Die Aussenwohngruppe beim Bahnhof ist gestartet. Alle Bewohner sind inzwischen zu einer guten Gemeinschaft zusammengewachsen. Die Institution verhilft Schwerbehinderten zu einem selbstständigen Leben.
Im «Delphin», der neuen Aussenwohngruppe der Stiftung für Schwerbehinderte, haben alle Bewohner die Probezeit bestanden. Sie bilden eine stabile Wohngemeinschaft auf dem Weg zu einem weitgehend selbstständigen Leben.
«Momentan haben wir eine riesige Nachfrage nach Betreuungsplätzen, besonders aus dem Kanton Bern», sagt Patrick Marti, Gesamtleiter der Stiftung für Schwerbehinderte. Er nimmt an, dass diese Nachfrage mit der Sparpolitik in Bern zusammenhängt. Weder die Tagesstätte noch die Wohngruppen der Stiftung haben derzeit freie Kapazität – ausser für Feriengäste und Notfall-Platzierungen (wir berichteten). «Dienste wie etwa die Küche laufen am Limit. Ausgelegt wäre sie für die Produktion von 100 Mahlzeiten. Gegenwärtig gehen jeweils zwischen 160 und 180 Mahlzeiten raus», nennt Patrick Marti ein Beispiel.
Plätze für Risiko-Klienten begehrt
Bei behinderten Menschen, die schwierig zu betreuen sind, weil sie Gewalt gegen sich oder andere anwenden, ist der Leidensdruck beträchtlich, wenn der Heimplatz ungeeignet ist. «Ich hatte eine Anfrage aus einem anderen Kanton, bei der mir für die Betreuung eines solchen Risiko-Klienten gleich eine Kostengutsprache von 800 Franken pro Tag angeboten wurde. Das ist mehr als die Tagespauschale von ‹Chiron› je gekostet hat. Da ist die Verzweiflung gross», erzählt Patrick Marti. Er lehnte ab. «Wenn ‹Chiron› oder sonst ein Teil der Wohn- oder Tagesstätte wächst, dann nur in enger Zusammenarbeit mit dem Kanton und nur mit einem sauberen Konzept.»
Platz für zwei bis drei neue Räume wäre in der Wohngruppe Chiron vorhanden. Das stillgelegte Schwimmbad im Haus an der Bielstrasse lässt sich nach Aussage des Gesamtleiters nicht mehr sanieren und könnte zugunsten neuer Zimmer abgerissen werden. Was nach nur drei Jahren erneuert werden muss, sind die Bodenplatten im so-genannten Pink-Raum. Dort beruhigen sich die Bewohner nach Wutanfällen. Etliche Platten seien unter den stampfenden Füssen gebrochen.
«Chiron» senkt Kosten
Bereits vor dem verführerischen auswärtigen Angebot wurde diesen April eine zusätzliche Bewohnerin in die Wohngruppe Chiron aufgenommen. Sie bewohne das ehemalige Büro, das in den Dachstock ausquartiert wurde. Patrick Marti erklärt: «Der Kanton verlangt, dass wir bis zum Beginn des nächsten Jahres die Kosten pro Bewohner und Tag auf 600 Franken senken. Indem wir diese siebte Klientin aufgenommen haben, ohne das Personal aufzustocken, haben wir jetzt 640 Franken erreicht. Beim Start von ‹Chiron› beliefen sich diese Kosten auf 750 Franken.»
Die Integration geschah nach einer ausgedehnten Angewöhnungszeit, bei der die neue Bewohnerin aus der Geronto-Psychiatrie einen Tag pro Woche zu Besuch kam. «Früher schrie diese Frau oft stundenlang. Bei uns ist sie ein ganz anderer Mensch geworden, wie alle übrigen ‹Chiron›-Bewohner», freut sich Patrick Marti.
Gelungener Start im «Delphin»
Fortschritte stellt auch Fabienne Schluep bei ihren problemlosen und weitgehend selbstständigen Bewohnern in der Wohngruppe Delphin im ehemaligen Hotel Bahnhof fest. Die junge Betreuerin hat ihre Stelle diesen Frühling zur Eröffnung des «Delphin» angetreten, nach der Ausbildung zur «Fachfrau Gesundheit» und der Hauswirtschaftsschule im Wallierhof. «Hier geht es um das praktische Üben der Alltags- und Freizeitgestaltung. Die Bewohner sind bereits zu einer guten Gemeinschaft zusammengewachsen», sagt Fabienne Schluep und fügt hinzu: «Auch wir Betreuer finden es cool, mit der Gruppe und miteinander unterwegs zu sein.» Das hauptamtliche dreiköpfige Betreuerteam wird von vier Personen mit kleinen Teilpensen unterstützt. Sie betreuen fünf Bewohner sowie einen Feriengast. Zum Vergleich: Um die sieben «Chiron»-Bewohner kümmern sich 18 Betreuer und Betreuerinnen.