Kurse
Wie Hunde auf «Streicheleinsätze» in Heimen vorbereitet werden

Hunde und andere Tiere können dazu eingesetzt werden, Patienten zu helfen. Die Hunde müssen aber zuerst auf die «Streicheleinsätze» in Alters- und Pflegehemen vorbereitet werden. Denn Stresssituationen können böse enden.

Nadine Schmid
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Diese sechs Kursteilnehmer werden ab September mit ihren Hunden Altersheime besuchen.

Diese sechs Kursteilnehmer werden ab September mit ihren Hunden Altersheime besuchen.

Wie diverse Studien und auch die Praxis zeigen, lassen sich Hunde – aber auch andere Tiere – sehr vielfältig einsetzen, um Patienten zu helfen. Seien es Betagte, Behinderte oder sonst Menschen, die aus irgendeinem Grund pflegebedürftig geworden sind. Die Therapieform wird individuell auf den Patienten abgestimmt.

Tanja Kohli, Inhaberin der Grenchner Hundeschule «Juradog», bildet Mensch und Hund für die gemeinsamen Einsätze in Altersheimen aus. Besuche mit Hunden fördern das Wohlbefinden, ermöglichen soziale Kontakte und sind eine sinnstiftende Herausforderung für das Mensch-Hund-Team.

Ein Hund ist warm, atmet und gibt dem Patienten Sicherheit gegenüber dem eigenen Körper. Diese Therapieform eignet sich sehr für Aktivierungsprogramme. Dazu kann die Anwesenheit des Hundes urplötzliche Emotionen und Reaktionen auslösen. So beispielsweise, dass ein ans Bett gebundener Patient von selbst beginnt, den Hund zu streicheln, oder dass ein Patient zu lachen oder singen beginnt.

Hund richtig einschätzen lernen

Die sechs angehenden Hundeführerinnen und Hundeführer nehmen seit Oktober mit ihren Hunden an mehreren theoretischen und praktischen Kursen teil. Sie lernen, den eigenen Hund korrekt einzuschätzen, Bewohner und Patienten durch Krankheitsbilder und Verhaltensmuster besser zu beurteilen und richtige Schutz- und Hygienemassnahmen zu treffen.

Hundeschule: Weiter Kurse auch ohne Obligatorium

Dass das Hundeschul-Obligatorium vom Parlament abgeschafft wurde, findet Tanja Kohli schade. «Am Kurs ist zu kritisieren, dass es jeder Hundetrainer anders machte und nicht gleich viele Anforderungen stellte. Die Hundehalter können beim Kurs viel mitnehmen.»

Es hätte ein paar wenige Hundehalter gegeben, die den Sinn des Kurses zu Beginn hinterfragten, jedoch am Schluss mit positivem Feedback reagierten. Kohli wird den Kurs aber weiter anbieten.

Auch Erika Howald, Betreiberin der Hundeschule Berghof (Rüti b. Büren), behält ihn weiter im Angebot, bis Juni ist er bereits ausgebucht, es läuft auf Hochtouren. «Sowohl die Einführung als auch das Abschaffen des Kurses waren Schnellschüsse», ist ihre Empfindung. «Es war nicht gut genug durchdacht. Einerseits, weil ihn auch Lehrer mit wenig Erfahrung anbieten konnten, andererseits weil nur wenige Gemeinden genügend Kontrollen durchgeführt haben.»

So kamen diejenigen, die wollten, meist darum herum. «Unsere Gemeinde, Arch, hat es gut gemeistert, alle mussten ihn machen.» Howald ist aber überzeugt, dass es in Zukunft wieder eine Regelung geben wird. (nsg)

So beschäftigte sich ein Kurs Anfang März damit, welche Gesundheitsrisiken ein Hund birgt und wie die Übertragung von Krankheiten verhindert werden kann. «Bisse und Kratzwunden sind typische Übertragungsformen», erklärt Fabienne Fust, die bei der Praxis Phoenix in Riedholz arbeitet und den Theorieblock zur Hygiene dozierte. «Dort ist Speichel involviert, und Speichel enthält Bakterien.» Um zu verhindern, dass ein Hund einen Patienten attackiert, müsse der Halter seinen Hund gut spüren und einschätzen können.

Fust: «Lieber einmal weniger einen Einsatz machen, wenn man denkt, der Hund sei gestresst, als dann einen zu viel machen.» Leckt der Hund einen Patienten ab, so müsse desinfiziert werden. Die Krankheiten, die übertragen werden können, sind beispielsweise Salmonellen und Leptospiren, Würmer und Hautpilze, aber auch äussere Parasiten wie Flöhe, Zecken und Milben.

Deswegen müsse auf die Sauberkeit des Hundes geachtet werden. Wenn gewünscht, könne der Hund auch ans Zähneputzen gewöhnt werden. Nicht nur die Hundehalter lernen also, auch die Hunde werden angewöhnt. So auch darauf, nicht zu erschrecken, wenn sich das elektrische Bett, auf dem sie sitzen, auf und ab bewegt, oder nur auf dieses Bett zu steigen, wenn das Herrchen eine bestimmte Decke dort ausbreitet.

Grosse Motivation

Die sechs Hundehalter sind sehr motiviert und freuen sich darauf, die Patienten zu unterstützen. Es ist bereits ein Lehrgang im Einsatz, der zweite Lehrgang wird sich ab kommendem September um Betagte kümmern. Dabei arbeiten die Hundehalter unentgeltlich und sind verpflichtet, pro Jahr zehn Einsätze zu unternehmen.

In der Schweiz wird eigentlich kein Zertifikat benötigt. Kohli: «Jeder Hundehalter muss die Bedingungen individuell mit der Institution vereinbaren, bei der er oder sie tiergestützte Fördermassnahmen anbieten will, aber grundsätzlich wird eine Ausbildung gewünscht.»

Kohli selbst macht keine Einsätze mit ihrem Hund. Sie wurde aber von der Paracelsus-Stiftung angefragt, ob sie die Ausbildung durchführen möchte. Die Stiftung übernimmt einen grossen Teil der Ausbildungskosten. Bisher machen das Demenzheim Y-Psilon, der Sunnepark und die Grenchner Spitex mit, und von ihrer Seite hiess es, dass noch mehr Einsätze gewünscht werden.

Auch in den Alterszentren Grenchen werden immer wieder Kurse in Zusammenarbeit mit Hundetrainerin Martina Dietschi, Inhaberin der Hundeschule Flumadog in Bellach, durchgeführt und Hunde zu Therapiehunden ausgebildet.