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Kanton Solothurn
Senioren sind nicht automatisch schlechte Lenker. Eine Infoveranstaltung des Kantons zeigte auf, wie sie sich in Schuss halten können.
Sicherheit im Strassenverkehr im fortgeschrittenen Alter: Die Senioren, die sich im Alten Spital Solothurn versammelt haben, scheinen mehr über mögliche Bussen und versicherungstechnische Probleme besorgt zu sein, als über die eigene Sicherheit. «Darf ich denn da parkieren?», «Was mache ich, wenn ich unschuldig geblitzt werde?» oder «Wo dürfen Elektrotrottinetts überall fahren?» – dies sind Fragen, die weit häufiger auftauchen als solche zur persönlichen Sicherheit. Immer wieder hört man jemanden murmeln: «Eigentlich müssten meine Nachbarin und meine Schwiegermutter hier sein statt mir.»
Wer über 75 jährig ist und noch Autofahren möchte, muss sich alle zwei Jahre einer verkehrsmedizinischen Kontrolluntersuchung unterziehen. Chefarzt Christian Lanz vom rechtsmedizinischen Dienst des Bürgerspitals Solothurn, weist jene Anwesenden zurecht, die Anstalten machen, sich über diese Regelung zu beschweren: «Das Gesetz zur Kontrolluntersuchung ist seit 1976 in Kraft, dazumal hättet ihr das Referendum ergreifen müssen, wenn ihr nicht einverstanden seid!».
Der Vorteil des Gesetzes sei, dass alle älteren Autofahrer die Kontrolluntersuchung über sich ergehen lassen müssen, was für eine gewisse Gleichberechtigung sorge. Auf der anderen Seite verleite das Gesetz auch dazu, die persönliche Eigenverantwortung auf die Ärzte zu delegieren, hält Lanz selber kritisch fest. Er betont deshalb mehrfach, dass Eigenverantwortung und Selbstüberwachung trotz allem letztlich in den Händen der Senioren blieben, auch wenn der untersuchende Arzt bei der Evaluation mithelfe. Jeder Verkehrsteilnehmer solle deshalb selber regelmässig hinterfragen, ob er noch Autofahren will, ob er das Auto noch braucht und ob er sich noch im Stande fühlt, ein Fahrzeug zu lenken.
Wer am Verkehr teilnimmt, muss zwei grundsätzliche Kriterien erfüllen: die Fahrfähigkeit und die Fahreignung. Die Fahrfähigkeit bezeichnet den momentanen Leistungszustand einer Person und bezieht beispielsweise den Einfluss von psychoaktiven Substanzen oder grosser Müdigkeit mit ein. Die Fahreignung bezeichnet den grundsätzlichen Zustand, in der Lage zu sein, ein Fahrzeug zu lenken, also unter anderem die Fahrzeugbeherrschung und Gefahrenkenntnis. Das Bundesgericht hält in seiner Rechtsprechung fest, dass zu den Mindestanforderungen der Fahrzeugbeherrschung eine Leistungsreserve gehört, in anderen Worten die Fähigkeit, auf eine unvorhergesehene Situation angemessen zu reagieren.
Im fortgeschrittenen Alter setzt der natürliche Abbau des Nervensystems ein, die kognitive Leistungsfähigkeit und Konzentration nimmt ab, die Sehkraft und das Gesichtsfeld verkleinern sich. Faktoren wie diese reduzieren die besagte Leistungsreserve und führen dazu, dass einige Senioren eigentlich nicht mehr Autofahren sollten. Auch Nebenwirkungen von Medikamenten und Krankheiten können laut Lanz die Fahreignung substanziell verringern. So ist zum Beispiel eine langjährige Diabeteserkrankung gefährlich, da mit dem Abbau der Gehirnfunktionen das Gesichtsfeld massiv eingeschränkt werden kann. Betroffene bemerken dies oft nicht, denn das Gehirn passt sich automatisch an die Einschränkung an.
Wer weniger als 3000 Kilometer pro Jahr fährt, der habe nicht genug Routine, erklärt Lanz. Wenn man hingegen mehr fährt, ist man im gesunden Zustand generell nicht gefährlicher, als die restlichen Verkehrsteilnehmer. Die Übung sei sehr wichtig, auch geistiges Training mit Computerspielen oder Kopfrechenübungen würden helfen, die Konzentration zu erhöhen. «Es ist sehr wichtig, dass ihr den Strassenverkehr nicht meidet, sondern aktiv und sicher daran teilnehmt», rät Lanz. Um Unfälle zu vermeiden, erklärt er weiter, helfe es, das Verkehrsverhalten anzupassen, also Stosszeiten zu vermeiden und sich genug Zeit zu nehmen.
«Wir wissen eigentlich nicht, was genau das Autofahren ausmacht», gibt Lanz zu.
Manchmal fände man mit Tests nicht heraus, wie sicher jemand im Strassenverkehr noch ist. Da ist die Selbstüberwachung und Eigenverantwortung der Lenker gefragt. Lanz nennt Beispiele, in denen er Patienten für fahrtauglich erklärt habe, als sie dann aber mit dem Fahrlehrer im Auto sassen, hätte dieser es keine fünf Minuten im Fahrzeug ausgehalten, da die Personen schlicht und einfach nicht gut Autofahren konnten, obwohl sie die psychischen und physischen Fähigkeiten dazu gehabt hätten. In diesen Fällen helfe nur regelmässiges Üben.