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Die Lindenstrasse, wo sich immerhin die neue Stadtbiblothek befindet, ist keine Visitenkarte für Grenchen. Ein Gemeinderatspostulat kommt dem Stadtpräsidenten deshalb gelegen.
Die Lindenstrasse ist eine Ost-West-Achse, die parallel zur Bielstrasse mitten durch das Grenchner Schulquartier verläuft. Den Namen hat sie wohl von den Linden, die hier wachsen und in diesen Sommertagen mit dem süssen Duft ihrer Blüten betören. Unter ihrem Blätterdach hat der Tessinerverein schon viele lauschige Feste durchgeführt.
Dies ist möglich, weil der Auto-Durchgangsverkehr bei der blau-roten Marc-Reist-Plastik durch einen versenkbaren Poller aufgehalten wird. Die Lindenstrasse ist eine Sackgasse.
Jugendliche treffen sich am Abend gern auf den Stufen der alten Turnhalle (jetzt Stadtbibliothek) zu Klatsch, Tratsch und mehr. Oft sind hier auch die Auto-Poser anzutreffen, die mit ihren aufgemotzten Fahrzeugen ihresgleichen sowie eine für solcherlei Treiben empfängliche Damenwelt zu beeindrucken suchen.
Das hingegen gefällt nicht allen. Immer wieder wird die Polizei aufgeboten, um zum Rechten zu schauen. Letztes Jahr schon verlangte die CVP in einer Mitteilung, dass die Raserrennen auf der «Beschleunigungs-Teststrecke» Lindenstrasse aufhören müssten, und forderte bauliche Massnahmen. Inzwischen wurde eingangs der Strasse beim Parktheater eine Signalisation aufgestellt, die Autos nur die Zufahrt zu den Parkplätzen gestattet. Kontrollieren lässt sich das kaum.
Gemeinderat Peter Brotschi (CVP) möchte, dass jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden. Ende Juni hat er im Gemeinderat einen Vorstoss eingereicht, in welchem er die Behörden beauftragt, «ein Projekt vorzulegen, das die Aufwertung der Lindenstrasse als verbindendes Element des Schul- und Kulturzentrums zum Inhalt hat.»
«Das Schul- und Kulturzentrum entlang der Lindenstrasse ist ein Ensemble, das auf nationaler Ebene einzigartig ist», begründet Brotschi. «Auf der Ostseite beginnt es mit dem Kultur-Historischen Museum, gefolgt vom ehemaligen Lindenschulhaus und der römisch-katholischen Eusebiuskirche, deren Umgebung gerade jetzt neu gestaltet und aufgewertet wird. Die Grosszügigkeit der Schulhäuser I bis III mit ihren Schul- und Sportplätzen zeigt die Weitsicht unserer Vorfahren.»
Die alte Turnhalle ist jetzt die neue Stadtbibliothek. Auf der Südseite schliesst sich der Lindenpark an (Friedhof von ungefähr 1870 bis 1910), wo sich heute das Lindenhaus (Jugendzentrum) und ein Kindergarten befinden. Dann folgen die christkatholische Kirche St. Peter und Paul und das Parktheater. Auf der Nordwestseite wird Areal abgeschlossen durch das Schulhaus IV.
Nicht in Brotschis Aufzählung figuriert der neue Kinderspielplatz, der demnächst hier gebaut werden soll. Doch auch so ist klar, auf was der Gemeinderat hinauswill: «Die Lindenstrasse wirkt als Unterbrechung der Gesamtanlage, nicht als verbindendes Element. Zudem ist sie in einem baulich schlechten Zustand», meint Brotschi. Ausgebaut als Durchgangsstrasse, genüge die Lindenstrasse den Anforderungen für die Erschliessung eines Begegnungszentrums schon lange nicht mehr.
Stadtpräsident François Scheidegger lässt durchblicken, dass auch er auf der Lindenstrasse Handlungsbedarf ortet. «Ich finde, der Vorstoss umschreibt die Problematik zutreffend. Ich finde es auch gut, dass er als Postulat formuliert ist und uns damit verschiedene Handlungsoptionen offenlässt.»
Eine Aufwertung der Lindenstrasse findet auch Scheidegger überfällig. Der Vorplatz zur neuen Stadtbibliothek habe jedenfalls eine bessere Gestaltung verdient. Scheidegger erinnert an die Intervention der CVP, die als bauliche Massnahme eine Verschiebung des Brunnens auf dem Schulhausplatz vor den Eingang der Bibliothek vorgeschlagen habe. «Da der Brunnen ja sogar eine Skulptur mit einem Buch enthält, würde er sicher sehr gut vor die neue Bibliothek passen», meint der Stadtpräsident.
Der skulpturale Brunnen war von Bruno Zumstein und Marcel Niederhauser 1988 zum 150-jährigen Bestehen der Bezirksschule geschaffen worden. Brotschi seinerseits könnte sich auch einen «kleinen Architekturwettbewerb» vorstellen, um auf die Bedeutung des Gebäudes und der Stadtbibliothek aufmerksam zu machen.