererseits mit dem Kurzfilm über das Frauenstimmrecht, der letzte Woche auf die Fassade des Bundeshauses, der Schweizerischen Nationalbank und der Kantonalbank projiziert wurde.

Eine Berufsschulklasse traf die Auswahl

Die Wahl, welche zwei Frauen es jeweils auf den Bundesplatz schaffen würden, trafen jedoch nicht mehr die Historikerinnen. Dafür bestimmte Hommage 2021 in jedem Kanton eine Schulklasse, um die Jugend in das Projekt einzubeziehen.

In dieser Auswahlphase hatte Edith Hiltbrunner eine Doppelrolle: Sie fungierte nicht nur als Historikerin, sondern auch als Lehrerin der Berufsschulklasse FOEV18B der GIBS Olten, bestehend aus angehenden Fachleuten öffentlicher Verkehr.

Hiltbrunner sei froh gewesen, habe sie die definitive Entscheidung nicht selbst treffen müssen: «Ich glaube, ich hätte es nicht gekonnt. Ich fand die Leistung aller sieben Frauen beeindruckend und hätte jede wählen wollen», sagt sie.

Die Wahlbegründung der Klasse ist auf der Vereinswebsite bei den Porträts nachzulesen. Man kann dort auch die Porträts aller 179 Frauen aus der Vorauswahl anschauen und ihre Biografien lesen.

Die Auswahl der sieben Solothurnerinnen sei keine leichte Aufgabe gewesen, sagt Hiltbrunner. Zum Beispiel wusste man über eine Solothurnerin in der Vorauswahl zuvor gar nichts: Anna Maria Josepha Vogt-Schuster (1857 – 1936) aus Bettlach, die nach dem Landesstreik Briefe an den Bundesrat schrieb, weil dieser den Tod ihres Mannes nicht als Folge des militärischen Waffeneinsatzes in Grenchen anerkennen wollte.

Hiltbrunner war ein paar Jahre zuvor bei Recherchen im Bundesarchiv auf Vogt-Schuster gestossen und hatte sie in ihrer Masterarbeit erwähnt. «Als ich dann diese Auswahl traf, dachte ich: Sie muss auch dabei sein», sagt sie.

Das Projekt schlägt jetzt noch Wellen

Und der Plan des Vereins ist aufgegangen: Die vergessenen Frauen bekommen tatsächlich noch einen Platz in den Geschichtsbüchern. Hommage 2021 arbeitet mit dem Historischen Lexikon zusammen, das prüft, welche der porträtierten Frauen man in die Sammlung aufnehmen wird. Auch einige der Solothurnerinnen könnten dafür in Frage kommen, meint Hiltbrunner.

Da Hommage 2021 spezifisch für dieses Projekt gegründet wurde, ist noch nicht klar, was nun mit dem Verein passiert. Ursprünglich habe man ihn gleich nach dem Projekt auflösen wollen, sagt Produktionsleiterin Marie Theres Langenstein. Doch die Ausstellung hat Wellen geschlagen:

Am 1. August wurden die Frauenporträts beim «Frauen-Rüttli» aufs Rüttli getragen, wo Simonetta Sommaruga eine Ansprache hielt. Und der Verein bekommt jetzt noch Anfragen von Kantonen, die die Porträts auch ausstellen möchten, so zum Beispiel Thurgau und Obwalden.

Somit würde der Verein für den Moment noch weiter bestehen. Das Ziel des Vereins, die Frauen und ihren Kampf sichtbar zu machen, so meinen sowohl Langenstein als auch Hiltbrunner, sei damit aber auf jeden Fall erreicht.