Grenchen
Zur Miete im verwunschenen Garten

Es ist eines der schönsten Miethäuser der Stadt an der Gibelstrasse 25. Wer es bewohnt, wähnt sich permanent in der Ferien. Ein Augenschein.

Daniela Deck
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Gediegenes Wohnen an der Gibelstrasse 25: Richard und Marlis Kaufmann.
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Gediegenes Wohnen an der Gibelstrasse 25: Richard und Marlis Kaufmann.

Richard und Marlis Kaufmann bewohnen mit zwei weiteren Parteien eines der schönsten Miethäuser der Stadt an der Gibelstrasse 25. Sie profitieren vom Legat, mit dem die Familie Girard ihre Villa der Bürgergemeinde vermacht hat.

Die drei Vierzimmerwohnungen sollten für Leute «bis ins hohe Alter» bewohnbar sein, verfügten die letzten Girards, zwei Brüder, die das Haus bis zu ihrem Tod in den 90er Jahren bewohnten. Gebaut worden war es 1907 vom Architekten Josef Wyss für den Uhrenschalenfabrikanten Edgar Girard. «Ich kann mir vorstellen, dass es von Anfang an drei Wohnungen gab», sagt Marlis Kaufmann, «denn die Küchen auf allen drei Stockwerken sind alt.»

Als die Bürgergemeinde das Haus 1999 umbaute, veränderte sie möglichst wenig. Die Parkett- und Plattenböden aus Grenchner Produktion wurden lediglich aufgefrischt, aber nicht neu verlegt. Lediglich die Etagen-Toiletten im Treppenhaus mussten weichen - einem Lift zur Erfüllung der Legatsbestimmungen. Für den Bau moderner Badezimmer wurden die geräumigen Wohnküchen verkleinert.

Kleine Unbequemlichkeiten in Kauf genommen

Das Bemühen, das Haus von aussen im Originalzustand zu erhalten, hatte einen kuriosen Kompromiss zur Folge. Kaufmanns können ihre Wohnung im Hochparterre im Lift erreichen, nicht aber den Estrich drei Stockwerke höher. Das nämlich hätte den Bau eines Schachtes bedingt, der aus dem Dach herausragt. Diese kleine Unbequemlichkeit nimmt das Ehepaar ebenso in Kauf wie die schlechte Isolation der Gebäudehülle und die Ringhörigkeit. Richard und Marlis Kaufmann sind überzeugt, dass die Vorzüge ihres Zuhauses solche Dinge bei weitem aufwiegen.

So geht zum Beispiel das Esszimmer in eine verglaste Laube über, die über ein paar Treppenstufen mit dem Garten verbunden ist. Bunte Glasfenster zaubern je nach Einfall des Lichts Muster auf die verschnörkelten Jugendstil-Bodenplatten. «Im Sommer leben wir draussen.» Draussen meint den Garten mit diversen Sitzplätzen im Schatten mächtiger alter Nadelbäume.

«Bei den Gartenarbeiten im Rahmen des Umbaus hat man einen 100-jährigen Sitzplatz gefunden», erzählt Richard Kaufmann und zeigt die alten Gartenplatten unter einer Eibe, die jahrelang im Boden geschlummert hatten. Als Architekt kann er die Freude und Aufregung der Fachleute über den "archäologischen" Fund gut verstehen.

Ein permanentes Feriengefühl

Er und seine Frau pflegen den Umschwung, «aus Freude», wie sie betont. Der Garten geht nahtlos in eine grosse Wiese über. «Die Ornithologen haben die Wiese gepachtet und gleich nach dem Umbau hochstämmige Obstbäume angepflanzt», sagt Richard Kaufmann. Auf diesem Areal von zirka 80 Aren muss er nicht mit dem Rasenmäher tätig werden. Die Heuernte besorgt ein Bauer. «Einmal, kurz vor dem Grasschnitt, habe ich hier ein Reh gesehen. Es ist eine Woche lang immer wieder gekommen», freut sich Marlis Kaufmann. Das Ehepaar liebt Tiere und hält zwei Katzen.

Das permanente Feriengefühl, das die alte Villa mit Garten vermittelt, bringt es mit sich, dass Kaufmanns nicht oft und nicht für lange verreisen. Eine Bindung, die anfänglich vor allem Marlis Kaufmann überrascht hat. Als sie kurz vor dem Umzug aus dem früheren Domizil an der Alpenstrasse das Haus an der Gibelstrasse zum ersten Mal sah, grauste es ihr. Überall war Staub vom Umbau, und an die mächtigen Bäume musste sie sich auch erst gewöhnen. Heute könnte sie sich keine andere Wohnung mehr vorstellen. Und der Clou: «Die Aussicht aufs Alpenpanorama ist hier, zwischen den Bäumen, besser als von der Wohnung an der Alpenstrasse aus.»