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Die Uhrenfirmen aus der Region Grenchen müssen sich mit einem Rückgang der Nachfrage auseinandersetzen. Am schlimmsten traf es Eterna.
Morgen geht die Uhren- und Schmuckmesse Baselworld zu Ende. Auf den ersten Blick sah auch diesmal alles gleich aus wie in den Vorjahren. Doch hinter den Kulissen der Hochglanz-Pavillons macht man sich schon so seine Gedanken, ob und wann es wieder bergauf geht mit den Uhrenexporten. Die Firmen sitzen auf produzierten Uhren, die sie nicht verkaufen können. Entsprechende Zurückhaltung war bei den Neulancierungen zu beobachten.
Für einen nationalen Paukenschlag sorgte im Vorfeld der Messe ausgerechnet die Grenchner Firma Eterna. Ein Winzling der Uhrenbranche eigentlich, mit knapp zwei Dutzend Angestellten. Aber ein (immer noch) klingender Name, der ins Trudeln geraten ist, weil Rechnungen im Millionenhöhe nicht bezahlt wurden.
Der chinesische Besitzer Hon Kwok Lung hat in einem Interview mit der NZZ am vergangenen Samstag bekräftigt, dass er Eterna nicht fallen lassen will. Der neue CEO Davide Traxler, der schon die zum gleichen Konzern gehörende Corum saniert, hat allerdings jetzt den Auftrag, die immensen Verluste zu minimieren.
«Die Negativ-Meldungen haben uns mit voller Wucht getroffen», sagt Martin Burkolter», COO (Chief Operating Officer) der Eterna Movement SA oder englisch EMC. Die Grenchner Firma unter demselben Dach des chinesischen Investors ist mit 39 Leuten inzwischen bedeutend grösser als die gleichnamige Uhrenmarke. Sie wurde auf dem Höhepunkte des letzten Uhrenbooms lanciert, um den Markt mit knapp gewordenen mechanischen Uhrwerken zu beliefern und so in die Bresche des Platzhirsches ETA zu springen.
Doch dann kam die China-Krise und auf dem Markt für mechanische Uhrwerke herrschten plötzlich wieder Überkapazitäten. Eine denkbar schlechte Voraussetzung für die Industrialisierung des neuen Eterna-Kalibers 39, wie Burkolter einräumt, der seit 10 Jahren bei Eterna ist und EMC operativ leitet. «Und dann kamen noch diese Schlagzeilen, welche unsere Kunden massiv verunsichert haben.»
Die Idee, die Öffnungszeiten von Garderobe, Kasse und Cafés vor den Toren der Baselworld zu staffeln, wäre eigentlich nicht schlecht. Doch dafür müsste die Verpflegung zuerst möglich sein und nicht zuletzt. Dutzende von Ausstellern und Besuchern in teuren dunklen Anzügen quetschen sich und ihre Rollkoffer auf der Suche nach Kaffee und Gipfeli in den benachbarten Avec und lamentieren in allen Sprachen über den fehlenden Komfort.
Endlich öffnen sich die Tore zum gelobten Land. Die Sommerzeit macht sich an diesem Sonntag bemerkbar: Bis kurz vor Mittag wirken die mächtigen Messehallen praktisch leer. Es ist angenehm still. So gibt es reichlich Möglichkeiten, sich zwischen den Firmenbesuchen hinzusetzen und auszuruhen. Wo, wenn nicht an der Uhrenmesse, bietet sich die Gelegenheit, die Armbanduhr, zu nachtschlafender Zeit hastig umgeschnallt, von der Winterzeit zu befreien?
Doch der Blick entlang der Tissot-Front ist wenig hilfreich. Jedes einzelne Zifferblatt zeigt den werbetechnischen Smiley zehn Uhr zehn. Es dauert wenigstens dreissig Sekunden, bis das Hirn verblüfft registriert, dass es wirklich gerade zehn nach zehn ist – und ein Teil der Uhren nicht nur den Smiley können, sondern tatsächlich die Zeit anzeigen.
Das Geld sitzt den Leuten nicht so locker in der Tasche wie auch schon. Viele strafen die feinen, aber kostspieligen Menus in den Messerestaurants mit Verachtung. Sie verpflegen sich an der Sonne draussen mit einer (ebenfalls nicht allzu günstigen) Bratwurst.
Die Ränder der Blumentröge sind sauber und laden dazu ein sich hinzusetzen. Die Beete sind dicht bepflanzt in Weiss, mit Meierisli, Tulpen und Rosen. Dazu passt die Uniform der Messehostessen, teils jungfräuliches Weiss, teils futuristische Silberpailletten.
Nach der Mittagspause wähnt man sich in einer anderen Baselwelt. Familien mit Hunden und kleinen Kindern in Jeans und Anorak schieben sich zwischen den Schönheiten mit den hochhackigen Schuhen und den Händen voller Messekataloge vorbei. Die funkelnden Auslagen der Schmuckhändler laden zum Verweilen und Träumen ein.
Auffallen ist alles, und da selbst der Glanz Limiten hat, gehen manche Aussteller den umgekehrten Weg. Rolex zieht für einmal mithilfe von Fischreliefs aus Kunstleder die Blicke auf sich. Angesichts eines Ausstellers wie Caran d’Ache und einer Reihe bescheidener Bleistifte – ohne Diamantbesatz notabene – stutzt die Betrachterin einen Moment.
