Mahlzeitendienst
«Wir wurden gar nicht gefragt»: Kritik der Spitex sorgt für rote Köpfe bei den Grenchner Wirten

Das Parktheater Grenchen beliefert keine Spitex-Patienten mehr. Die anderen Gastronomen bedauern, nicht von der Spitex angefragt worden zu sein, denn manche hätten den Mahlzeitendienst übernommen.

Oliver Menge
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Eine Mahlzeitenbox der Spitex Grenchen.

Eine Mahlzeitenbox der Spitex Grenchen.

zvg

Der Artikel von Freitag über den Entscheid des Restaurants Parktheater, Spitex-Klienten nicht mehr mit Mahlzeiten zu beliefern, zog harsche Reaktionen nach sich. Insbesondere Parktheater-Wirt Argim Asani war wütend, weil seiner Meinung nach die Dinge nicht so dargestellt wurden, wie sie tatsächlich sind.

Der Titel habe suggeriert, dass er den Service nicht mehr bieten wollte wegen Kurzarbeit. Damit hatte der Entscheid laut Asani aber nichts zu tun. Er habe den Mahlzeitendienst eingestellt, weil der Bedarf immer kleiner geworden sei. «Am Anfang waren es 10 bis 15 Mahlzeiten täglich, aber es wurden immer weniger.» Am Schluss seien nur noch etwa fünf Mahlzeiten bestellt worden, deren Lieferung einfach nicht rentiere.

Die Kurzarbeit hingegen müsse er in Anspruch nehmen, weil die Kundenfrequenzen im Restaurant stark zurückgegangen seien. Darum auch die Anpassung der Öffnungszeiten. «Ich habe Spitex-Leiterin Cristina Pitschen schon Wochen zuvor ins Parktheater gebeten, um die Sache zu besprechen und eine Lösung zu finden», sagte Asani gegenüber dieser Zeitung. Aber sie seien sich nicht einig geworden.

Laut Pitschens Aussage hatte Asani aber die Einstellung des Mahlzeitendienstes von einem Tag auf den anderen beabsichtigt und sich erst nach Gesprächen dazu bereit erklärt, ihn noch ein paar Tage länger, bis Ende Woche, aufrechtzuerhalten. Sie habe nur wenige Tage Zeit gehabt, eine Ersatzlösung zu finden, sagt Pitschen.

Grenchner Wirte waren bereit, einzuspringen

Auch John Traub, Wirt des Hotel Restaurants Airport, ärgerte sich, genauso wie Robert Laski, Wirt im «Grenchner Hof», und «Bambi»-Wirt Martin Fux. Sie alle ärgerten sich darüber, dass die Grenchner Gastronomen in ein schlechtes Licht gerückt worden seien, sie seien zum Teil sogar von Gästen persönlich angepöbelt worden. Dies, weil der Eindruck entstanden sei, keiner von ihnen «habe es nötig», diesen Mahlzeitendienst zu übernehmen.

«Wir, respektive mein Bruder Peter Traub, Inhaber der Catering-Firma ‹Fotra›, wurden von Frau Pitschen angefragt. Mein Bruder wäre bereit gewesen, die Mahlzeiten vorzubereiten. Nur für den Lieferdienst hätte man eine Lösung finden müssen und das wäre mit etwas gutem Willen auch möglich gewesen.»

Beispielsweise mit Freiwilligen die sich auf ein Inserat im Stadtanzeiger oder im GT als Fahrer melden, schlug Traub vor. Schliesslich gebe es viele Pensionierte, die noch gerne Auto fahren.

Schadet dem Image

Robert Laski, der von Gästen aus Solothurn auf das Problem angesprochen wurde, bedauert, dass er von der Spitex gar nicht angefragt worden sei. «Wir belieferten schon häufig in der Vergangenheit Leute bei sich zu Hause, ich habe über 300 Adressen in meinem Verzeichnis.» Er hätte Hand geboten, sagt Laski, beispielsweise auch etwas vorgekocht, das die Klienten dann nur noch aufwärmen müssten.

