Bettlach
Zwei junge Frauen schweissen für die Schule

Für ein spezielles Schulabschlussprojekt wagten sich zwei junge Frauen in die Männerdomäne des Metallbaus. Sie schweissten ein Kunstobjekt - und waren ganz begeistert von dieser Arbeit. Schweisserinnen wollen sie dennoch nicht werden.

Patrick Furrer
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Angela Bertini und Véronique Fessler präsentieren stolz ihre dreidimensionale Schweissarbeit, die sie als Abschlussarbeit im Atelier von Arnold Messmer (l.) in Bettlach fertigen konnten.

Angela Bertini und Véronique Fessler präsentieren stolz ihre dreidimensionale Schweissarbeit, die sie als Abschlussarbeit im Atelier von Arnold Messmer (l.) in Bettlach fertigen konnten.

Hansjörg Sahli

Mancher würde behaupten, die zwei charmanten, jungen Frauen passten nicht zwischen die Apparaturen und Metallgerüste in Arnold Messmers Werkstatt. Stimmt aber nicht. Zwischen den aufgestellten Bettlacherinnen und dem Schweissgerät hat es ganz schön gefunkt. Für das Abschlussprojekt im Werkunterricht der 3. Sekundarschulklassen durften sie bei Messmer an einer Metallskulptur schweissen, während ihre 17 «Klassengspänli» im Schulhaus Büelen an ihren Beiträgen werkelten. Sechs Gruppen wurden gebildet.

Das Ziel ist ein grosser Kubus mit 80 Zentimeter Kantenlänge; jede Gruppe gestaltet eine Seite. Bis zu den Ferien werden die sechs Seiten zusammengeführt, eine Stahlkonstruktion geschweisst, ein Sockel gegossen. Dann wird der Würfel auf dem Schulhausplatz eingeweiht.

Die begabten Mädchen

Angela und Véronique halten ihre Kubusseite in die Kamera und lächeln. Eigentlich lächeln sie fast unaufhörlich, deutlicher könnten sie ihre Freude auch mit Worten nicht zeigen. «Ich bin schon stolz», sagt Angela und nickt. Ob sie zu Beginn nicht skeptisch waren? «Nein, wir haben uns das zugetraut, und wir sind von Arnold Messmer und den Stiften gut begleitet worden.» Sagts, greift zwecks Demonstration zu Brille, Handschuhen und Schweissgerät und legt los, dass die Funken sprühen. Angela weiss, was sie da macht. Aber ging das von Beginn an so leicht? «Also, am Anfang haben wir uns schon nicht so recht getraut», sagt Véronique. Keine der beiden wollte es als Erste probieren. Ob es Spass gemacht hat? «Extrem! Nur das Schweissgerät hatte nicht immer Freude an uns und stieg immer mal wieder aus. Wir haben Hilfe gebraucht, um es jeweils wieder in Gang zu kriegen.»

Das Resultat jedenfalls – eine Art metallene Pyramide – kann sich sehen lassen. «Jetzt muss es nur noch zu Ende rosten, bis es überall schön rot ist.» Véronique hat ihr Flair fürs Handwerkliche quasi in die Wiege gelegt bekommen; ihr Vater ist Schreiner. Sie und Angela arbeiten beide gerne mit ihren Händen. Die 16-jährige Véronique Fessler macht in ihrer Freizeit Hundesport, ihr Lieblingsfach ist Biologie. Angela Bertini ist ein paar Monate jünger, Leichtathletin und fasziniert von Mathematik.

Der vorbildliche Lehrmeister

Frauen in Männerberufen – Werkstattchef Arnold Messmer findet das keineswegs wunderlich. «Immerhin wurde bei uns die erste Lehrfrau in Metallbau ausgebildet, und aktuell ist meine eigene Tochter bei mir in Ausbildung.» Die Arbeit mit den Schülerinnen hat ihm gefallen. Messmer war acht Jahre Mitglied der Schulkommission. «Es ist gut, wenn Schule und Gewerbe sich gegenseitig unterstützen. Véronique und Angela haben ihre Sache sehr gut gemacht.» Man merke eben, wenn Interesse vorhanden ist. Dennoch werde er das Projekt jetzt nicht gleich jedes Jahr wiederholen. «Dafür», sagt Arnold Messmer», hätte ich dann nächstes Jahr wieder eine Lehrstelle zu vergeben.»

Der engagierte Werklehrer

«Ich finde das Engagement Arnold Messmers vorbildlich», erklärt auch der Werklehrer, Jürg Aeschlimann. Aeschlimann, der Soziale Arbeit studiert, wollte mit der Idee die Ansätze so genannter soziokultureller Animation direkt mit dem Unterricht verbinden, denn so könnten die Selbstkompetenzen und die Selbstständigkeit von Jugendlichen gefördert werden. Er leitet das Projekt gemeinsam mit Lehrer und Schulleiter Markus Flury. «Das Interesse und Engagement ist, mit der Möglichkeit in einem Betrieb arbeiten zu können, viel höher als im Klassenverbund», so Aeschlimann.

Véronique und Angela geben zu, die Zeit ausserhalb der Schule genossen zu haben. Jürg Aeschlimann sagt, die beiden seien sichtlich motivierter durch die Arbeit in der Werkstatt. Das sei sein Ziel gewesen, und er hoffe, dass solche Zusammenarbeit in Zukunft auf breites Interesse stösst. Auch die anderen Gruppen der Werkklasse waren fleissig. Unter den Stichworten «optische Täuschung», «bunt geklebte Quartier-Szene», «Metalllogo auf Holz», «Flaschenböden in Holz» und «Blechbüchsen mit Schülerfotos» steuern sie die restlichen fünf Würfelseiten bei.

Angela Bertini und Véronique Fessler ziehen ein durchwegs positives Fazit. Dennoch: Am Schweissgerät werden die sympathischen Mädchen nicht alt werden. Sie haben sich bereits entschieden, welchen Weg sie nach den Sommerferien einschlagen werden: Véronique will ihr Hobby zum Beruf machen und Tierpflegerin werden, Angela Bäcker-Konditorin. Und beide haben bereits einen Ausbildungsplatz gefunden.