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Nach dem Seilziehen um den Einfluss auf die SWG-Führung liess Stadtpräsident François Scheidegger eine Eignerstrategie ausarbeiten. Diese liegt jetzt vor.
Die städtische Energieversorgerin SWG ist in den letzten Jahren vermehrt zum Spielball politischer Interessen geworden. Nebst dem Dauerbeschuss durch Windparkgegner sorgte die Tätigkeit der SWG-eigenen Baufirma für Gesprächsstoff, und die (fehlende) Dialogkultur zwischen dem Verwaltungsrat und dem Gemeinderat sorgte wiederholt für Irritationen.
Dabei ist der SWG-Verwaltungsrat im wesentlichen eine politisch bestellte Kommission, die sich um das verselbständigte Gemeindeinstitut kümmern muss.
Immer wieder gab es Unklarheiten darüber, inwiefern der Gemeinderat oder die GRK in operativen Fragen der SWG eingreifen darf oder soll und wie detailliert das zu einem Grossteil am freien Markt tätige Institut der Öffentlichkeit (und damit auch der Konkurrenz) Rechenschaft schuldig ist.
Der Konflikt wurde zusätzlich befeuert, als die Stadt Werte (z. B. Erträge von Landverkäufen) zurückverlangte, die 1996 bei der Verselbständigung an die SWG gingen und seither dort in der Bilanz (bzw. in den stillen Reserven) figurierten.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Querelen stimmte im Juni 2018 der Gemeinderat einem Antrag von Stadtpräsident François Scheidegger zu - er ist auch Verwaltungsratspräsident der SWG - eine Eignerstrategie zu erarbeiten. In dieser sollten die gegenseitigen Erwartungen und Kompetenzen festgelegt werden. Die Strategie wurde von einer Arbeitsgruppe unter der Leitung von Vize-Stadtpräsident Remo Bill (SP) in Zusammenarbeit mit Wirtschaftexperten vom Büro Binder Rechtsanwälte KLG erarbeitet. Am 10. September fand zudem ein Workshop mit dem gesamten Gemeinderat statt.
Am 13. November hat nun die GRK die bereinigte Eignerstrategie verabschiedet. Sie benennt die Ziele, welche die Stadt mit der SWG verfolgen will, die Einflussnahme und Beaufsichtigung und den Informationsfluss.
«Die SWG versorgt die Stadt und Region Grenchen ausreichend, in hoher Qualität, umweltverträglich, wirtschaftlich und sicher und zu konkurrenzfähigen Bedingungen mit Strom, Gas und Wasser», heisst es ganz zu Beginn zu den Zielen der SWG.
Weitere Formulierungen stipulieren, dass die SWG «flexibel auf sich ändernde Marktbedingung reagieren» soll und «weitere Dienstleistungen im Bereich der Energie- und Wasserversorgung und- nutzung oder in angrenzenden Bereichen erbringen darf». Die Stadt Grenchen soll «angemessen» am wirtschaftlichen Erfolg der SWG partizipieren. Die Geschäftstätigkeit soll auf einen «Nachhaltigen und langfristigen Erfolg ausgerichtet» sein.
«Die SWG betreibt ihre Dienstleistungen und ihre Infrastruktur grundsätzlich in der Region Grenchen», heisst es weiter. Ausnahmen müssen der GRK zur Konsultation vorgelegt werden. Kooperationen und Minderheitsbeteiligungen an anderen Unternehmen dürfen in der ganzen Schweiz eingegangen werden.
Die SWG soll auch alternative Energiequellen (z. B. Wind, Sonne, Biogas) nutzen, sofern daraus entweder eine «akzeptable Rendite resultiert oder daran ein besonderes öffentliches Interesse besteht». Wie die Regio Energie Solothurn, die sich kürzlich an einer Installationsfirma beteiligt hat, soll auch die SWG ausserhalb ihres Kerngeschäfts tätig sein dürfen, z. B. durch Betrieb eines Elektro- oder Heizungsinstallationsgeschäftes. Diese Schritte müssen dem Gemeinderat zur Genehmigung unterbreitet werden.
Überhaupt soll der Gemeinderat bei Geschäften und Investitionen «von ausserordentlicher Bedeutung» «politischer Brisanz» oder hohen Beträgen ausserhalb des Tagesgeschäfts im vornherein konsultiert werden. Der Gemeinderat verpflichtet sich demgegenüber zur Vertraulichkeit.
Dass damit viele «vertrauliche» Traktanden an Gemeinderatssitzungen generiert werden, glaubt François Scheidegger nicht. «Es kommt ja beileibe nicht häufig vor, dass die SWG eine Firma übernimmt.» Im Zweifelsfall soll der Stadtpräsident entscheiden, ob ein solches Geschäft zur Konsultation vorliegt.
Was die Beteiligung der Stadt am SWG-Gewinn betrifft, soll «derjenige Teil des Bilanzgewinnes, den die SWG nicht zur Finanzierung künftiger Investition und/oder Amortisation von Fremdkapital benötigt, jährlich an die Stadt ausgeschüttet» werden. Zudem soll regelmässig (zumindest alle 10 Jahre) geprüft werden, ob die SWG über «nicht betriebsnotwendige Substanz» verfügt. Gegebenenfalls soll diese als «ausserordentliche Substanzausschüttung» an die Stadt abgeführt werden.
Zur Konkretisierung der Eignerstrategie soll der Gemeinderat eine Leisiungsvereinbarung mit dem SWG-Verwaltungsrat abschliessen. Darin wird beispielsweise die Höhe der jährlichen Abgeltung festgelegt. Der Verwaltungsrat informiert den Gemeinderat zudem jährlich vertraulich über die Details zum Geschäftsgang. Der Geschäftsbericht soll weiterhin von der Gemeindeversammlung genehmigt werden.
In einem nächsten Schritt sollen zudem Grundsätze zur Corporate Governance festgelegt werden, namentlich zur Rechtsform, zur Zusammensetzung des Verwaltungsrates und dessen Aufgaben. Die Eigentümerstrategie soll bei Bedarf, jedoch mindestens alle 8 Jahre, überprüft werden.