Das proppenvolle Abstimmungswochenende ist kaum vorbei, schon rüsten die Kontrahenten für die nächste Schlacht. Der Kampfjet wurde durchgezittert, und ich sinniere mal wieder über die etwas widersprüchliche Beziehung von uns Eidgenossen zu Krieg und Waffen. Denn einst waren wir die Kämpfer-Nation par excellence!
Ihr glaubt mir nicht? Nach ihren Siegen gegen riesige Heere in Morgarten und Sempach waren Eidgenossen ein begehrtes Exportprodukt und das Sahnehäubchen jeder Armee, wurden heftig umworben und bekämpften sich auch schon mal gegenseitig auf dem Schlachtfeld. Erst die Niederlage in Marignano führte zu einschränkenden Gesetzen bezüglich Söldnerdienst.
Von da an wurde es immer friedlicher in unseren Landen. Der Einmarsch Napoleons war der letzte grosse Aggressionsakt auf Schweizer Gebiet, und 1847 hatten wir den letzten, diesmal internen Krieg auf unserem Boden.
Heute ist das alles vorbei. Oder etwa nicht? Gewisse martialische Rückstände lassen sich orten. Wir haben neben den USA die grösste Pro-Kopf-Bewaffnung, haben Jäger und Schützen en masse. Und auch ich – Ehrlichkeit muss sein – habe manchmal kriegerische Anwandlungen.
Vielleicht haben die Jahre im Heeresstab, umgeben von Divisionären, Brigadiers und Obersten im Generalstab, auf mich abgefärbt; jedenfalls hat mir das Pistolenschiessen mit einer Arbeitskollegin beschämend viel Spass gemacht. Und jedes Mal, wenn ich mir die entsprechenden Folgen von «How I met your mother» ansehe, möchte ich «Lasertaggen» gehen.
Die Hauptschuld gebe ich allerdings meiner DNA. Als Napoleon Anfang März 1798 unsere Gegend heimsuchte, warf sich auch eine «Weiberkolonne» unter der Führung von Jakob Rüefli, genannt «Selzenjoggi», ausgerüstet mit Hellebarden, Spiessen und Gabeln, dem Feind entgegen. Und damit alles seine heilige Ordnung hatte, führte der Kommandant seine Schar erst in die Kirche, wo sie «mit ausgespannten Armen drei Vaterunser betete».
In diesen Kämpfen fielen neben 15 Männern auch 2 Frauen, Maria Schürer und Elisabeth Frei – zwei Grenchner Strassen tragen ihre Namen. Im Landesstreik 1918 liessen hier drei Uhrmacher ihr Leben; ihrer wird auf dem Zytplatz gedacht.
Trotz dieser heroischen Grenchner bin ich froh, dass wir gerade nicht in den Krieg ziehen. Die martialische Ader lässt sich in Grenchen höchstens in Leserbriefen oder in den Scharmützeln auf Facebook orten, und dort kosten sie Gott sei Dank keine Leben, sondern nur ein paar Nerven. Und es war schon mal schlimmer! Dennoch würde man dem einen oder anderen notorischen Kleinkrieger gern raten, sich zum Ausleben seiner aggressiven Ader eine Mitgliedschaft im Grenchner Karate- oder Ringerclub oder in einem der drei Boxclubs, zwei Judoclubs und zwei Schützenvereinen zu überlegen. Wie wär’s?