Was hat ein Schreibwarenhersteller an der Baselworld verloren? Füller im klassischen Design beantworten die Frage. In Zeiten geistloser, normierter PC-Tastaturen lässt sich die Persönlichkeit kaum stilvoller ausdrücken als mit einem Füllfederhalter aus Massanfertigung. (DD)
Gänzlich Schwarzmalen will Burkolter aber nicht. Immerhin habe man letztes Jahr rund 8000 Werke an über 20 Kunden verkaufen können. Diese seien nach wie vor an einem sicheren Lieferanten interessiert. Denn niemand wisse, wie sich die Swatch Group gegenüber Drittanbietern verhalte, wenn die globale Nachfrage wieder steige und die von der Wettbewerbskommission auferlegten Lieferverpflichtungen auslaufen.
Mit dem modularen Eterna Kaliber 39 sieht sich EMC gewappnet. Verschiedene Komplikationen und Oberflächen sind für das Uhrwerk wählbar und inzwischen sind auch Rotoren in verschiedenen Farbtrends erhältlich. Die Uhrenmarke selber feiert heuer das 70-jährige Jubiläum der KonTiki-Expedition, das ihrer bekanntesten Linie den Namen gab. Dem aktuellen Trend zum Retro-Look trägt man Rechnung mit einem Gehäuse aus Bronze, das Patina ansetzt.
Hinter dem Aquarium von Breitling (in dem dieses Jahr weisse Quallen dümpeln) herrscht weniger Nervosität, auch wenn kürzlich wieder einmal über einen anstehenden Verkauf der Firma in Familienbesitz spekuliert wird. Vizepräsident Jean-Paul Girardin nimmt dazu grundsätzlich keine Stellung orientiert aber die Journalisten über aktuelle Produkte und Neuerungen.
Auch hier feiert man ein Jubiläum, nämlich 60 Jahre Taucheruhr Super Ocean mit einem Heritage Modell. Und auch hier versucht man Kosten zu sparen, bzw. sucht die industrielle Zusammenarbeit. fIm Herzen der Super Ocean Heritage II tickt erstmals ein Uhrwerk eines fremden Herstellers. Das neue B20 genannte Werk fusst auf dem Kaliber MT 5612 von Tudor (zu Rolex gehörend), während nun Tudor in einem Modell das Breitling B01 Chronografenwerk einbaut. «Es ist das erste Mal, dass Breitling eine solche Kooperation eingeht, aber sie macht im heutigen Umfeld Sinn», meint Girardin.
Ganz dem Marktumfeld angepasst lanciert Breitling auch die erste Uhr der Marke, die weniger als 2000 Franken kostet. Die letztes Jahr lancierten Gehäuse aus dem ultra-leichten Material «Breit-Light» könnten jetzt in grösseren Stückzahlen hergestellt werden, erklärt Girardin. Die resultierende Uhr der Linie Colt Skyracer bringt nur 34 Gramm auf die Waage (54 Gramm mit Bracelet). Sie kommt als Einsteigermodell mit einem Quarzwerk.
Die mechanische Innovationslust scheint dem Breitling-Team aber trotz abgekühlter Uhrenkonjunktur nicht vergangen.
Ein Breitling-Flaggschiff, den legendären Navitimer-Chronograf hat man auf dieses Jahr mit einer neuen Komplikation versehen, der Schleppzeiger/Rattrapante-Funktion. «Mit seinen zwei zentralen und übereinandergelagerten Chronografenzeigern, von denen einer für das Messen von Zwischenzeiten gestoppt werden kann und dann den im vollen Lauf befindlichen zweiten Zeiger sofort wieder einholt, zählt der Schleppzeigerchronograf zu den am schwierigsten umzusetzenden Uhrenmechanismen überhaupt», meint Girardin.
Mit einer neuen, patentierten Kupplung für das abgreifen der Zwischenzeiten mit einem O-Ring aus Gummi werde diese Funktion präziser und praktisch wartungsfrei. Die gänzlich neue Konstruktion der Schleppzeigerfunktion führe zudem zu einer Minimierung des Energieverlustes im B03 Chronografenwerk mit einer Gangreserve von 70 Stunden.
Zurück zu den Werkeherstellern: Am Stand der ETA setzt man auch dieses Jahr auf die Vermarktung der temperaturkompensierten Quarzwerke der Linie Precidrive. Sie sollen im Jahr nicht mehr als 10 Sekunden daneben gehen. Für die Swatch Group-interne Verwendung geht man allerdings schon einen Schritt weiter.
Wie Medienberichten zu entnehmen ist, hat die ETA für Longines ein exklusives Quarzwerk entwickelt, das einerseits eine Ganggenauigkeit von +/- 5 Sekunden im Jahr aufweist, was für eine analoge Uhr bemerkenswert ist.
Im Gegensatz zu anderen genauen Quarzuhren überprüft zudem eine Elektronik zusätzlich, ob die Zeiger sich synchron zur «inneren», elektronischen Uhr bewegen. Die Zeiger könnten nämlich durch Magnetfelder oder mechanische Erschütterung verstellt worden sein.
Am günstigen Ende der Produktelinien für Drittanbieter hat die ETA zudem neue Modelle der «Trendline»-Swiss made-Werke lanciert, so ein Quarzkaliber mit zweiter Zeitzone oder mit Mondphase.