Der Grenchner Hof ist Samstagmittag und Sonntag geschlossen und könnte den 7-Tage-Service so gleichwohl gewährleisten. Diese Sache schade dem Image der Grenchner Gastronomen, die sich täglich jede erdenkliche Mühe gäben, ihre Betriebe in diesen schwierigen Zeiten am Laufen zu halten, enorm.

Eng, eine Ersatzlösung zu finden

Martin Fux vom «Bambi» war sauer, weil er nicht von Cristina Pitschen kontaktiert wurde. Auch wenn das Restaurant Bambi Samstags und Sonntags geschlossen sei, hätte er eine Lösung garantiert. Fux schreibt auf Facebook später: «In erster Linie finde ich löblich, dass die Spitex Grenchen eine Lösung für betagte und behinderte Personen vermittelt, das ist ja nicht ihre Kern-Kompetenz. Es war auch zeitlich ziemlich eng, innerhalb von zwei Tagen eine Ersatzlösung zu finden. Ich finde jedoch, dass man innerhalb von zwei Tagen die Grenchner Restaurants hätte anfragen sollen. So entsteht leider der Eindruck, dass es die Grenchner Gastronomie nicht nötig oder keine Sozialkompetenz hätte.»

Auch andere Wirte regten sich in den sozialen Medien oder am Telefon darüber auf, dass genau sie persönlich nicht angefragt worden seien und die Frau folglich lüge – von noch übleren Kommentaren in den sozialen Medien ganz zu schweigen.

Nicht alle Gastrobetriebe kamen in Frage

Darauf angesprochen, hatte die Spitex-Leiterin gegenüber dieser Zeitung gesagt, sie habe einige Restaurants angefragt, vorzugsweise solche, die an sieben Tagen die Woche geöffnet haben und den Mahlzeitendienst auch am Samstag und Sonntag gewährleisten können. «Natürlich habe ich nicht alle Grenchner Restaurants angefragt.»

Sondern solche, mit denen man unter Umständen bereits in der Vergangenheit zusammengearbeitet hatte und solche, die ein Angebot bieten, das bezahlbar ist und auch den Bedürfnissen der älteren und rekonvaleszenten Klienten entspricht. Offensichtlich hat sie also nicht jedes Restaurant, jeden Kebab-Laden, jede Pizzeria, jedes foodlab und jede Sushi-Bar – gibt es das überhaupt in Grenchen? – kontaktiert, um einen Ersatz zu finden. Es liegt auch auf der Hand, dass sie mit der Suche in der kurzen Zeit aufhörte, als sie die Zusage vom «Urs und Viktor» in Bettlach erhielt.

Dienstleistung muss in Grenchen bleiben

Was wiederum einige Grenchnerinnen und Grenchner stören dürfte. Denn schliesslich erhält die Spitex für ihre Leistungen rund 700'000 Franken pro Jahr von der Stadt Grenchen, Grenchner Steuergelder. Den Mahlzeitendienst nach Bettlach auszulagern, ist deshalb ziemlich heikel, auch wenn klar ist, dass die Mittel in erster Linie für die Pflege bestimmt sind und es sich hier um eine Vermittlung von einigen wenigen Bezügern von Mahlzeiten handelt und der eigentliche Mahlzeitendienst vom AZ am Weinberg gewährleistet wird.

Die grundsätzlichen Fragen stellen sich aber eigentlich am Ausgangspunkt des Ganzen: Das Restaurant Parktheater kocht täglich immer noch für die rodania, Stiftung für Schwerbehinderte, mehrere Dutzend Mahlzeiten. Fielen da die fünf bis fünfzehn zusätzlichen Mahlzeiten tatsächlich derart ins Gewicht, dass die Rendite nicht mehr stimmte? Oder lag’s nur am Lieferdienst?