Die Grenchner Metallbearbeitungsfirma Ypsotec feiert ihr 100-Jahr-Jubiläum. Das Unternehmen kann auf eine erfolgreiche Zeit zurückblicken.
Mitten im Kastels-Quartier, wie in Grenchen nicht untypisch umgeben von Wohnhäusern und dem Altersheim, befindet sich die Firma Ypsotec. Sie ist eine typische Vertreterin der Décolletage-Industrie am Jurasüdfuss. Eine erfolgreiche dazu, was die in diesem Jahr 100-jährige Geschichte der Firma beweist.
Sie begann mit der Gründung der Décolletage AG 1916. Das Unternehmen florierte, nicht zuletzt dank Exporten nach Deutschland im 2. Weltkrieg, erlebte eine industrielle Blüte in den 1950er- und 60er-Jahren und musste wie viele andere in der industriellen Krise der 70er- und 80er-Jahre restrukturieren. Ausländische Investoren hielten den Betrieb aber mit umfangreichen Investitionen am Leben.
Der Burgdorfer Medizinaltechnik-Unternehmer Willy Michel kaufte 1994 die Décolletage AG der finnischen Suunto-Gruppe ab. Als Unternehmen der Disetronic/Ypsomed Gruppe wurde die Firma seither weitergeführt und ist heute Ypsotec: Ein international tätiges und erfolgreiches Zulieferunternehmen in den Bereichen der Präzisionsindustrie und Medizintechnik mit über 160 Mitarbeitenden europaweit. Laut Jürg Aegerter, Leiter Verkauf und Marketing, arbeiten zurzeit etwa 90 Mitarbeitende in Grenchen sowie 70 bei Ypsotec Tàbor, einer Tochterfirma in Tschechien. Ein Drittel der Produkte werden im Bereich Medizinaltechnik eingesetzt, zwei Drittel generell in der Präzisionsindustrie.
Am vergangenen Wochenende hat Ypsotec zusammen mit Behördenvertretern das Firmenjubiläum an einem offiziellen Festakt gefeiert. Am Samstag waren Angehörige der Mitarbeitenden und weitere Interessierte zu einem Tag der offenen Tür eingeladen.
Dabei wurde auch die Jubiläumsbroschüre 100 Jahre Ypsotec vorgestellt, in der unter anderem die Geschichte der Firma von der Grenchner Historikerin Angela Kummer (Leiterin des Kulturhistorischen Museums) dargestellt wird.
«Die Décolletage AG war eines der ersten Unternehmen mit Sitz in Grenchen, die sich der Produktion von Drehteilen verschrieben», schreibt Kummer. Eine Vorgängerfirma war schon 1912 von Otto Friedli und Erwin Kaiser gegründet worden. 1916 konnte der Neubau an der Kastelsstrasse 45 bezogen werden, zu einer Zeit, als das Gebiet noch kaum überbaut war bzw. wo zuvor das «Tripoli» stand, die Siedlung der italienischen Arbeiter, die den Grenchenbergtunnel bauten. «Ab 1922 war die Firma eine Familiengesellschaft, bestehend aus Walter und Hermann Wälti», heisst es weiter. Die Aktien blieben laut Grenchner Jahrbuch (Jg. 1991) bis 1979 im Besitz der Familie Wälti.
Die «fetten» Nachkriegsjahre führten auch in der Décolletage AG dazu, dass die Investitionen in die Modernisierung (sprich Rationalisierung) vernachlässigt wurden. Ab den 1980er-Jahren führten Hans Roth und Kurt Grütter den Betrieb, ab 1979 wurde mithilfe der finnischen Suunto-Gruppe massiv in Gebäude und moderne Produktionsmittel investiert. 1980 wurde die neue Maschinenhalle mit unterirdischem Parkhaus in Betrieb genommen.
Die Investitionen im Umfang von 16 Millionen erlaubten die Neuausrichtung und Diversifizierung. «Die Übernahme durch Disetronic im Jahr 1994 hat uns zudem geholfen, unsere Produktion an die hohen Standards der Medizinaltechnik anzupassen», so CEO Maurice Meytre in der Festschrift. Jährlich investiere man über 2 Millionen Franken in neue Maschinen, Produktions- und Qualitätssicherungsverfahren. Aber auch in die Belegschaft wird investiert: Jeder 10. Mitarbeitende sei ein Lehrling.
Damit hat sich die Firma in einem sehr kompetitiven Markt behauptet «Ypsotec hat früh erkannt, dass nicht alles in der Schweiz gemacht werden kann», schreibt die Firmenleitung in einer Mitteilung zum Jubiläumsjahr. So habe sie bereits vor elf Jahren begonnen, einen zweiten Standort in Tschechien aufzubauen. Diese Strategie zahle sich heute aus. «Wer überleben will, muss mehr vom Gleichen in derselben Zeit tun», schreibt auch Simon Michel, CEO der börsenkotierten Ypsomed-Gruppe und damit auch oberster Chef von Ypsotec, in einem Geleitwort. «Wenn wir verhindern wollen, dass Arbeitsschritte verlagert werden, müssen wir zwingend die Prozesse weiter optimieren.» Doch auch Qualitätsbewusstsein, starkes Projektmanagement und eine «Kultur der Problemlösung» bedeuteten Mehrwert für die Kunden im In- und Ausland.
«Heute fertigen wir lasergeschweisste Baugruppen für die Automationstechnik in Millionen-Stückzahlen auf automatisierten Rundtaktautomaten», heisst es denn auch weiter in der Festschrift. Aufschlussreich ist darin auch ein Beitrag, in welchem zwei Mitarbeiter interviewt werden, die seit 1967 bzw. 1969 in der Firma arbeiten.